Einzige George-Orwell-Schule Deutschlands wurde umbenannt

Dreißig Jahre lang gab es in Berlin-Lichtenberg eine George-Orwell-Schule. Damit ist seit Montag Schluss. Nicht für jeden ist dies nachvollziehbar.
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Schulleiter Kai Klötzer stellt das neue Logo der ehemaligen „George-Orwell“-Schule vor.Foto: Epoch Times
Von 14. Oktober 2022

Die einzige Schule Deutschlands, die den Künstlernamen des britischen Schriftstellers Eric Arthur Blair „George Orwell“ trägt, wurde umbenannt. Blair gilt als einer der bedeutendsten Literaten des 20. Jahrhunderts. Er starb 1950.

Die in Berlin-Lichtenberg im Ostteil der Stadt gelegene Schule nennt sich seit dem 10. Oktober entsprechend dem nahe gelegenen Tierpark – „Schule am Tierpark“. Mit ihm besteht seit dem Sommer 2021 eine Partnerschaft.

Mehrheitlich wäre man in Eltern-, Lehrer- und Schülerschaft für die Umbenennung gewesen, obwohl es auch Stimmen dagegen gab, berichtet Schulleiter Kai Klötzer. Die aktuell rund 750 Schüler beherbergende Schule hieß seit 1992 „George-Orwell-Schule“. Sie ist eine Integrierte Sekundarschule mit gymnasialer Oberstufe (Klassen 1–13).

Die Benennung erfolgte nach der Wiedervereinigung, als 1990 aus der Polytechnischen Oberschule im Rosenfelder Ring in Lichtenberg eine Realschule wurde, erklärt Klötzer. „Im Zuge der Umstrukturierung bekamen die Schulen erst einmal Nummern. Der neue Schulleiter aus ‚West-Berlin‘ fand den Namen sehr passend und so wurde die Schule zur George-Orwell-Schule.“ Später zog die Schule dann an den heutigen Standort in der Sewanstraße.

Laut einer Anekdote sei der Schulname durch den West-Berliner Schulleiter entstanden, nachdem man ihm kurz nach der Wiedervereinigung die Wohnungen in den umliegenden Häusern rund um das Schulgebäude gezeigt hatte, in denen ehemalige Stasi-Mitarbeiter gewohnt hätten. Seit dem späteren Wechsel der Schulleitung hätte der Name „George Orwell“ im Schulprogramm an Bedeutung verloren.

Schulleiter: „Name ‚George Orwell‘ nur schwer zu vermitteln“

Die Umbenennung begründete Klötzer gegenüber der Senatsverwaltung: „Die 11K08 trägt aktuell einen Namen, der Schülern einer Integrierten Sekundarschule nur schwer zu vermitteln ist, somit erfolgte keine Identifikation der Schülerschaft mit dem Schulnamen.“ Des Weiteren habe er im Schulprogramm keine Rolle gespielt und würde somit auch nicht an der Schule gelebt.

Seit dem Jahr 2021 ist die 11K08 die Partnerschule des Tierparks Berlin. Eine namentliche Annäherung würde dieser engen Zusammenarbeit sowie dem Schulprogramm entgegenkommen und somit zu einer deutlich höheren Identifikation mit der gesamten Schulgemeinschaft führen.

Nick (12), ein Schüler der Schule aus der 7. Klasse berichtet: „Meine Schwester fand es echt voll komisch, dass die Schule ‚George Orwell‘ heißt, aber man nie lernen würde, wer George Orwell gewesen ist. Ich habe erst letztens erfahren, wer er war.“

Für Elena, eine Klassenkameradin von Nick, die ebenfalls 12 Jahre alt ist, macht „Schule am Tierpark“ mehr Sinn. „Weil man hier am Tierpark ist.“

Die „George-Orwell“-Schule in Berlin-Lichtenberg heißt jetzt „Schule am Tierpark“. Foto: Epoch Times

Ende August erklärte das Bezirksamt nach Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, dass sie dem Antrag der Schule auf Namensänderung zu „Schule am Tierpark“ zustimmt.

Die Schulkonferenz hatte Ende Juni mit 9 zu 2 Stimmen für eine Umbenennung gestimmt. Die Schulleitung beantragte daraufhin Anfang Juli die Umbenennung. Laut dem jetzigen Schulleiter gab es einen demokratischen Prozess zur Namensfindung, in den alle involviert gewesen seien.

Bezirksstadträtin Filiz Keküllüoğlu (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte auf der Umbenennungsfeier an der Schule: „Ich finde es sehr schön, dass die Schule in einem demokratischen Abstimmungsprozess selbst entschieden hat, sich als Schulgemeinschaft einen neuen Namen zu geben, mit dem sich hoffentlich dann die gesamte Schulgemeinschaft auch identifizieren kann.“

„Wer nicht linientreu ist, wird ausgegrenzt“

Für den Bezirksverordneten in Berlin-Lichtenberg Dietmar Drewes (AfD) ist es unverständlich, warum es keine Identifikation der Schulgemeinschaft mit George Orwell und seinen Werken gab. „In einem seiner wichtigsten Werke, dem Roman mit dem Titel ‚1984‘ beschreibt er einen totalitären Überwachungsstaat mit einer fiktiven Staatspartei, die die Privatsphäre überwacht, Geschichtsfälschung betreibt, foltert und Menschen, die sich dagegen wehren, einer Gehirnwäsche unterzieht.“

Drewes hält es für wichtig, über die Möglichkeiten von Politik zu sprechen und auch darüber, dass es Diktaturen gab und gibt und was die Auswüchse einer Diktatur sein können. Er sieht in der heutigen Zeit Ausgrenzungen – auch in der Politik. „Wer nicht linientreu ist, wird ausgegrenzt.“

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 66, vom 15. Oktober 2022.



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