Ehemaliger NDR-Intendant und ein NDR-Chefreporter fordern Rücktritt der aktuellen Geschäftsleitung
Wer in Norddeutschland wohnt, wird den Namen Jobst Plog schon mal gehört haben. Der inzwischen 82-jährige Jurist war 17 Jahre lang Intendant des Norddeutschen Rundfunks von 1991 bis 2008. Außerdem war der frankophile Hannoveraner maßgeblich an der Gründung des deutsch-französischen Kulturkanals „ARTE“ beteiligt und war dessen erster deutscher Präsident.
Im NDR hatte sich Plog einen Namen gemacht als „rhetorisch begabter, der öffentlich-rechtlichen Aufgabe verpflichteter Pragmatiker […], der hartes Management, ein Gespür für politische Machtverhältnisse und den Anspruch nach Unabhängigkeit in der Programmgestaltung zu verbinden wusste.“ So steht es im Munzinger-Onlinelexikon über Plog.
Als Intendant war es ihm gelungen, den parteipolitischen Einfluss in Rundfunk-Gremien des NDR und bei der Besetzung von Führungspositionen sukzessive aufzuheben. Dies nur zur Einleitung, um zu erklären, was für ein Gewicht die Wortmeldung von Jobst Plog im öffentlich-rechtlichen System besitzt.
Die multiplen Krisen des NDR
Mittlerweile verbringt Plog einen Großteil seiner Zeit in Südfrankreich. Doch die multiplen Krisen, die der NDR durchmacht, sind nicht an ihm vorbeigegangen. In der letzten Woche fanden sie ihren vorerst tiefsten Punkt mit der Veröffentlichung eines internen Untersuchungsberichts zur Arbeitsatmosphäre.
Der „Klimabericht Norddeutscher Rundfunk“ zeigt auf, wie desolat Stimmung und Verhältnisse im zweitgrößten ARD-Sender (nach dem WDR) sind. Viele Mitarbeiter haben der Geschäftsführung das Vertrauen gekündigt.
Plog: vom Bericht „wirklich erschrocken“
Jobst Plog war von dem Bericht „wirklich erschrocken“. In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ erklärte er: „Ich fand schon den Weg dahin etwas besonders – denn zu erkunden, wie die Stimmung, wie das Klima im eigenen Haus ist, das ist doch die alltägliche Aufgabe von Führung. Ich erinnere mich nicht, dass ich dafür eines Gutachtens bedurft hätte. Und das zweite Erschreckende ist der Inhalt dieses Gutachtens, der eklatante Führungsmängel aufzeigt.“
Der Tenor des „Klimaberichts“ schwankt zwischen deutlicher Kritik und versöhnlichen Worten. Für Plog ein bisschen zu viel Happy End in Anbetracht der Lage.
NDR: Gegenseitiges Misstrauen und Konflikte
Der Bericht legte unter anderem offen, dass die kollegialen Beziehungen im NDR stellenweise deutlich von gegenseitigem Misstrauen und Konflikten geprägt sind. Es gebe Tendenzen der Folgsamkeit, der gefühlten Unmündigkeit bis hin zu Grundformen der Angst.
NDR-Intendant Joachim Knuth hat nach Erhalt des Berichts einen Kulturwandel angekündigt, doch Jobst Plog fragt sich, ob ein glaubhafter Neuanfang mit der aktuellen Geschäftsführung überhaupt möglich ist:
„Führungskräfte sagen ja immer, dass sie Führungskräfte sind, weil sie bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Aber das muss sich dann auch mal in Realität umsetzen. Und ich weiß nicht, wie das hier geschehen soll, wenn dieselben Leute, denen gestern noch eklatante Mängel bescheinigt wurden, morgen anfangen sollen, an der Beseitigung dieser Mängel zu arbeiten. Das ist zwar menschlich sympathisch, aber nicht sehr überzeugend im Ansatz.“
Über Rücktritt des Führungspersonals nachdenken
Geschäftsführung und Aufsichtsgremien müssten sich jetzt mit einem Rücktritt des Führungspersonals beschäftigen, erklärte Plog. Wenn es zu einem anderen Ergebnis käme, müsste das gegenüber den Mitarbeitern und den Gebührenzahlern gut begründet werden, so Plog weiter.
Christoph Lütgert, ehemaliger NDR-Korrespondent und erster Reporter beim ARD-Politik-Magazin „Panorama“, wird noch deutlicher in der „Hamburger Morgenpost“. Er spricht von „überbezahlten Damen und Herren“, die ein großartiges System vor die Wand fahren würden und sich auch noch eine goldene Nase daran verdienten.
„Geradezu alberne Performance, wie toll doch alles laufe“
Als Beispiel dafür, dass die Geschäftsführung des NDR offenkundig kein Problembewusstsein besitzt, nennt der ehemalige Chefreporter eine interne Veranstaltung wenige Tage vor Veröffentlichung der Untersuchung. Auf dieser hätten Programmdirektorin Katja Marx und Direktor Frank Beckmann sich „gegenseitig belobigt in einer geradezu albernen Performance, wie toll doch alles unter ihnen laufe“.
Der Klimabericht sei für beide verheerend ausgefallen.
Lütgert schließt seinen Kommentar mit einer Aufforderung an die Belegschaft des NDR, jetzt entschlossen nachzusetzen. Sie müssten zeigen, dass sie nicht mehr bereit seien, zur Tagesordnung überzugehen, sollten die da oben weiter an ihren höchstbezahlten Posten kleben.
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