Erster Jahrestag von Schwarz-Rot
Zum ersten Jahrestag von Schwarz-Rot hat sich die Koalition um Handlungsfähigkeit und Harmonie bemüht – zentrale Streitpunkte blieben aber nach einem mehrstündigen Spitzentreffen ungelöst.
Im Konflikt über Regelungen zum Klimaschutz sollen die zuständigen Fachminister nun gemeinsam eine Lösung finden. „Die Bundesregierung wird ein Klimakabinett bilden, um die rechtlich verbindliche Umsetzung der Klimaschutzziele für das Jahr 2030 vorzubereiten“, heißt es in einem am Donnerstagabend verbreiteten Ergebnispapier des Koalitionsausschusses.
Zum Klimaschutz heißt es darin: „Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, werden wir in diesem Jahr die gesetzlichen Regelungen verabschieden.“ Im Klimakabinett sollen nach dpa-Informationen mindestens die Minister für Umwelt, Verkehr, Wirtschaft, Bauen, Landwirtschaft und Finanzen sitzen. Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) soll in den kommenden Tagen über die genaue Zusammensetzung verhandeln.
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte einen Entwurf für ein Klimaschutzgesetz vorgelegt, der Ziele für das Einsparen von Treibhausgasen für einzelne Bereiche wie Verkehr oder Gebäude gesetzlich festschreibt. Wie diese Ziele erreicht werden, will Schulze den zuständigen Fachministern überlassen. Bei der Union stieß der Plan auf viel Widerstand.
AKK: Milliardenausgaben im Sozialbereich „war heute Abend kein Thema“
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte nach dem Ende der gut dreistündigen Beratungen, man habe sich passend zum Jahrestag bei einer ganzen Reihe von Themen über das weitere Vorgehen verständigt. Die Atmosphäre bei dem Treffen sei gut gewesen. Auf die Frage, ob die Union die Sozialdemokraten von den umstrittenen Milliardenausgaben im Sozialbereich habe abbringen können, antwortete die CDU-Vorsitzende: „Das war heute Abend kein Thema.“ Um schwarz-rote Gemeinsamkeit zu zeigen, veröffentlichte die Regierung sogar ein Gruppenfoto der Teilnehmer auf einer Treppe im Bundestag.
CSU-Chef Markus Söder sagte vor dem Hintergrund des geplanten Ausstiegs aus der Kohleverstromung und der Atomenergie, entscheidend für die Energieversorgung sei, dass man nicht nur aus Energieformen aussteigen könne. „Wir brauchen ja auch Ergebnisse, wie leistungsfähige Energie der Zukunft stattfinden soll.“ Der Berliner CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, man habe eine sehr breite Palette an Themen abgearbeitet. Es sei der ursprüngliche Sinn der Koalitionsausschüsse gewesen, als Format zwischen Parteien und Fraktionen einen Vielzahl von Themen abzuarbeiten.
SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles sieht in den Vereinbarungen zum Klimaschutz und zur Mobilität zentrale Weichenstellungen. „Insgesamt fand das Treffen im guten Klima statt – auch beim Thema Klima“, sagte sie der dpa.
Die Themen im Einzelnen:
VERKEHR: Die Autoindustrie ist mitten in einem grundlegenden Wandel hin zu alternativen Antrieben. Die Elektromobilität kommt aber nicht in Schwung, dazu belastet die Dieselkrise das Image der Branche. Die große Koalition plant nun eine „Konzertierte Aktion Mobilität“. Man wolle regelmäßige Gespräche, „um zügig die politischen Handlungsnotwendigkeiten zu identifizieren und in einer nachhaltigen Strategie umzusetzen.“
Dabei geht es auch um Klimaschutz im Verkehr. Eine von der Regierung eingesetzte Kommission soll am 29. März einen ersten Zwischenbericht vorlegen. Der Verkehrssektor muss liefern, denn die klimaschädlichen Treibhausgasemissionen in dem Sektor sind in den vergangenen Jahren nicht gesunken.
HAUSHALT: Am kommenden Mittwoch werde die Bundesregierung Eckwerte zum Haushalt 2020 beschließen, kündigte die Spitzenrunde an. Die „fetten Jahre“ sind angesichts der eingetrübten Konjunktur vorbei, der Kampf um die Verteilung der Mittel ist in vollem Gang. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) stößt mit seinen Haushaltsplänen auf massive Bedenken bei der Koalition. Es hakt vor allem bei den Themen Grundrente und Verteidigung. Die Union will Prioritäten bei Infrastruktur, Investitionen und Innovationen setzen, die SPD will mehr Sozialleistungen über Steuern finanzieren.
GRUNDSTEUER: Bayern blockiert eine Reform der Grundsteuer und will einen grundsätzlichen Neuanfang bei den Verhandlungen. Ministerpräsident Söder will eine Arbeitsgruppe der Koalition. „Auf Länderebene scheint das Problem nicht lösbar“, sagte der CSU-Chef der dpa vor dem Treffen der Koalitionsspitzen. Söder brachte die Möglichkeit von länderspezifischen Regelungen ins Spiel.
Das Bundesverfassungsgericht hatte wegen völlig veralteter Bemessungsgrundlagen eine Neuregelung der für die Kommunen sehr wichtigen Steuer bis Ende 2019 verlangt. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) war von Länderkollegen beauftragt worden, auf der Grundlage eines sogenannten wertabhängigen Modells einen Gesetzentwurf für eine Reform auszuarbeiten. Bayern aber will ein Flächenmodell, bei dem sich die Steuerhöhe pauschal an der Fläche orientiert – und dem Modell von Scholz nicht zustimmen. Die CSU wird für eine Reform gebraucht, weil auch der Bundestag zustimmen muss.
VERTEIDIGUNG: Ob in der Koalitionsrunde über den Haushalt von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gesprochen wurde, blieb unklar. Von der Leyen muss sich auf eine deutlich geringere Erhöhung des Wehretats einstellen als gefordert. Scholz plant dafür nach Informationen aus Koalitionskreisen für 2020 insgesamt 44,7 Milliarden statt der geforderten 47,2 Milliarden Euro ein. 2019 umfasste von der Leyens Budget 43,2 Milliarden. (dpa)
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