AfD-Mann Reil startet Kältebus und kritisiert Spitzengehälter der Vorsitzenden von Hilfsorganisationen
Der AfD-Politiker Guido Reil startet ein Kältebus-Projekt.
Reil – wegen der Begleitumstände seines Übertritts von der SPD (nach 26 Jahren Mitgliedschaft) zur AfD medial bekannt – hat bereits Erfahrungen mit Busprojekten.
Der AfDler ist langjähriges Mitglied der AWO (Arbeiterwohlfahrt) und gehörte zu den Initiatoren des AWO-Seniorenbus. Er war auch als Ehrenamtlicher bei dessen Fahrerpool tätig.
Das Projekt Kältebus kündigte er im Januar, bei seiner verspäteten Neujahrsansprache, auf seinem YouTube-Kanal an:
Die Notwendigkeit eines solchen Projekts begründete Reil unter anderem damit: Viele Obdachlose würden die Übernachtungsmöglichkeiten und Angebote der alteingesessenen Organisationen zwar kennen, diese aber wegen Missständen wie Diebstahl und Gewalt nicht mehr aufsuchen.
Anfang März war alles beisammen
Anfang März war es dann so weit. Der Bus, der komplett durch Spenden finanziert wurde, war einsatzbereit. Das Projekt startet mit Verzögerung, weil Guido Reil – als treibende Kraft hinter dem Projekt – auch noch seiner normalen Tätigkeit nachgehen muss. Er ist Arbeitnehmer bei einer Zeche und Mitglied des Bundesvorstands der AfD. Wegen der Tagungen des Bundesvorstands in Berlin, musste er immer wieder Urlaub nehmen.
Nachdem er den Kältebus per YouTube vorgestellt hatte, hagelte es Kritik von den etablierten Hilfsorganisationen. Insbesondere da er sagte, dass die bestehenden Hilfen nicht ausreichten oder an den tatsächlichen Bedürfnissen der Obdachlosen vorbeigehen würden.
„Kontraproduktiv“ und „Propaganda“ waren die harmlosesten Vorwürfe
Zurückhaltend äußerte sich die Caritas laut WAZ: „Die Infrastruktur für Obdachlose ist in Essen sehr, sehr gut“, sagt der Caritas-Direktor. „Es gibt theoretisch nichts, was es nicht gibt.“
Sehr viel heftiger fiel die Kritik am Projekt von Seiten der Initiative „Essen packt an“ aus. Markus Pajonk, Chef der Initiative, sprach laut „Focus-Online“ von Verärgerung der Haupt- und Ehrenamtlich tätigen in vielen Hilfsorganisationen, deren Arbeit durch Reil „diskreditiert“ würde.
Auch würden die Obdachlosen keinen „sechsten oder siebten Schlafsack oder Kaffee auf einen sauren Magen“ brauchen, hieß es. Die ganze Sache hätte mehr mit Propaganda zu tun und die geplante Dokumentation der Arbeit wäre „Sozial-Porno“.
Auch „Essen packt an“ sei mobil und würde regelmäßig bekannte Schlafplätze Obdachloser anfahren und Hilfe anbieten, betont die Initiative.
Reil kritisiert AWO und andere Hilfsorganisationen
Zum Verständnis sei hinzugefügt: Guido Reil hat in seinem Video zur Vorstellung des Projekts auch deutliche Kritik am Finanzgebaren der AWO geäußert.
Der AfD-Politiker führte an, dass die Hilfsorganisation – die auf Spenden und Zuschüsse angewiesen ist – Vorstandsgehälter in sechsstelliger Höhe zahle. Zudem kritisierte Reil, dass die AWO zur Beschäftigung ihrer Mitarbeiter eine Leiharbeiter-Firma gegründet habe, was unter anderem niedrige Gehälter für die Beschäftigten bedeute.
Reil kennt die AWO gut, da er lange für sie im Einsatz war. Wegen seiner politischen Ansichten ruht seine Mitgliedschaft aber derzeit – der Kreisverband wollte ihn schon ausschließen, aber das Bundesschiedsgericht der AWO entschied erst einmal anders.
Gesprächsangebot vom schärfsten Kritiker
Interessanterweise ist es ausgerechnet der schärfste Kritiker von Reil, „Essen packt an“ Chef Pajonk gewesen, der dem AfDler einen ehrlichen Austausch und Einblick in die Arbeit seiner Organisation angeboten hat. (al)
Hier das Video, das den Kältebus vorstellt:
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