EMA sieht kein altersspezifisches Risiko bei AstraZeneca – Spahn: Thrombose-Risiko „ohne Frage ein Rückschlag“
15:45 Uhr: Deutsche Krankenhausgesellschaft sieht derzeit keine Notwendigkeit für Lockdown
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht derzeit keine Notwendigkeit für einen bundesweiten härteren Lockdown gegen die dritte Corona-Welle.
„Würden die Länder die Notbremse konsequent umsetzen, wären dies geeignete Maßnahmen, um einen Gesundheitsnotstand abzuwenden“, sagte Gerald Gaß, ab Donnerstag Vorstandsvorsitzender der DKG, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwochausgabe). „Wir erwarten von der Politik, dass im Notfall bei steigenden Inzidenzen die vereinbarte Notbremse gezogen wird.“
Zwar sei die dritte Welle in den Krankenhäusern angekommen, so Gaß. „Mittelfristig müssen wir damit rechnen, dass wir auch den Höchststand an Intensivpatienten von Anfang des Jahres wieder erreichen. Trotzdem gibt es auch positive Nachrichten“, so der künftige DKG-Chef
Man habe zurzeit weniger Neueinweisungen von Covid-Patienten als bei gleichen Inzidenzwerten während der zweiten Welle. „Das bedeutet, die Impfung zeigt Wirkung.“ Ein weiterer positiver Effekt sei, dass die Beschäftigten in den Krankenhäusern, die zur Prioritätsgruppe eins und zwei gehören, überwiegend durch die erfolgten Impfungen geschützt seien.
„Wir rechnen deshalb damit, dass wir in der dritten Welle weniger stark von Quarantänemaßnahmen und einem Infektionsgeschehen unter der Mitarbeiterschaft betroffen sein werden.“ Die Krankenhäuser seien noch „gut in der Lage“, die Versorgung aufrechtzuerhalten. Aber es dürfe nicht verkannt werden, „dass wir seit mittlerweile einem Jahr in einer Ausnahmesituation in den Kliniken sind“ und die Belastung der Mitarbeiter extrem hoch ist.
Angesichts der Impfstoffknappheit forderte Gaß, die Zweitimpfung aufzuschieben. „Impfen ist das Mittel, um die dritte Welle zu brechen.“ Deshalb müsse man so viele Menschen wie möglich mit der Erstimpfung versorgen. „Das heißt, der Zeitraum bis zur Zweitimpfung sollte maximal ausgeschöpft werden“, sagte der künftige DKG-Chef.
„Das wäre eine Möglichkeit, Krankenhäuser deutlich zu entlasten, denn insbesondere die besonders gefährdeten Personengruppen können so bereits vor schweren Verläufen geschützt werden.“ Die Bundesländer müssten mit allen Mitteln versuchen, jetzt Erstimpfungen durchzuführen. (dts)
15:40 Uhr: EMA sieht derzeit kein altersspezifisches Risiko bei Astrazeneca-Impfstoff
Nach der Einschränkung des Einsatzes des Corona-Impfstoffs von Astrazeneca in Deutschland hat die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) erklärt, dass sie die derzeit keine altersspezifischen Risiken bei dem Corona-Vakzin sehe. Eine Prüfung habe keine spezifischen Risikofaktoren wie etwa Alter oder Geschlecht ergeben, die Prüfungen würden aber fortgesetzt, teilte die EMA am Mittwoch in Amsterdam mit. Bund und Länder hatten am Dienstag nach weiteren Berichten über Thrombose-Fälle den Einsatz des Astrazeneca-Vakzins auf Menschen ab 60 Jahren beschränkt.
8:19 Uhr: Spahn: Thrombose-Risiko bei AstraZeneca „ohne Frage ein Rückschlag“
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die neue Alterseinschränkung beim Corona-Impfstoff von AstraZeneca („Vaxzevria“) verteidigt. Angesichts der Fälle von Hirnvenen-Thrombosen im zeitlichen Zusammenhang zur Impfung sei dies „richtig“, sagte er am Dienstag in Berlin.
Zugleich sei es „ohne Frage ein Rückschlag“, wenn sich herausstelle, dass ein Impfstoff für eine bestimmte Altersgruppe ein erhöhtes Risiko berge.
Auf eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) hin hatten die Gesundheitsminister der Länder zuvor beschlossen, dass das AstraZeneca-Produkt bis auf Ausnahmen nur noch bei Menschen über 60 verwendet werden soll.
Hintergrund sind Fälle von Hirnvenen-Thrombosen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung, besonders bei Frauen unter 60.
Ihm sei bewusst, was die Entscheidung bedeute „für das tägliche Geschehen in den Impfzentren“, sagte Spahn. Es entstünden neue Unsicherheiten. Diese wollten Bund und Länder „bestmöglich und transparent adressieren“.
Die neue Impfempfehlung bedeute zugleich, dass die Menschen über 60 schneller geimpft werden könnten. „Die Älteren schneller zu schützen, ist wichtig“, betonte Spahn. Er bat alle über 60-Jährigen, „das Impfangebot wahrzunehmen“.
