Einführung der Asylbewerber-Bezahlkarten verzögert sich

Bei der großflächigen Einführung in 13 Bundesländern verzögert sich die Einführung der Bezahlkarten für Asylbewerber.
Titelbild
Flüchtlinge in einer Erstaufnahmeeinrichtung im rheinland-pfälzischen Ingelheim.Foto: Christoph Schmidt/dpa
Von 1. September 2024

Im November 2023 hatte die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) in Zusammenarbeit mit dem Bund die Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber vereinbart. Sie soll Bargeldzahlungen ersetzen und so unter anderem Geldzahlungen an Schleuser oder Familien in den Heimatländern verhindern. Zudem soll sie die Behörden in den Landkreisen, kreisfreien Städten und Gemeinden bei der Verwaltung entlasten.

Gleichzeitig sollen aufgrund der dann fehlenden Bargeldauszahlung die Anreize für eine illegale Einwanderung nach Deutschland gesenkt werden. Während 14 Bundesländer das Vorhaben gemeinsam umsetzen wollten, gingen Bayern und Mecklenburg-Vorpommern eigene Wege. Bayern konnte die Bezahlkarte vor rund zwei Monaten einführen. Mecklenburg-Vorpommern erklärte kürzlich, dass der Start kurz bevorsteht.

Das erste Bundesland, das im Rahmen eines Pilotprojekts im Februar 2024 die Bezahlkarte für Asylsuchende einführte und dort unter der Bezeichnung „SocialCard“ weiterlaufen lässt, war Hamburg. Währenddessen verzögert sich die für den Herbst geplante bundesweite Einführung in den restlichen 13 Bundesländern.

Hintergrund ist eine beim Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe eingereichte Beschwerde eines im Vergabeverfahren der 14 Bundesländer unterlegenen Unternehmens für das Bezahlkartensystem, erklärte eine Sprecherin des öffentlichen Dienstleisters Dataport am Donnerstag.

Mecklenburg-Vorpommern hat Vergabeprozess abgeschlossen

Fast zeitgleich erklärte der mecklenburg-vorpommerische Innenminister Christian Pegel, dass in dem nördlichen Bundesland innerhalb der nächsten zwölf Wochen die ersten Debit-Bezahlkarten in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes ausgehändigt werden könnten. Zuvor hatte das niederländische Unternehmen Yoursafe nach einem europaweiten Ausschreibungsverfahren den Zuschlag zur Einführung des Bezahlsystems bekommen.

Laut Pegel würde sich mit der Bezahlkarte der „immense“ Arbeitsaufwand der monatlichen Bargeldauszahlungen in den eigenen Erstaufnahmeeinrichtungen, Ausländerbehörden und Gemeinschaftsunterkünften der Landkreise und kreisfreien Städte „deutlich reduzieren“. Denn statt Bargeld auszuhändigen, müssten die Behörden zukünftig nur die Beträge auf die Karten buchen.

In Mecklenburg-Vorpommern soll die Karte zur Zahlung in Geschäften für Waren des täglichen Bedarfs wie eine gängige Girokarte genutzt werden können. Überweisungen ins Ausland sollen hingegen nicht möglich sein.

In Hamburg funktioniert die Bezahlkarte ähnlich einer Debit-Kreditkarte und ist an den Kreditkartenanbieter Visa gekoppelt. Überweisungen sind hier mit den Bezahlkarten generell nicht möglich.

Grundsätzlich besteht bei Bezahlkarten die Möglichkeit, die Nutzung auf bestimmte Regionen zu begrenzen oder die Karte für Onlinekäufe zu sperren. Auch kann festgelegt werden, dass Überweisungen einzeln genehmigt werden müssen.

Aufgrund der Verzögerungen bei der Einführung der Bezahlkarte in den restlichen 13 Bundesländern haben einzelne Landkreise, etwa in Brandenburg und Rheinland-Pfalz, eigenständig Bezahlkartensysteme eingeführt. Auch in Sachsen und Thüringen gibt es sie bereits, berichtet die „Tagesschau“.

Gerichte erklären pauschales Bargeldlimit für rechtswidrig

Gegen die Bezahlkarte laufen mehrere Gerichtsprozesse. In drei Eilverfahren wurde entschieden, dass das von Bund und Ländern vereinbarte 50-Euro-Bargeldlimit mit dem Grundrecht der An­trag­stel­le­r auf ein menschenwürdiges Existenzminimum im Widerspruch stehe.

So hat das Hamburger Landessozialgericht einer schwangeren Asylbewerberin Ende Juli bei ihrer Beschwerde zunächst recht gegeben. Dies war allerdings eine Entscheidung im Eilverfahren; das Hauptsacheverfahren steht noch aus. Hamburg hat gegen die Entscheidung Beschwerde eingelegt.

Das Gericht begründete laut NDR seine Entscheidung damit, dass die Klägerin schwanger sei und bereits ein kleines Kind habe. Ihr stehe deshalb mehr Geld als anderen Asylbewerbern zu.

Der höhere Betrag, der auf die Bezahlkarte für sie übertragen werden soll, soll ihr auch ermöglichen, mehr Geld in bar abheben zu können, urteilte das Gericht.

Ein anderer Asylbewerber sei mit seiner ähnlichen Klage gescheitert, so der NDR. Sie sei auch in zweiter Instanz abgewiesen worden. Ihm würden durch die Bargeldgrenze keine Nachteile entstehen, habe das Gericht entschieden, so der öffentlich-rechtliche Sender.

Um das Bezahlkartensystem zu umgehen, hat die Hamburger Initiative „Nein zur Bezahlkarte“ ein eigenes Projekt gegründet, das mittlerweile auch in München nutzbar ist. Es dient dazu, das Bargeldlimit auszuhebeln.

Dazu kauft der Asylbewerber mit der Bezahlkarte bei Supermarkt- oder Drogerieketten Gutscheine und kann sie dann zweimal im Monat im „Café Exil“, einer Beratungsstelle unweit der Hamburger Ausländerbehörde, in Bargeld umtauschen, berichtet die „taz“.

Dauer der Verzögerung unklar

Wie lange sich die rechtsgültige Vergabe des Auftrags zur Einführung eines Bezahlkartensystems durch den jetzigen Gerichtsprozess für den Zusammenschluss von 14 Bundesländern verzögert, ist unklar.

Rein formell war das Verfahren bereits abgeschlossen. Am 29. August sollte der Zuschlag an den entsprechenden Anbieter erteilt werden. Das OLG Karlsruhe will laut Angaben eines Dataport-Sprechers am 18. Oktober über die Beschwerde verhandeln, berichtet die „Tagesschau“. Ob dann auch gleich ein Urteil fällt, ist ebenfalls unklar.



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