Enteignungen für Energiewende: Deutscher Wirtschaftsweiser Lars Feld in Interview dafür
Lars Feld, einer der fünf sogenannten Wirtschaftsweisen, befürwortet Enteignungen für wichtige Infrastrukturmaßnahmen. „Es gibt sicherlich Einzelfälle, über die man streiten kann, aber vom Grundsatz her ist es richtig, zu enteignen, wenn es um wichtige Infrastrukturmaßnahmen geht“, sagte Feld der „Welt“ (Donnerstagsausgabe). Man könne es sich „beispielsweise vor dem Hintergrund der Energiewende nicht leisten, so zögerlich wie bisher Genehmigungen für Stromtrassen zu erteilen. Der Staat muss an der ein oder anderen Stelle entschiedener vorgehen, möglicherweise sogar mit Enteignungen“, so der Ökonom weiter.
Das Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, so der offizielle Name des Gremiums, lehnt allerdings Überlegungen ab, private Unternehmen aus sozialen oder ökologischen Gründen zu vergemeinschaften. „Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass Unternehmen im Gemeinbesitz sozialer sind als private Unternehmen“, sagte der Ökonom. Das zeigten Erfahrungen aus dem Sozialismus, etwa aus dem Jugoslawien der 70er und 80er-Jahre. Auch ökologisch seien Unternehmen im Gemeinbesitz nicht überlegen.
Gegen Soziale Marktwirtschaft im Grundgesetz
„Aus der Geschichte wissen wir, dass Betriebe, die nicht in Privatbesitz sind, sich nicht umweltfreundlicher verhalten als rein private Unternehmen. Das gilt nicht nur für die DDR, die eine verheerende Umweltbilanz hatte, sondern für ganz unterschiedliche Formen von Vergemeinschaftung“, sagte Feld der „Welt“. Er würde „sogar wagen zu behaupten, dass ein Großteil der heutigen Umweltprobleme darauf zurückgeht, dass wir zu wenig Privateigentum haben und zu viel Gemeinbesitz natürlicher Ressourcen.“ Der Ökonom, der grundsätzlich ordoliberale Positionen vertritt, lehnte die Soziale Marktwirtschaft als Wirtschaftsmodell im Grundgesetz festzuschreiben, wie es derzeit eine Gruppe von Ökonomen fordert. „Die Soziale Marktwirtschaft im Grundgesetz festzuschreiben, halte ich für überzogen und hochproblematisch“, sagte Feld der „Welt“. Denn das setze voraus, dass man definiere, „was mit dem Begriff überhaupt gemeint ist. Dabei würden wir letztlich vermutlich bei einem deutlich weniger liberalen Wirtschaftssystem landen als dem gegenwärtigen“, so der Ökonom weiter. Der Begriff „Soziale Marktwirtschaft“ könne alles oder nichts bedeuten. (dts)
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