Wichtig sei ihm auch, dass der AstraZeneca-Impfstoff „sehr wirksam“ sei, fügte Spahn hinzu. Letztlich gehe es bei den Impfungen immer um eine Abwägung des Risikos von Nebenwirkungen und des Risikos, an Corona zu erkranken mit einem womöglich schweren Verlauf oder Langzeitschäden.
„Impfen ist fast immer die bessere Entscheidung“, urteilte Spahn.
+++30. März+++
Update 22:00 Uhr: Bund und Länder folgen Stiko-Empfehlung
Der Corona-Impfstoff von AstraZeneca wird in Deutschland bis auf Einzelfälle nur noch für Menschen über 60 Jahren eingesetzt. Das beschloss die Gesundheitsministerkonferenz der Länder (GMK) am Dienstag auf eine entsprechende Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) hin. Hintergrund sind Fälle von Hirnvenen-Thrombosen im zeitlichen Zusammenhang zur Impfung vor allem bei jüngeren Frauen.
Laut dem GMK-Beschluss wird der AstraZeneca-Impfstoff ab Mittwoch verwendet bei „Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben“. Jüngere Menschen in den Impfprioritätsgruppen eins und zwei könnten „gemeinsam mit dem impfenden Arzt nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung entscheiden, mit AstraZeneca geimpft werden zu wollen“, allerdings möglichst nur in Arztpraxen.
Zugleich kann das Produkt schon jetzt bei Menschen zwischen 60 und 70 Jahren eingesetzt werden, obwohl diese in der Regel erst in der dritten Impfgruppe sind. „Den Ländern steht es frei, bereits jetzt auch die 60- bis 69-Jährigen für diesen Impfstoff mit in ihre Impfkampagne einzubeziehen“, heißt es in dem Beschluss. „Dies gibt die Möglichkeit, diese besonders gefährdete und zahlenmäßig große Altersgruppe angesichts der wachsenden dritten Welle nun schneller zu impfen.“
Menschen unter 60 Jahren, die bereits ihre Erstimpfung mit AstraZeneca bekommen haben, können laut Gesundheitsministerkonferenz wählen, ob sie auch die zweite Impfung mit diesem Produkt wünschen oder lieber abwarten, wie sich die Stiko zu einer Zeitimpfung mit einem anderen Produkt positioniert. Dazu will das Expertengremium sich bis Ende April äußern.
Die Stiko hatte zuvor eine neue Empfehlung zu AstraZeneca herausgegeben, wonach der Impfstoff nur noch für Menschen ab 60 verwendet werden soll. Sie verwies auf die „Daten zum Auftreten seltener, aber sehr schwerer thromboembolischer Nebenwirkungen“ bei jüngeren Geimpften. In zeitlichem Zusammenhang mit AstraZeneca-Impfungen waren mehrmals Blutgerinnsel in Hirnvenen, sogenannte Sinusvenenthrombosen, aufgetreten.
Der Erlanger Virologe Klaus Überla, Mitglied in der Stiko, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), die Daten sprächen „für einen kausalen Zusammenhang zwischen der Impfung von unter 55-jährigen Frauen mit AstraZeneca und dem Auftreten von Hirnvenen-Thrombosen bei diesen Frauen – auch wenn das seltene Ereignisse sind“.
Auch bei Männern gebe es Fälle; dies müsse weiter geprüft werden. Zugleich betonte Überla: „In der Gruppe der über 60-Jährigen überwiegt das Covid-19-Risiko bei weitem das Risiko der Hirnvenen-Thrombosen.“
Der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Klaus Holetschek (CSU), riet Menschen, die mit AstraZeneca geimpft wurden, auf mögliche Hinweise auf eine Sinusvenenthrombose zu achten. Dazu gehörten anhaltende Kopfschmerzen, Kurzatmigkeit und Beinschwellungen. „Sollte es dazu kommen, wenden Sie sich vorsichtshalber an Ihren Arzt.“
Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisierte in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland, die staatlichen Empfehlungen zu AstraZeneca seien inzwischen „wie eine Fahrt mit der Achterbahn“. Erst sollten nur die unter 65-Jährigen, dann alle und jetzt nur die über 60-Jährigen den Impfstoff bekommen.
Auch der Chef des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, kritisierte das „Hin und Her um den Impfstoff“. Dies sei ein „Kommunikationsdebakel“, sagte er den RND-Zeitungen. So werde „völlig unnötigerweise das Vertrauen in die Impfungen insgesamt unterminiert“. Die konkrete Entscheidung zur neuen Altersvorgabe bei AstraZeneca begrüßte Montgomery allerdings.
