Einstellungen zur Migration: Bedingt willkommen
„Willkommenskultur“ – ja oder nein? Die Deutschen sind in Fragen von Migration und Integration tief gespalten. Ganz so konfrontativ wie 2016, als die Menschen noch unter dem Eindruck der Ankunft von mehr als einer Million Asylsuchenden standen, ist die Stimmung aber nicht mehr.
Für die am Donnerstag in Berlin vorgestellte Studie des Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld mit dem Titel „Zugleich – Zugehörigkeit und Gleichwertigkeit“ haben die Autoren Andreas Zick und Madlen Preuss im vergangenen Frühjahr und Sommer mehr als 2000 erwachsene Deutsche ohne Migrationshintergrund befragt.
Sie sollten sagen, was sie von der Aussage halten: „Es gefällt mir, dass sich so viele Migranten für Deutschland als neue Heimat entscheiden.“ 30,9 Prozent der Befragten antworteten mit „trifft zu“. 30,6 Prozent sprachen sich klar dagegen aus. Unentschiedene Antworten wurden nicht gewertet.
Zwei Jahre zuvor hatten sich noch deutlich weniger Deutsche positiv zur Migration positioniert. Damals hatten sich 27,5 Prozent der Befragten die gleiche Aussage zu eigen gemacht. 37,5 Prozent bezeichneten sie damals als nicht zutreffend.
Die Studie zeigt auch: Der Rückbezug auf eine deutsche Identität verliert an Bedeutung. Bei zurückliegenden Befragungen in den Jahren 2014 und 2016 hatten sich jeweils deutlich über 60 Prozent der Deutschen dafür ausgesprochen, dass „unsere Traditionen zunehmend wiederbelebt“ werden. Als die Forscher 2018 nachfragten, hielt das nur noch etwa die Hälfte der Befragten für wünschenswert.
Die Wissenschaftler wollen mit ihrer Reihenuntersuchung, die jetzt zum dritten Mal stattfand, auch herausfinden, wie die Einheimischen bestimmte Bevölkerungsgruppen sehen. Sie stellen fest: Die Ablehnung von Muslimen hat zwischen 2016 und 2018 noch einmal zugenommen. Negative Einstellungen zu Sinti und Roma sowie Asiaten nahmen leicht ab. Die Ablehnung von Menschen aus Afrika verharrt auf einem relativ hohen Niveau.
Angesichts dieser Vorbehalte wird ein harmonisches Zusammenleben zur Herausforderung. Da erscheint es fast folgerichtig, dass 37 Prozent der Befragten zwischen Deutschen und Migranten „mehr Trennendes“ sehen. „Mehr Gemeinsames“ nehmen 14 Prozent von ihnen wahr.
Dabei ist die Mehrheit der Bevölkerung durchaus gewillt, auf Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund zuzugehen. Die Aussage „Ich möchte nur mit Deutschen zusammen sein“ lehnten fast 82 Prozent der Studienteilnehmer ohne Migrationshintergrund ab. Noch stärker ist der Widerwillen gegen eine solche Separierung der Gesellschaft unter Migranten. Als für die Studie 361 Menschen mit Migrationshintergrund gefragt wurden, ob sie „nur mit Migranten“ zusammen sein wollten, stimmten fast 89 Prozent von ihnen nicht zu.
Was die Debatte um Integration und Migration nach Einschätzung von Andreas Zick zuletzt stark emotionalisiert hat, ist das Fehlen klarer Kriterien dafür, was „gelungene Integration“ überhaupt bedeutet. Hier sieht er vor allem Politiker in der Pflicht, für mehr Transparenz zu sorgen.
Das Bundeskabinett will in der kommenden Woche die Einsetzung einer „Fachkommission Integrationsfähigkeit“ beschließen. Die Kommission soll im Februar erstmals zusammenkommen. Beteiligt sind das Bundesinnenministerium, das Arbeitsministerium und die im Kanzleramt angesiedelte Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz.
Fragt man die Deutschen, welche Kriterien für sie persönlich wichtig sind, zeigt sich, dass Arbeit sowie die Achtung von Gesetzen und Institutionen für die meisten von ihnen viel mehr Gewicht haben als das Geburtsland oder die christliche Konfession.
Co-Autorin Preuß sagt: „Trotz der positiven Tendenzen zeigt die Studie auch, dass Teile der Bevölkerung nach wie vor Vorbehalte gegenüber sogenannten „Neuen“ haben und ihnen gleiche Rechte absprechen.“ Diese Vorbehalte stellen die Forscher nicht nur bei Deutschen ohne Migrationshintergrund fest, sondern zunehmend auch bei Zuwanderern, die schon länger in Deutschland leben, und bei ihren Nachkommen. (dpa)
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