Ein ruhiges Herz von Kindesbeinen an: Meditation für Kinder
Viele Erwachsene und Eltern haben bereits für ihr eigenes Leben verinnerlicht, dass Naturerlebnisse, Ruhepausen und entschleunigte Momente unabdingbar sind, um Stress zu verarbeiten, sich zu regenerieren und wieder in die eigene Kraft zu kommen. Inzwischen integrieren auch immer mehr Schulen und Kindergärten Achtsamkeitsübungen und Meditation in ihren Alltag. Bessere Konzentrationsfähigkeit inklusive mehr Lernerfolgen und schnellerer Verarbeitung von Stress sind die Folgen.
Pilotprojekte wie das Achtsamkeitszimmer zum Meditieren für auffällig gewordene Schüler anstelle von Bestrafung, Tadel oder Elterngespräch an einer Problemschule in Baltimore haben mittlerweile über die Grenzen der USA hinaus Schule gemacht. Epoch Times berichtete.
Erste Forschungen in den 1950er-Jahren
Meditation, eine Achtsamkeitspraxis, die hauptsächlich dem asiatischen Raum und Kontext religiöser und spiritueller Praxis zugeordnet wurde, hat über den Umweg der Integration in viele psychotherapeutische Ansätze längst den Weg in den Alltag gefunden.
Schon in den 1950ern starteten zahlreiche Forschungsprojekte zu den Auswirkungen des Meditierens. In den vergangenen 15 Jahren haben Untersuchungen zum Thema noch einmal richtig Fahrt aufgenommen. Auch die Hirnforschung interessiert sich mittlerweile für die Auswirkungen des Meditierens.
Auch wenn die Wissenschaft inzwischen mit zahlreichen Studien belegt, dass regelmäßige Achtsamkeitsmeditationen Angststörungen, Paniksymptome und depressive Verstimmungen reduzieren können, wird hier eigentlich nur das bestätigt, dessen sich jeder bewusst ist, der Erfahrungen mit Meditation und Achtsamkeitsübungen gemacht hat: Meditation hat positive Auswirkungen. Dazu gehören bessere Stressbewältigung, Angstzustände werden reduziert oder damit verbunden die Symptome von Angststörungen wie Phobien, Zwangsstörungen, paranoide Gedanken und Panikattacken.
Beim Umgang mit ADHS sollen Achtsamkeitsmeditationen helfen. Unter dem Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom leiden in Deutschland zwei bis sechs Prozent der Kinder und Jugendlichen. Die Betroffenen können sich schlecht konzentrieren, sind unruhig und impulsiv. Ihr Gehirn läuft konstant auf Hochtouren – oft stehen sie unter großer Anspannung. Statt sich mehr anzustrengen, um sich besser zu konzentrieren, postulieren Forscher, unter anderem der Arizona State University und der Stanford University in der Fachzeitschrift „Trends in Cognitive Sciences“, mentale Entspannungstechniken wie Meditation anzuwenden. Diese könnten die Konzentrationsfähigkeit, allenfalls auch von Menschen mit ADHS, nachhaltig stärken.
Wie die Großen, so die Kleinen
Doch ist Meditation für die Kleinen auch geeignet? Oder reicht es, wenn die Eltern durch Achtsamkeitsübungen entspannt sind und die Ruhe automatisch auf ihre Kinder übertragen?
Für viele ist es kaum vorstellbar, dass ein Kind mit viel Bewegungsdrang, täglichem Neuentdecken und Dazulernen und unter oftmaliger iPad- oder sonstiger Medienbeschallung zum Stillsitzen oder Meditieren zu bewegen ist. Während sich Erwachsene der Herausforderungen im Alltag oft bewusst sind und aktiv Strategien dagegen entwickeln und in ihren Alltag implementieren können, sind Kinder auch Stress und oft Überforderungen im Alltag ausgesetzt – wenn auch oft unbewusst oder kaum merklich.
Gerade die Kleinen können von Achtsamkeitspraktiken profitieren, vor allem dann, wenn sie von ihren Eltern, Lehrern oder Aufsichtspersonen ihren Bedürfnissen und ihres Alters entsprechend herangeführt werden. Dazu gibt es besondere Regeln, die auf die persönliche Entwicklung und Aufmerksamkeitsspanne abgestimmt sind.
Spezielle Regeln: Achtsam und in kleinen Schritten
Für die meisten Erwachsenen ist es kein Problem, eine halbe Stunde lang ruhig zu sitzen oder zu liegen und ihren Geist und Atem zu beobachten. Kindern kann es hingegen schwerfallen, sich auf etwas zu konzentrieren, das sie nicht direkt sehen oder anfassen können. Sie sind es eher gewohnt, Neues zu entdecken, dazuzulernen und vielen Reizen ausgesetzt zu sein, die sie verarbeiten müssen.
Schon deshalb sollten Kinder nicht auf die gleiche Art meditieren wie Erwachsene, auch wenn die Wirkung vom Alter unabhängig ist. Etliche Minuten regungslos dasitzen – gerade jüngeren Kindern kann das äußerst schwerfallen. Deshalb starten die meisten Meditationsarten für Kinder mit kleineren Blöcken von circa fünf Minuten. Auch ist Meditieren nicht „einfach dasitzen und nichts tun“.