Die Impfungen mit AstraZeneca waren bereits Mitte März zwischenzeitlich ausgesetzt worden. Nach einer Prüfung auch auf europäischer Ebene wurden die Impfungen aber wieder aufgenommen. Wie das für Impfstoffe zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) mitteilte, starben bis Montagmittag neun Menschen in Deutschland nach einer AstraZeneca-Impfung durch eine Sinusvenenthrombose. Es seien bis dahin 31 Fälle einer solchen Thrombose mit zeitlichem Zusammenhang zur Impfung gemeldet wurden. (afp)
17:00 Uhr: Stiko empfiehlt AstraZeneca nur noch für Menschen ab 60 Jahren
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt den Corona-Impfstoff von AstraZeneca nur noch für Menschen ab 60 Jahren. Wie die Stiko am Dienstag mitteilte, wurde die Empfehlung „auf Basis der derzeit verfügbaren Daten zum Auftreten seltener, aber sehr schwerer thromboembolischer Nebenwirkungen“ bei jüngeren Geimpften geändert.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) beriet mit den Länderministern über das weitere Vorgehen – nach Gesprächen auch mit den Ministerpräsidenten wollen sich Spahn und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußern.
Die Stiko kündigte an, zur Verabreichung der zweiten Impfdosis für Menschen unter 60 Jahren, die bereits eine erste Dosis des AstraZeneca-Impfstoffs erhielten, bis Ende April eine ergänzende Empfehlung abzugeben. Der Beschlussentwurf für die neue Empfehlung zu AstraZeneca befinde sich im „Stellungnahmeverfahren“ mit den Bundesländern und den betroffenen Fachkreisen.
Die Verabschiedung des Beschlusses werde nach Prüfung der Rückläufe und erneuter Beratung der Stiko am Donnerstag erfolgen. Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, dass sich nach dem Stellungnahmeverfahren noch Änderungen an dem Empfehlungsentwurf ergeben, erklärte die Stiko.
Der Erlanger Virologe und Stiko-Mitglied Klaus Überla bezeichnete die Entscheidung gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland als „richtig“. Die vorliegenden Daten sprächen „für einen kausalen Zusammenhang zwischen der Impfung von unter 55-jährigen Frauen mit AstraZeneca und dem Auftreten von Hirnvenenthrombosen bei diesen Frauen – auch wenn das seltene Ereignisse sind“, sagte er.
Zugleich müsse das Risiko dieser Frauen betrachtet werden, schwere Covid-19-Erkrankungen durchzumachen. Es sei, wenn sie keine Vorerkrankungen hätten, moderat. „Insgesamt wäre es deshalb besser, diese Gruppe mit anderen Covid-19-Impfstoffen zu schützen“, sagte Überla. Bei über 60-Jährigen überwiege hingegen „das Covid-19-Risiko bei weitem das Risiko der Hirnvenenthrombosen“.
Der Berliner Mediziner und Stiko-Mitglied Martin Terhardt sagte im Rundfunk Berlin-Brandenburg, es sei sinnvoll, den Impfstoff bei Älteren weiter einzusetzen, „weil da diese Signale von gefährlichen Komplikationen nicht aufgetreten sind“. Er bedauerte zugleich, dass es grundsätzliche Zweifel in der Bevölkerung an AstraZeneca gebe, „weil wir von diesem Impfstoff ja zur Zeit einiges haben und auch noch bekommen werden und es auch Sinn machen würde, diesen Impfstoff einzusetzen“.
Die Impfungen mit AstraZeneca waren bereits Mitte März wegen im Gehirn aufgetretener Blutgerinnsel, sogenannter Sinusvenenthrombosen, zwischenzeitlich ausgesetzt worden. Nach einer Prüfung auch auf europäischer Ebene wurden die Impfungen aber wieder aufgenommen.
Am Dienstag stoppte dann Berlin als erstes Bundesland die Impfung mit AstraZeneca von unter 60-Jährigen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen sowie die Stadt München zogen nach. Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) nannte den Stopp eine „Vorsichtsmaßnahme“ und erklärte, es gebe Hinweise auf weitere Fälle von Nebenwirkungen.
Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums berieten Spahn und die Landesminister „erneut über den Einsatz von AstraZeneca“. Demnach wollte Spahn dabei einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen machen. Am Abend werden laut Bundeskanzleramt auch die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten bei einem „Informationsgespräch“ einbezogen, bevor sich Spahn und Merkel vor der Presse äußern.
Wie das für Impfstoffe Paul-Ehrlich-Institut (PEI) mitteilte, starben bis Montagmittag neun Menschen in Deutschland nach einer AstraZeneca-Impfung durch eine Sinusvenenthrombose. Es seien bis dahin 31 Fälle einer solchen Thrombose mit zeitlichem Zusammenhang zur Impfung gemeldet wurden. In 19 Fällen sei zusätzlich eine Thromobzytopenie festgestellt worden – das heißt, dass die Zahl der Thrombozyten, also Blutplättchen, bei den Betroffenen zu niedrig war.
Mit Ausnahme von zwei Fällen seien immer Frauen im Alter von 20 bis 63 Jahren betroffen gewesen, die beiden Männer seien 36 und 57 Jahre alt gewesen, erklärte das PEI. Die Fälle der Thrombosen seien nach der ersten Impfung aufgetreten. Bis Montagmittag wurden demnach rund 2,7 Millionen Erstdosen des Mittels verabreicht. Da ein Abstand von zwölf Wochen bis zur zweiten Dosis empfohlen wird, gab es bisher nur vergleichsweise wenige Zweitimpfungen mit AstraZeneca. (afp/rm)
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