Etat für 2024 steht – trotz Protesten von Landwirten und Mittelstand

Nach neun Stunden intensiver Beratungen hat der Haushaltausschuss des Bundestages gestern für die Verabschiedung des Bundeshaushaltes 2024 grünes Licht gegeben. Bundesfinanzminister Christian Lindner kann zufrieden sein. Die Bauern allerdings nicht. Die nächsten Wochen dürften deshalb weiter von Protesten geprägt sein.
Bundesfinanzminister Christian Lindner will die Schuldenbremse teilweise reformieren.
Finanzminister Christian Lindner kann zufrieden sein: Der Etat 2024 ist nun in trockenen Tüchern.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 19. Januar 2024

Neun Stunden tagte gestern der Haushaltsausschuss des Bundestages, dann stand der Bundeshaushalt für 2024. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) darf in diesem Jahr mit einer Neuverschuldung von gut 39 Milliarden Euro planen. Der Finanzminister kann nicht nur deshalb zufrieden sein: Nach jetzigem Stand kann es in diesem Jahr gelingen, das erste Mal seit 2019 wieder die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse einzuhalten. Das ist ein Sieg, den sich die FDP in der Ampelkoalition auf die Fahnen schreiben kann. Ursprünglich wollten SPD und Grüne auch in diesem Jahr die Schuldenbremse wegen einer Notlage aussetzen. Die Gesamtausgaben sind mit rund 476,8 Milliarden Euro geplant. Am 2. Februar soll der Bundestag den Haushalt verabschieden.

Trotz schwieriger Situation ein ausgewogener Haushalt

Die Ampelkoalitionäre gaben sich nach der Sitzung bei Stellungnahmen vor der Presse zufrieden mit dem Ergebnis der Verhandlungen. „Als Koalitionsfraktionen stellen wir trotz unterschiedlicher Blickwinkel vor dem Hintergrund multipler Krisen und trotz einer schwierigen Ausgangssituation dieser parlamentarischen Beratungen nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil einen ausgewogenen Haushalt auf“, sagten Dennis Rohde von der SPD, Sven-Christian Kindler von den Grünen und Otto Fricke von der FDP. Schwerpunkte des Haushaltes seien soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Anreize auch in der Steuerpolitik, Investitionen in den Klimaschutz, eine Stärkung der Demokratie und internationaler Zusammenhalt. Gleichzeitig würden Subventionen abgebaut.

Eigentlich sollte der Haushalt in diesem Jahr bereits beschlossen sein. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November rüttelte diese Pläne aber ordentlich durcheinander. Das höchste Gericht erklärte damals Teile des schon beschlossenen Haushaltes für verfassungswidrig. Plötzlich mussten im Haushalt sowie im Fonds für Investitionen in Klimaschutz und den Umbau der Wirtschaft Milliardenlöcher gestopft werden. Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP verhandelten wochenlang und legten am Ende eine Sparliste vor, die zuletzt zu heftigen Protesten von Landwirten und dem Mittelstand führte.

Trotz Protesten – Ampel rückte nicht von Plänen ab

Trotz dieser Proteste rückte die Ampelkoalition auch gestern im Haushaltsausschuss nicht von ihren Plänen ab, die Steuerentlastung bei Agrardiesel schrittweise abzuschaffen. „Die Ampelkoalition steht zu diesem Kompromiss“, sagte Grünen-Haushälter Kindler. Bauernpräsident Joachim Rukwied drohte vor der Sitzung mit neuen weitreichenden Protesten ab Montag, sollten die geplanten Subventionskürzungen nicht zurückgenommen werden. Die bisherigen Proteste seien das „Vorbeben“ gewesen, warnte er.

Nicht nur Landwirte sind von den Sparplänen im Bundeshaushalt 2024 betroffen. Auch Verbraucher müssen sich darauf einstellen, dass der Staat ihnen in diesem Jahr tiefer in die Tasche greift. Sie müssen sich auf teurere Flüge und höhere Preise beim Heizen und Tanken einstellen. Die Ticketsteuer für Passagierflüge soll ebenso steigen wie der CO₂-Preis auf Heizöl, Gas und Sprit. Das soll mehr Geld in die Staatskasse spülen und zum Stopfen der Haushaltslöcher verwendet werden.

Kürzungen auch in Rentenkasse

Auch für etwa 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner im Land hat der Haushalt keine guten Nachrichten parat. Insgesamt sollen in diesem Jahr 600 Millionen Euro weniger in die Rentenkasse fließen als ursprünglich vorgesehen. In seiner Regierungserklärung im Dezember vor dem Bundestag hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zwar angekündigt, dass die Kürzung des Bundeszuschusses an die gesetzliche Rentenversicherung keine unmittelbaren Folgen für die Rente habe, aber Skepsis dürfte bleiben.

Zwar hat die Kürzung des Bundeszuschusses tatsächlich erst einmal keine Auswirkung auf das Rentenniveau, da mit diesem Geld ausschließlich sogenannte nicht beitragsgedeckte Leistungen wie Mütterrente und Grundrentenzuschlag bezahlt werden. Auf der anderen Seite, so argumentierte zuletzt die „Deutsche Rentenversicherung (DRV)“, würde mit der Verlässlichkeit der Finanzierung das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung und den Sozialstaat als Ganzes stehen und fallen. Dies gelte umso mehr für die Belastbarkeit von Zusagen des Bundes.

Einhalten der Schuldenbremse nicht sicher

Was die Schuldenbremse in diesem Jahr betrifft, so kann sich die FDP zwar erst einmal auf die Schulter klopfen – ob sie am Ende allerdings wirklich eingehalten wird, das ist nicht ganz sicher. SPD, Grüne und FDP haben nämlich durch die Neuaufstellung des Haushaltes vereinbart: Sollte später im Jahr mehr Geld zur Unterstützung der Ukraine nötig werden – weil US-Hilfen ausfallen – könnte man zusätzliche Kredite genehmigen.

Allerdings sieht die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse nur eine begrenzte Nettokreditaufnahme vor. Im Falle von Naturkatastrophen oder anderen außergewöhnlichen Notlagen kann die Schuldenbremse ausgesetzt werden, wenn die staatliche Finanzierung erheblich beeinträchtigt wird.

Das ist seit 2020 im Zuge der Corona-Krise immer wieder vom Bundestag beschlossen worden. Im vergangenen Jahr beschloss der Bundestag noch einmal im Nachgang eine Notlage durch die gestiegenen Energiekosten im Zuge des Ukraine-Kriegs. Ohne diesen Beschluss wäre der Bundeshaushalt 2023 im Rahmen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im November nach Ansicht von Experten in Teilen verfassungswidrig gewesen, da die Zahlungen aus dem sogenannten Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds für die Gas- und Strompreisbremse nicht rechtskonform gewesen seien. Die Bundesregierung musste diese Ausgaben deshalb im Nachgang mit Kreditaufnahmen ausgleichen, die über der zulässigen Höhe der Schuldenbremse gelegen hätten. Die im Nachgang erklärte Notlage ermöglichte diese Kreditaufnahme.



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