Ziel ist, das Denken, das aktive Springen von Gedanke zu Gedanke für den Moment abzulegen. Dazu ist auch Sitzen, Liegen oder Gehen geeignet. Der Geist kann sich beruhigen – paradoxerweise stellt sich durch Fokussierung Entspannung ein. Denn was sich im ersten Moment als lebendig und aktiv anfühlt, also dem Geist aktiv in seiner Sprunghaftigkeit zu folgen, ist am Ende ermüdend und oft aufreibend. Begleitet wird das Meditieren in der Regel durch die Konzentration auf den natürlichen Atem. So verbleiben die Kinder im Hier und Jetzt, hängen nicht in der Vergangenheit fest oder grübeln über Zukünftiges.
Kindgerechte Meditation
Wie für die Großen selbst gilt hier auch für die Kleinen: Schaffe für die Meditation einen ruhigen Raum, in dem eine warme Atmosphäre und Geborgenheit herrscht, das Kind sich wohlfühlt. Gerade im Sommer sind auch ruhige Plätze in freier Natur geeignet. Besonders geeignet dafür sind wohl die ruhigen Morgenstunden, wenn der Tag frisch ist und die Welt erwacht, oder die sanfte Abendstimmung als besinnlicher Ausklang des Tages.
Gerade in der Natur, in der man unvorhergesehene Geräusche, die auch stören oder ablenken können, nicht so gut steuern und reduzieren kann wie im eigenen stillen Kämmerlein, lässt es sich gut üben, sich nicht ablenken zu lassen und diese einfach vorbeiziehen zu lassen.
Vorbereitend auf die Meditation sollten Erwachsene ihr Vorhaben und auch Vorgehen dem Kind erklären. So weiß es, was es erwartet und kann sich besser darauf einlassen. Beim Ritualisieren der Meditation hilft auch die Etablierung eines Anfang-Gongs, beispielsweise mit einer Klangschale oder ein Glas, was mit einem Löffelchen zum Klingen gebracht wird.
Generell gilt: Damit Kinder auch gerne meditieren, muss die Praxis kindgerecht sein und auch Spaß machen. Dafür hat das Portal „Eltern“ entsprechende Meditationsarten zusammengestellt.
Fantasie-, Märchen- oder Traumreisen sind imaginative Verfahren, die als Geschichten erzählt werden. Das ist eine kindgerechte Meditation, die sich auch besonders vor dem Einschlafen eignet. Dabei stellt sich der Zuhörer innere Bilder zu den Texten vor, in die möglichst viele angenehme Sinneseindrücke eingebaut sind. Ideal ist, wenn dabei alle Sinne angesprochen werden: etwa der Geruch eines Maiglöckchens oder einer Rose oder der Geschmack von Erdbeeren, das Kitzeln von Sonnenstrahlen auf der Haut oder die Erinnerung an einen Windhauch, der durchs Haar streift. Oder der Klang von Vogelgezwitscher. Ritualisierter Anfangs- und Schlussakkord könnte der erwähnte Gong sein, mit dem man eine Traumreise eröffnet und auch schließt.
Den Sinnen volle Aufmerksamkeit schenken
Meditation mit Steinen: Hierbei kann das Kind beispielsweise bei einem Spaziergang einen Stein auswählen, mit dem man sich dann in „Klausur“ begibt. Eltern können ihre Kleinen mit Fragen durch die sinnliche Assoziationswelt führen: Wie fühlt sich der Stein in der Hand oder auf der Haut an? Was ändert sich, wenn der Stein fester mit der Hand umschlossen wird? Ist es warm oder wird er wärmer? Piekt oder reibt etwas an der Oberfläche des Steines? Hat der Stein einen Geruch? Erinnern der Stein oder die Sinneseindrücke an etwas? Warum hat das Kind gerade diesen Stein ausgewählt? Der Stein und die damit verbundenen Sinneseindrücke lassen das Kind Zugang finden und Vertrauen geben, Gefühle bei sich wahrzunehmen und zu äußern.
Bewusstes Atmen: Was ohnehin Bestandteil von Achtsamkeitsübungen und Meditation ist, kann man als separate Kindermeditation machen. Es gilt als besonders beruhigende Meditationsart. Auch hierbei ist eine verbalisierte Anleitung hilfreich und unterstützt das Kind.
Eine weitere Art des kindgerechten Meditierens ist auch das Ausmalen von Mandalas: Dabei handelt es sich um eine einfache Übung, die zudem viele Kinder bereits kennen. Dabei braucht es gar nicht viele Materialien: lediglich ein Mandala zum Ausmalen und Stifte oder andere Farben.
Mit gutem Beispiel voran
Damit die Meditation funktioniert und auch Spaß macht, sollte man Kinder nicht durch eine zu lange Dauer überfordern. Fünf Minuten zum Eingewöhnen können reichen, es sei denn, das Kind signalisiert beispielsweise bei einer Traumreise, dass es Verlängerung möchte.
Auch die vorherige Erklärung, was passieren wird, kann hilfreich sein, damit sich ein Kind auf eine Meditation einlässt und diese mit Spiel und Spaß verbindet. Da Kinder vor allem nachahmen beziehungsweise durch Nachahmen lernen, ist es sinnvoll, dass der Erwachsene mit gutem Beispiel vorangeht. Und die wohl wichtigste Regel: auf die Bedürfnisse des Kindes eingehen und nicht zu viel erwarten.
So kann Meditation im Alltag zum Pausenknopf werden und gleichzeitig eine schöne Abwechslung sein, die für Entspannung und Stressreduktion sorgt, die Überforderung lindert und Aufmerksamkeitsprobleme reduziert.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion