Duisburg: Nur noch 8,2 Prozent der Vorschüler mit Migrationshintergrund sprechen gutes Deutsch

Die Schuleingangsuntersuchungen an 4000 angehenden Grundschülern in Duisburg und 31 000 in Berlin haben gravierende Defizite bei Sprache, Motorik, Kognition und Verhalten offenbart. Der Chef des Landesintegrationsrates NRW will gleich Türkisch statt Englisch unterrichten lassen.
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Die Lehrerin Ina Orbitz (M.) führt eine Gruppe in die „Willkommensklasse“ für Migranten- und Flüchtlingskinder in der Leo-Lionni-Schule im Januar 2016 in Berlin.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 8. Februar 2019

Deutschkenntnisse als Ausnahmeerscheinung, motorische und kognitive Mängel, Verhaltensauffälligkeiten: Es waren nicht einmal gezielte Bildungsberichte, sondern solche zum Gesundheitszustand von Grundschülern in Duisburg und Berlin, die eine eigentümliche Bilanz der Bildungs- und Einwanderungspolitik der letzten Jahre zutage förderten.

Wie „Focus online“ berichtet, haben das Gesundheitsamt Duisburg und die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung in Berlin 4000 angehende Grundschulkinder in Duisburg und 31 000 in Berlin im Zuge der Eingangsuntersuchung auf mögliche Problemfaktoren getestet.

Das Ergebnis förderte unter anderem zutage, dass nur noch 8,2 Prozent der Kinder, die im kommenden Schuljahr eingeschult werden sollen, fehlerfrei die deutsche Sprache beherrschen. Demgegenüber weisen 29,8 Prozent der Untersuchten erhebliche Mängel auf, bei 30,1 Prozent kann man gleichsam von gar nicht vorhandenen Deutschkenntnissen ausgehen. Insgesamt liegt der Anteil der angehenden Grundschüler in Duisburg, die gar kein Deutsch können, bei 16,4 Prozent, schreibt die „Rheinische Post“.

Duisburg-Hochfeld: 87,9 Prozent der Einwandererfamilien sprechen zu Hause kein Deutsch

Ralf Krumpholz, Beigeordneter der Stadt für Integration, Sport und Gesundheit, Verbraucherschutz und Feuerwehr, wird den Bericht in seiner kommenden Sitzung dem Gesundheitsausschuss der Stadt vorlegen. Er führt die Entwicklung auf starke Einwanderungsbewegungen während der letzten Jahre zurück, wobei Neuankömmlinge aus Rumänien und Bulgarien mit fast 20 000 Personen seit 2013 den Löwenanteil stellen.

Das Verhältnis zwischen Haushalten aus Einwanderercommunitys, in denen vorwiegend Deutsch gesprochen werde, und jenen, in denen dies nicht der Fall war, lag im Jahr 2017 bei jeweils etwa 50 Prozent. In einzelnen Bezirken wie Hochfeld (87,9 Prozent), Bruckhausen (87,5 Prozent) und Marxloh (74,4 Prozent) ist der Anteil an Migrantenfamilien ohne Deutsch als Erstsprache besonders hoch. Nur in einigen Bezirken am Rande der Stadt ist der Anteil an Kindern mit einer anderen Erstsprache als Deutsch noch unter 20 Prozent.

Die Sprachprobleme hätten, so die Rheinische Post weiter, die Dauer der Untersuchungen verzögert, weil sie eine Kommunikation der Ärzte mit den Eltern erschwerten.

Deutlich höherer Anteil an Verhaltensauffälligkeiten

Doch nicht nur die Mängel im Spracherwerb ließen Unwägbarkeiten mit Blick auf den bevorstehenden Schuleintritt erkennen. Auch der Anteil der Kinder, bei denen Probleme in der Motorik oder in kognitiven Bereich festgestellt wurden, stieg innerhalb der letzten sieben Jahre von etwa 20 auf rund 27 Prozent. Verhaltensauffälligkeiten seien sogar deutlich im Vormarsch. Wurden solche 2009 noch bei 5,6 Prozent festgestellt, waren es 2017 bereits 14,2 Prozent.

Das Spektrum reichte dabei von Aggressivität über Leistungsverweigerung bis hin zu extremer Zurückgezogenheit. Dem Bericht zufolge sind Kinder ohne Migrationshintergrund mit 15,6 zu 12,3 Prozent sogar noch stärker von Verhaltensauffälligkeiten betroffen als Einwandererkinder. Auch im Vergleich zum Gesamtdurchschnitt von NRW, wo es 2015 noch landesweit 8,9 Prozent waren, liegt die Rhein-Ruhr-Metropole deutlich darüber.

In Berlin fiel das Ergebnis nicht wesentlich anders aus, hier sprachen 20,1 Prozent der angehenden Grundschulkinder mit Migrationshintergrund die Landessprache nur fehlerhaft, 14 Prozent überhaupt nicht. Gegenüber den Verhältnissen bei den Eltern, deren Sprachkenntnisse ebenfalls abgefragt wurden, stellt dies jedoch einen deutlichen Aufwärtstrend dar: Wie der „Focus“ berichtet, sprachen 71,1 Prozent der Väter und 53,9 Prozent der Mütter kein Deutsch.

Bezüglich der Auffälligkeiten in der motorischen und körperlichen Entwicklung ist die Situation in Berlin jedoch noch drastischer: So weisen bereits 28,7 Prozent der Schuleinsteiger Defizite bei der Körperkoordination auf, 31,3 Prozent bei feinmotorischen Tätigkeiten und 35 Prozent in der kognitiven Entwicklung.

Keltek: „In Muttersprache und Deutsch unterrichten“

Auch die Vervollständigung einfacher Strichzeichnungen oder eine Einordnung von Mengenverhältnissen fiel einer Vielzahl an angehenden Schülern schwer. Immerhin sind sie aber medienaffin: So gaben 25,1 Prozent der untersuchten Kinder an, ein eigenes elektronisches Gerät zu besitzen, was gegenüber 2016 ein Plus von knapp 16 Prozent darstellt.

Der Vorsitzende des Landesintegrationsrats von NRW, Tayfun Keltek, möchte nun aus der Not eine Tugend machen und den bereits von Schuleintritt an erteilten Englischunterricht durch die am häufigsten benutzten Einwanderersprachen Türkisch, Polnisch und Russisch ersetzen.

„Etwa ein Drittel aller Kinder in NRW hat einen Migrationshintergrund“, erklärt Keltek dem Kölner Stadt-Anzeiger. „Sie sprechen zum Beispiel türkisch, russisch, polnisch. Für die deutschen Kinder wäre es einfacher, sie würden diese Sprachen erlernen. Und die Kinder mit Migrationshintergrund hätten mehr Zeit, sich auf das Deutsche zu konzentrieren.“

Die meisten Kinder mit Migrationshintergrund wachsen zweisprachig auf. Es wäre deshalb „besser, die Kenntnisse in der Muttersprache und in Deutsch zu vertiefen, dann fällt ihnen später auch das Englische leichter.“



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