Erdogan wirft Merkel „Unterstützung von Terroristen“ vor – Seibert: Anschuldigungen sind „erkennbar abwegig“
Stimmungsmache gegen Deutschland, tiefe diplomatische Krise mit den Niederlanden: Die Türkei heizt den Streit mit ihren europäischen Nato-Partnern weiter an. Den Konflikt mit Berlin befeuerte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Montag mit einer neuen Attacke gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Erdogan warf Merkel „Unterstützung von Terroristen“ vor. Mit Den Haag setzte das Kabinett in Ankara sämtliche hochrangigen Kontakte aus.
„Frau Merkel, Sie unterstützen Terroristen“, sagte Erdogan am Montag in einem Interview mit dem Fernsehsender A-Haber. „Warum verstecken Sie Terroristen in Ihrem Land? (…) Warum tun Sie nichts?“ Erdogan warf den deutschen Behörden vor, auf Informationen der Türkei zu 4500 „Terrorverdächtigen“ nicht zu reagieren.
Die Bundesregierung wies die jüngsten Anschuldigungen des türkischen Präsidenten umgehend und sehr deutlich zurück: „Die Vorwürfe sind erkennbar abwegig“, erklärte Merkels Sprecher Steffen Seibert. „Die Bundeskanzlerin hat nicht die Absicht, sich am Wettlauf der Provokationen zu beteiligen.“
Erdogan hatte die deutschen Behörden bereits Anfang März beschuldigt, den „Terrorismus“ in der Türkei zu unterstützen. Damals äußerte er sich im Zusammenhang mit dem Streit zwischen Berlin und Ankara um die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel. Erdogan warf Yücel Spionage für Deutschland vor und bezeichnete ihn als „Repräsentanten“ der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.
Der Streit um Yücel sowie die Absage von Wahlkampfauftritten türkischer Politiker in Deutschland belasten derzeit das deutsch-türkische Verhältnis schwer. Für Unmut sorgten in Ankara am Montag auch Merkels demonstrative Unterstützung für die niederländische Regierung, die sich mit der Türkei ebenfalls einen diplomatischen Schlagabtausch liefert.
Die niederländischen Behörden hatten am Wochenende türkische Minister von Wahlkampfauftritten abgehalten. Präsident Erdogan warf den Niederlanden wie auch zuvor den deutschen Behörden Nazi-Methoden vor. Merkel sagte dazu am Montag in München, die NS-Vergleiche führten „völlig in die Irre“.
„Gerade mit Blick auf die Niederlande, die so gelitten haben unter dem Nationalsozialismus, ist das völlig inakzeptabel“, sagte die Kanzlerin. Deshalb hätten die Niederlande ihre „volle Unterstützung und Solidarität“.
Derzeit schickt Erdogan seine Minister zu Wahlkampfauftritten in EU-Staaten; sie sollen bei dort lebenden Türken für das Verfassungsreferendum am 16. April werben, mit dem Erdogan seine Machtbefugnisse deutlich ausweiten will.
Im Streit mit den Niederlanden legte die türkische Regierung am Montagabend mit scharfen diplomatischen Strafmaßnahmen nach. Alle geplanten Begegnungen „auf Ministerebene und höher“ würden ausgesetzt, „bis die Niederlande für das, was sie getan haben, Wiedergutmachung leisten“, sagte Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmus nach einer Kabinettssitzung.
Die Ministerrunde beschloss laut Kurtulmus zudem, den niederländischen Botschafter nicht mehr einreisen lassen. Botschafter Kees Cornelis van Rij dürfe seinen Posten in der Türkei erst wieder antreten, „wenn die Bedingungen, die wir gestellt haben, erfüllt sind“, sagte Kurtulmus. Der niederländische Botschafter befindet sich derzeit nicht in der Türkei. Die Botschaft wird momentan von einem Geschäftsträger geführt.
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und Erweiterungskommissar Johannes Hahn warnten die türkische Führung davor, Öl ins Feuer zu gießen. In einer gemeinsamen Erklärung forderten sie die Türkei auf, „auf überzogene Erklärungen und Handlungen zu verzichten, welche die Lage weiter zu verschärfen drohen“.
Auch die US-Regierung forderten die Nato-Partner Ankara und Den Haag zur Mäßigung auf. „Wir rufen sie einfach auf, eine Eskalation zu vermeiden und sich darum zu bemühen, die Situation zu klären“, sagte ein ranghoher Vertreter des US-Außenamts.
Das Auswärtige Amt rief deutsche Reisende am Montag auf, sich von politischen Veranstaltungen und größeren Menschenansammlungen in der Türkei fernzuhalten. Es müsse mit Protesten gerechnet werden, „die sich auch gegen Deutschland richten können“. (afp)
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