Entsetzen in der Politik nach Sturm auf die Treppe vom Reichstagsgebäude

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Die Bereitschaftspolizei beobachtet Demonstranten vorm Berliner Reichstagsgebäude.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times30. August 2020

Das Stürmen auf die Treppe des Berliner Reichstagsgebäude am Samstagabend am Rande der Proteste gegen die Corona-Politik der Regierung hat für Entsetzen in der Politik gesorgt. „Reichsflaggen und rechtsextreme Pöbeleien vor dem Deutschen Bundestag sind ein unerträglicher Angriff auf das Herz unserer Demokratie“, erklärte am Sonntag Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. „Das werden wir niemals hinnehmen.“ Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) forderte eine harte Antwort des Staates. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) sah sich angesichts des ursprünglich angestrebten Verbots der Corona-Proteste bestätigt.

Am Samstagabend hatten mehrere hundert teils dem rechtsextremen Milieu zuzuordnende Demonstranten die Treppe des Reichstagsgebäudes gestürmt. Steinmeier erklärte, wer sich über die Corona-Maßnahmen ärgere oder ihre Notwendigkeit anzweifele, könne das tun, auch öffentlich und in Demonstrationen. „Mein Verständnis endet da, wo Demonstranten sich vor den Karren von Demokratiefeinden und politischen Hetzern spannen lassen.“ Steinmeier dankte den Polizisten in Berlin, die in schwieriger Lage „äußerst besonnen“ gehandelt hätten.

Bundesjustizministerin Lambrecht sagte den Funke-Zeitungen: „Gegen diese Feinde unserer Demokratie müssen wir uns mit aller Konsequenz zur Wehr setzen.“ Der demokratische Rechtsstaat garantiere das Recht seiner Bürger, friedlich zu demonstrieren. „Wer aber den Bundestag attackiert und Reichsflaggen schwenkt, zeigt nichts als Hass auf die Demokratie und Verachtung für alles, was unser Land ausmacht.“

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte im ZDF, sie sei „wütend“ über die Bilder vom Samstagabend und darüber, dass hier das Demonstrationsrecht „missbraucht worden ist für Nazi-Propaganda“. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sagte am Sonntag in Berlin, es dürfe „nicht hingenommen werden, dass solche Symbole aus dunkler Vergangenheit als Flaggen vor dem Reichstag erscheinen“. Der Rechtsextremismus in Deutschland dürfe „nicht unterschätzt“ werden.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte der „Bild am Sonntag“, Meinungsvielfalt sei ein „Markenzeichen einer gesunden Gesellschaft“. Die Versammlungsfreiheit habe aber „dort ihre Grenzen, wo staatliche Regeln mit Füßen getreten werden“.

Grünen-Chef Robert Habeck nannte die Aktion einen „Angriff auf die Demokratie selbst“. Er sagte der Funke-Mediengruppe: „Dass Nazis mit Reichskriegsflaggen versuchen, den Bundestag zu stürmen, erinnert an die dunkelsten Zeiten deutscher Geschichte.“

Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel erklärte, der „Missbrauch des Reichstagsgebäudes für politische Auseinandersetzungen auf der Straße ist inakzeptabel“.

Zugleich wurden Forderungen nach einem besseren Schutz des Reichstagsgebäudes laut. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz kritisierte im NDR eine unzureichende Vorbereitung auf derartige Aktionen. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak verlangte in der Zeitung „Welt“, das Schutzkonzept staatlicher Gebäude auf den Prüfstand zu stellen.

Neben dem Sturm auf die Treppe des Reichstagsgebäudes war es auch an der russischen Botschaft Unter den Linden zu Ausschreitungen mit den Demonstranten dort, die offenbar dem rechten Milieu, der Reichsbürgerszene und anderen Gruppierungen zuzuordnen war. Polizisten wurden mit Steinen und Flaschen beworfen. Es gab allein hier 200 Festnahmen, darunter der für seine Verschwörungstheorien bekannte Vegan-Koch Attila Hildmann.

Die Querdenken-Demonstranten, die unabhängig von den bereits genannten Versammlungen sich trafen hätten sich überwiegend friedlich verhalten. Innensenator Geisel bezifferte die Teilnehmerzahl auf insgesamt bis zu 38.000. Nachdem der Querdenken-Demonstrationszug unter dem Vorwurf des Missachtens der Abstandsregeln von der Polizei am späten Vormittag am Start gehindert worden war, fand am Nachmittag eine Querdenken-Großkundgebung an der Siegessäule statt. Sie war von der Initiative Querdenken 711 unter dem Titel „Fest für Frieden und Freiheit“ angemeldet worden. Hier gab es laut Geisel „offenbar ein Bemühen, die Abstandsregeln einzuhalten“. (afp/er)



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