Entlastungspaket ein Trostpflaster? Bauernverbände enttäuscht
Der Bundestag hat am 5. Juli aufgrund der bundesweiten Bauernproteste im Herbst/Winter 2023 wie angekündigt ein „Entlastungspaket“ für Landwirte beschlossen.
Hintergrund für die Proteste war damals die Ankündigung der Bundesregierung, die Steuererleichterung beim Agrardiesel für Land- und Forstwirte zu streichen. Ursprünglich sollte die Hilfe sofort ganz wegfallen. Nach den Protesten rückte die Regierung davon ab.
Nun soll sie über drei Jahre auslaufen. Eine zunächst geplante Streichung auch der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirtschaftsfahrzeuge hatte die Regierung aufgrund der Proteste damals fallen gelassen.
Jährlich 50 Millionen Euro Steuererleichterung
Während der Proteste versprach die Bundesregierung zur Kompensation ein Entlastungspaket. Dies enthält jetzt gesetzliche Änderungen, die unter anderem steuerliche Erleichterungen bei schwankenden Gewinnen beinhalten. Höfe sollen ihre Ergebnisse aus guten und schlechten Jahren verrechnen können.
Die Branche soll so von Erleichterungen mit durchschnittlich 50 Millionen Euro im Jahr profitieren, wie es im Gesetzentwurf heißt.
Zudem soll die Stellung der Bauern in der Lieferkette bis zu den Supermärkten gestärkt und neue Anreize für freiwillige Leistungen der Betriebe für mehr biologische Vielfalt geschaffen werden.
Das Gesetzespaket kommt voraussichtlich am 27. September in den Bundesrat.
Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) machte deutlich, dass Versprechen an die Branche jetzt umgesetzt würden. Das Paket unterstreiche Initiativen zum Bürokratieabbau und solle Wettbewerbsfähigkeit und Artenschutz zusammenbringen.
Auch Gero Hocker (FDP) als Teil der Regierungsparteien fand lobende Worte. Er verwies auf „die Erfolge“ wie Tarifglättung, Wegfall der Flächenstilllegung und Stärkung der Erzeuger in der Wertschöpfungskette.
Opposition kritisiert „Entlastungspaket“
Aus der Opposition hingegen hagelte es Kritik: Hermann Färber (CDU) nannte das Paket „eine Enttäuschung“. Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft verwies auf die Erwartungen, die nach den Protesten entstanden seien, und unterstrich, dass „das Vertrauen in die Politik“ bei den Landwirten mit diesem Vorhaben nicht gestärkt worden sei.
Stephan Protschka (AfD) kritisierte das Vorhaben ebenfalls: „Das sogenannte Agrarpaket ist eine Mogelpackung und nicht einmal ansatzweise geeignet, um Bauernfamilien spürbar zu entlasten“, sagte er. Die Ampel drücke sich davor, die eigentlichen Probleme anzugehen, wie die zu hohen Energiekosten, die Dumping-Importe und die immensen bürokratischen Belastungen.
Ina Latendorf (Linke) bemängelte, dass die Ampel sich erst in der vergangenen Woche auf die Reformen geeinigt habe. Für eine gründliche Auseinandersetzung sei damit keine Zeit gewesen. Außerdem sei verpasst worden, die Stellung der Erzeuger innerhalb der Wertschöpfungskette zu stärken.
Deutscher Bauernverband spricht von „Entlastungspäckchen“
Auch Bauernverbände zeigen sich über das verabschiedete Agrarpaket enttäuscht. Die „Entlastungen“ stünden in keinem Verhältnis zu den neuen Belastungen, erklärte bereits am 4. Juli der Vorsitzende des Deutschen Bauernverbandes Joachim Rukwied zum einen Tag später verabschiedeten Agrarpaket.
Das sogenannte Entlastungspaket verdiene diese Bezeichnung nicht, so der Vorsitzende weiter. „Das vollmundig angekündigte Agrarpaket zur Entlastung der Landwirtschaft ist ein richtiger und überfälliger Schritt, wird aber dem eigenen Anspruch nicht gerecht.“
Es bleibe „ein Entlastungspäckchen“, dem massive zusätzliche Belastungen für die Landwirtschaft aus den zurückliegenden zwei Jahren gegenüberstünden. Zudem bliebe es in vielen Bereichen weiterhin lediglich bei Ankündigungen. Die Landwirte bräuchten dringend wirksame bürokratische und steuerliche Entlastungen.
