EDEKA-Einzelhändler gehen auf Distanz zu Anti-AfD-Inserat
Eine jüngst erschienene Anzeige des Einzelhändler-Unternehmensverbundes EDEKA anlässlich der bevorstehenden Landtagswahlen hat mittlerweile Irritationen in den eigenen Reihen ausgelöst. Vor wenigen Tagen hatte die Handelskette einen ganzseitigen Aufruf in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und in der Wochenzeitung „Die Zeit“ veröffentlicht. Auch in sozialen Netzwerken war er zu finden.
In wenig missverständlicher Weise positionierte sich Edeka in der Anzeige gegen die AfD. Die Überschrift „Warum bei EDEKA Blau nicht zur Wahl steht“ bezog sich auf deren Parteifarbe. Die Anzeige bildet zahlreiche Obst- und Gemüsesorten in verschiedenen Farben ab. In der Obst- und Gemüseabteilung, so heißt es dazu, „herrscht die bunte Vielfalt“.
Blau in der Biologie
Ausnahme: die Farbe Blau. Diese sei „ein Warnhinweis der Natur“, heißt es im Text weiter. Blaue Lebensmittel signalisierten: „Achtung! Ich könnte unverträglich sein.“
Ob das Ergebnis des Ausflugs der PR-Abteilung der Edeka-Gruppe in der Biologie inhaltlich in dieser Pauschalität haltbar ist, bleibt fraglich. Für nicht wenige Menschen stellen Früchte, die durch als Anthocyane bezeichneten Pflanzenfarbstoffe eine Blaufärbung erhalten, einen wichtigen Bestandteil basischer Ernährung dar.
Die Verantwortlichen für die Anzeige bleiben dennoch dabei:
Die Evolution hat uns gelehrt: Blau ist keine gute Wahl.“
Gemünzt auf die mit blauer Parteifarbe auftretende AfD heißt es weiter: „In Deutschland sind die Blauen schon heute die größte Bedrohung einer vielfältigen Gesellschaft.“
In wie vielen EDEKA-Läden nun tatsächlich Heidelbeeren, Brombeeren, Pflaumen, Trauben oder Feigen nicht mehr verkauft werden, ist unbekannt. Eine Aubergine und Rotkohl, der regional auch als „Blaukraut“ bezeichnet wird, waren ungeachtet des Textes in der Mitte auch in der Anzeige abgebildet gewesen.
Mehrere Betreiber von Filialen distanzieren sich
Unter Kunden fand die Kampagne ein geteiltes Echo. Kritisch äußerten sich nicht nur deklarierte Anhänger der vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuften Partei. Unmut äußerten auch Personen, die es grundsätzlich als befremdlich wahrnahmen, von einer Handelskette für Güter des täglichen Bedarfs politische Handreichungen zu erhalten.
Mittlerweile gehen auch Marktleiter auf Distanz. So beispielsweise im E-Center in Bernburg an der Saale, das erst seit 2023 besteht und vor Ort erheblicher Konkurrenz im Einzelhandel ausgesetzt ist. Auf Facebook erklärt Marktleiter Heiko Grunert:
Aus gegebenem Anlass möchte ich hiermit klarstellen, dass wir als Unternehmen zu jeglichen politischen Themen KEINE Stellung beziehen! Wir verstehen uns als Lebensmittel-Supermarkt und nicht als politische Plattform!“
Warum sich die EDEKA-Zentrale mit solchen Beiträgen zu den anstehenden Wahlen äußere, könne er „persönlich nicht nachvollziehen“ und er lehne dies ab.
Auch Filialen in Zerbst, Aschersleben, Halberstadt oder Bockau äußerten Distanzierungen.
Mehrfach für Kontroversen gesorgt
Die EDEKA-Gruppe war im Laufe der vergangenen Jahre mehrfach durch politische Stellungnahmen aufgefallen – deren Nutzen fraglich blieb, die allerdings Unruhe in der Kundschaft herbeiführten.
Im Jahr 2019 etwa hieß es in einem Spot zum Muttertag: „Mama, danke, dass du nicht Papa bist.“ Dies wurde von manchen als herabwürdigend wahrgenommen.
Im Jahr 2022 verwendete das Verteidigungsministerium der Ukraine ungefragt eine Werbefigur von EDEKA für Kriegspropaganda. Dies erfolgte ohne Wissen und Zustimmung des Konzerns. Dieser hatte zuvor selbst das eigene „Ice Snack Sandwich Moskauer Art“ demonstrativ durch die Bezeichnung „Kiewer Art“ ersetzt. Dies solle ein Zeichen der „Solidarität mit der Ukraine“ angesichts des Krieges mit Russland sein.
Erst Anfang des Jahres sah sich EDEKA-Kaufmann Peter Simmel zu einem Rückzieher genötigt. Er hatte sich mit bundesweiten Massendemonstrationen durch eine Aufschrift „Für Demokratie – Gegen Nazis“ auf dem wöchentlichen Prospekt solidarisiert. Vor allem in den neuen Bundesländern reagierten Kunden erbost: Sie verstanden die Aufschrift als Versuch der Delegitimierung von Regierungskritik.
Realität und Selbstbild
Die tägliche Praxis bei EDEKA ist unterdessen selbst nicht immer so woke und an Vielfalt orientiert, wie die Marketingabteilung es aufseiten der Händler vorauszusetzen scheint. Im Jahr 2020 sorgte eine regionale Kampagne mit dem Titel „Essen hat einen Preis verdient: den niedrigsten“ für Proteste von Bauern und der damaligen Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner.
Der Vorwurf: Die Botschaft des doppeldeutigen Spots – er erschien schwerpunktmäßig in Essen – verherrliche das Verramschen hochwertiger Nahrungsmittel.
Ebenfalls 2020 nahm es ein EDEKA-Kaufmann in Hamburg mit dem Bekenntnis zur Vielfalt nicht so genau. Seine Ansage an eine 16-jährige Schülerin, ihr nur unter der Bedingung ein Praktikum zu ermöglichen, dass diese ihr Kopftuch ablege, endete vor Gericht. EDEKA musste eine Entschädigung wegen Diskriminierung leisten.
In sozialen Medien wird mehrfach auch auf die Geschichte der „Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler“ (so der ursprüngliche Name der EDEKA-Gruppe) hingewiesen – insbesondere deren angepasstes Gebaren in der Zeit des Nationalsozialismus. Aber auch in der Gegenwart stößt deren Geschäftspraxis nicht überall auf Beifall. Die NGO Oxfam attestierte EDEKA im Jahr 2022 die schlechteste Bilanz bei der Beachtung von Menschenrechten innerhalb der Lieferkette – unter allen getesteten deutschen Handelsketten.
Und wenn du die so super findest: pic.twitter.com/eYv3PjD3Fr
— @pixelpink (@pixelpink) August 30, 2024
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion