Erneut Streit um Heizungsgesetz: Bauministerin fordert Kurswechsel – Grüne kontern
Vor zwei Wochen endete die Ampelkoalition im Bund durch die Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz, FDP-Bundesfinanzminister Christian Lindner zu entlassen. Seither regieren SPD und Grüne zusammen mit dem nunmehr parteilosen Bundesverkehrsminister Volker Wissing – und keiner eigenen Mehrheit mehr.
Bundesbauministerin Klara Geywitz, einst gemeinsame SPD-Vorsitzkandidatin mit Scholz, hat den „Tag der Wohnungswirtschaft“ für eine kritische Bilanz genutzt. Ihre Kritik richtete sich jedoch nicht primär gegen Lindner und die FDP, sondern gegen Ministerkollegen Robert Habeck – und dessen sogenanntes Heizungsgesetz.
Geywitz: „Gesamtziele zu definieren ist wirksamer als Details zu regeln“
In ihrem Redebeitrag vor 500 Gästen erklärte sie, die Novelle zum Gebäudeenergiegesetz sei „zu komplex“. Die nächste Regierung – der die SPD als Teil einer Großen Koalition angehören könnte – solle dieses grundlegend ändern. Das Heizungsgesetz, als welches das Gebäudeenergiegesetz landläufig bezeichnet wird, müsse eine deutliche Vereinfachung erfahren. Die Vielzahl an Detailvorschriften erachtet Geywitz als kontraproduktiv.
Es sei illusorisch, erläuterte die Ministerin, zu denken, der Staat könne im Detail regeln, wie in einem Gebäude CO₂ einzusparen sei. Geywitz möchte sich lieber darauf beschränken, Gesamtziele bezüglich der Einsparung zu definieren. So könne der künftige Gesetzgeber jeweils für die Bauphase und für den Betrieb CO₂-Budgets vorgeben.
Wie diese konkret eingehalten werden sollen, müsse jedoch den Beteiligten selbst überlassen bleiben. Anders als Kanzler Scholz machte die Ministerin nicht FDP-Chef Lindner für das Nichterreichen von Ampel-Zielen verantwortlich. Zu Ihren Erfahrungen bezüglich der Zusammenarbeit in der Koalition befragt, äußerte sie:
„Mit dem Finanzministerium lief es eigentlich gut.“
Geywitz: Mit Lindner weniger Probleme als mit dem Habeck-Ministerium
Geywitz attestierte Lindner, dieser habe vereinbarungsgemäß und ohne große Einwände alle Mittel zur Verfügung gestellt, die ihr Ministerium zur Umsetzung bedeutsamer Programme benötigt hätte. Dazu gehörten solche für die KfW-Förderungen. Diese beziehen sich vor allem auf klimafreundliche Neubauten, Wohneigentum für Familien und den sozialen Wohnungsbau.
Ohne den ebenfalls auf der Veranstaltung anwesenden Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck explizit beim Namen zu nennen, machte die Ministerin diesen indirekt für das Verfehlen ihres Wohnungsbauziels verantwortlich. Geywitz hatte zu Beginn der Legislaturperiode angekündigt, pro Jahr 400.000 neue Wohnungen in Deutschland entstehen zu lassen.
Tatsächlich blieben die Zahlen weit hinter diesem Wert zurück. Einen Anteil daran hatte die ungünstige politische und wirtschaftliche Großwetterlage mit hoher Inflation, Zinswende und der Explosion von Baustoffpreisen.
Allerdings hatte auch die Ungewissheit über weitere staatliche Feinsteuerungen wie das Heizungsgesetz die Flaute in der Baubranche begünstigt. Viele potenzielle Bauherren legten Vorhaben auf Eis, weil sie unsicher waren, ob nicht schon in Kürze weitere oder anderslautende Detailvorschriften in Kraft treten würden.
Abstriche am Ziel von 400.000 Wohnungen als falsches Signal
Geywitz äußerte entsprechend Unmut über die „Energieeffizienz-Fokussierung“ des Bundeswirtschaftsministeriums. Diese sei der Bezahlbarkeit des Bauens nicht immer zuträglich gewesen. Generell habe die Ministerin es als unglücklich empfunden, die Zuständigkeiten für Neubau und Sanierung zwei unterschiedlichen Ministerien zuzuordnen.
Diese würden in ein Ministerium gehören. Die SPD-Politikerin möchte auch, dass Mittel aus der CO₂-Abgabe bei der Erfüllung von Zielvorgaben dem Sektor auch wieder zugutekommen:
„Wenn im Gebäudebereich CO₂ gespart wird, sollte das auch dem Gebäudebereich wieder zufließen.“
Geywitz bezeichnete es jedoch auch als richtig, die Zielvorgabe von 400.000 neuen Wohnungen während der gesamten Legislaturperiode nicht nach unten korrigiert zu haben. Es wäre das falsche Signal gewesen angesichts der Wohnungsknappheit in zahlreichen Städten. Dass auch Vorhaben wie die Novellierung des Baugesetzbuches und die Strategie für die Mobilisierung leer stehender Wohnungen am Ampel-Aus scheitern dürften, sei zudem bedauerlich.
Geywitz verhinderte EU-weite Sanierungspflicht für einzelne Gebäude
Die Bundesbauministerin verteidigte die Effizienzanforderungen des Neubaustandards 55, die derzeit für Deutschland verbindlich sind. Allerdings machte sie auch deutlich, dass es richtig gewesen sei, auf EU-Ebene strengere Vorgaben für einzelne Gebäude verhindert zu haben.
Es wird, nachdem Geywitz eine breite Koalition von Mitgliedstaaten hinter sich versammelt hatte, keine Sanierungspflicht geben, die sich auf einzelne Bestandsgebäude bezieht.
Statt auf Details bezogener Effizienzanforderungen wird der Lebenszyklus eines Gebäudes dessen Klimabilanz zugrunde gelegt. Dieser reicht vom Bau über den Betrieb bis zum möglichen Abriss. Geywitz wandte sich dagegen, den Neubaustandard 55 zu verschärfen, was noch weitgehendere Verpflichtungen zur Wärmedämmung erforderlich gemacht hätte.
Die Grünen reagierten mit Kritik auf die Aussagen der Ministerin. Deren stellvertretende Fraktionsvorsitzende Julia Verlinden warf der SPD vor, in drei Jahren Koalition in der Wohnungspolitik nichts erreicht zu haben. Dies zeige sich bereits an der ausgebliebenen Mietpreisbremse.
Auch sei das Heizungsgesetz zu so kompliziert, weil es Ausnahmebestimmungen enthalte, die SPD und FDP hineinreklamiert hätten. Dazu gehöre etwa das Heizen mit Wasserstoff, das bis dato nicht spruchreif sei.
Bisher nur 17 Anträge auf Förderung klimafreundlichen Niedrigpreis-Neubaus
Geywitz räumte vor den Branchenvertretern ein, dass die von ihrem Ministerium initiierten Neubau-Förderprogramme bislang nur auf wenig Resonanz stießen. Das Programm „Wohneigentum für Familien“ habe erst seit Anhebung der Einkommensgrenze für die Förderung mehr Anträge zu verzeichnen.
Erst 17 Anträge bundesweit gebe es für das seit Oktober bestehende Projekt „Klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreissegment“. Beobachter sprechen auch dabei von zu hohen Effizienzanforderungen bei zu geringen Zinsvergünstigungen.
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