Seit Antritt der Ampel-Regierung werde die deutsche Landwirtschaft mit bereits beschlossenen und geplanten Maßnahmen unter anderem bei Agrardiesel, landwirtschaftlicher Unfallversicherung, der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, Umsatzsteuerpauschalierung, Tierschutzgesetz, Pflanzenschutzbeschränkung und Stoffstrombilanz mit Haushaltskürzungen und zusätzlichen Kosten von bis zu 2,8 Milliarden Euro zusätzlich belastet.
Demgegenüber stünden nun Entlastungen von allenfalls 350 Millionen Euro, die außerdem zu einem großen Teil von der EU vorgegeben waren.
Verband „Freie Bauern“ enttäuscht
Reinhard Jung, Pressereferent des Bauernverbandes „Freie Bauern“, einer Interessenvertretung der bäuerlichen Familienbetriebe in Deutschland, zeigte sich gegenüber Epoch Times nicht nur von der Politik enttäuscht, sondern auch vom Deutschen Bauernverband.
„Das Entlastungspaket besteht im Wesentlichen aus steuerlichen Optionen, die man hat, wenn man gutes Geld verdient“, so der Nebenerwerbsbauer. Das sei hauptsächlich eine Gewinnglättung; diese ergebe aber nur Sinn, wenn man erst einmal Geld verdiene.
Der Agrardiesel sei jedoch nur der Tropfen gewesen, der das Fass damals zum Überlaufen gebracht habe. Dies habe dazu geführt, dass im Zuge der größten Bauernproteste in der Geschichte der Bundesrepublik die Freien Bauern grundsätzliche Forderungen zur Stellung der Landwirtschaft in der Gesellschaft aufgestellt hätten.
„Dabei ging es um die Produktion, da ging es um die Wertschöpfung, da ging es auch um den Preisdruck durch Monopole und Importe.“ Das sei in der Bevölkerung auch gut aufgenommen worden, so Jung.
Eine Woche vor der entscheidenden Bundesratssitzung lenkte jedoch der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, ein. Im Interview mit der Welt sagte er: „Wir sind kompromissbereit, wenn es im Gegenzug zu Mehrbelastungen beim Kraftstoff an anderer Stelle zu realen Entlastungen kommt.“
Kompromisse bei CDU und CSU
Ursprünglich wollten Friedrich Merz (CDU) und Markus Söder (CSU) ihre Zustimmung im Bundesrat für das Wachstumschancengesetz daran koppeln, dass die Steuererhöhung beim Agrardiesel fällt, erinnert sich Jung. Das taten sie jedoch nicht.
Unerwartet für die „Freien Bauern“ stimmten CDU/CSU im März im Bundesrat dem Wachstumsgesetz dann doch zu. Dabei hätte die Union – anders als im Bundestag – die Möglichkeit gehabt, das Gesetz zu blockieren. Im Bundestag hingegen haben die Regierungsparteien eine Stimmenmehrheit, sodass jedes Gesetz mit den eigenen Stimmen gegen die Opposition durchgebracht werden kann.
Jung sieht die Reaktion der Union im Bundesrat darin begründet, dass der Deutsche Bauernverband den Druck herausgenommen hat. „Jetzt, mit dem Entlastungspaket hat der Deutsche Bauernverband irgendwelche Gegenleistungen“, so Jung weiter. „Ein bisschen Bürokratieabbau, der in Wirklichkeit eine Perfektionierung der Überwachung ist und diese Gewinnglättung eben.“
Die „Freien Bauern“ sehen in diesem Ergebnis ein Komplettversagen des Deutschen Bauernverbandes. Dieser sei „mit der Politik und den großen Konzernen so verflochten, dass er nicht mehr im Interesse seiner eigenen Mitglieder tätig werden kann“.
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