Erdogans Stellverteter wirft Deutschland „Demokratiedefizit“ vor
Der stellvertretende Vorsitzende der türkischen Regierungspartei AKP, Hayati Yazici, hat die Bundesregierung in scharfem Tonfall dafür kritisiert, dass sie Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland verhindert.
Er glaube, „dass unsere deutschen Freunde in Sachen Demokratie ein Defizit haben“, sagte Yazici der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Der Parteifreund von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan forderte, das Recht der 1,5 Millionen wahlberechtigten Türken in Deutschland zu gewährleisten, sich über die Präsidenten- und die Parlamentswahl in der Türkei am 24. Juni zu informieren.
Staaten hätten dafür zu sorgen, dass die Bürger von ihrem aktiven und passiven Wahlrecht Gebrauch machen können, so Yazici in der FAZ. „Die Kandidaten für die Präsidentschaft und für das Parlament sollen kommen und sich den Wählern in Deutschland erklären.“
Sicherheitsbedenken bezeichnete der AKP-Politiker als „Ausrede“.
Berlin kritisiert die Vorwürfe
In Berlin stießen die Äußerungen auf Kritik. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU), sagte der FAZ, es gebe kein Recht ausländischer Parteien, Politiker und Präsidenten auf Wahlkampf in Deutschland. Zudem, sagte er, würde der Wahlkampf der AKP in Deutschland „Unfrieden stiften“.
Mit dem Vorwurf Yazicis, Deutschland habe in Sachen Demokratie ein Defizit, „können wir souverän umgehen“, sagte Röttgen.
Angesichts des Ausnahmezustands, der eingeschränkten Pressefreiheit und der Inhaftierung von Journalisten und Oppositionellen in der Türkei sei diese Art des Auftretens allerdings „schwer erträglich“.
Auch der Grünen-Politiker Cem Özdemir kritisierte, dass in der Türkei selbst „von einem fairen Wahlkampf überhaupt keine Rede sein kann“. Solange dies so sei, „kann sich das Erdogan-Regime dieses Schmierentheater sparen“, sagte Özdemir der FAZ.
Auslöser der türkischen Kritik ist eine Note des Auswärtigen Amts vom 30. Juni 2017. Darin heißt es, dass Auftritte ausländischer Amtsträger bei Veranstaltungen in Deutschland, die sich an Wahlberechtigte des auswärtigen Staats richten, der Genehmigung der Bundesregierung bedürfen. Innerhalb von drei Monaten vor Wahlen würden solche Genehmigungen „grundsätzlich nicht erteilt“. (dts)
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