Druck auf Scholz: Untersuchungsausschuss zur Cum-Ex-Affäre startet
In Hamburg befasst sich bereits seit 2020 ein Untersuchungsausschuss mit der sogenannten Cum-Ex Steuergeldaffäre. Dort hat sich der frühere Regierende Bürgermeister und heutige Bundeskanzler Olaf Scholz bereits zweimal den Fragen der Abgeordneten gestellt. Nun will die Unionsfraktion auch im Bundestag einen U-Ausschuss erzwingen – und Scholz bezüglich seiner Rolle befragen, mit Blick auf einen Steuererlass zugunsten der Warburg Bank. Am Donnerstag, 20.4., will die Union den Untersuchungsausschuss auf den Weg bringen.
Bundes-Untersuchungsausschuss befasste sich schon einmal mit Cum-Ex
In Hamburg hat sich der Bürgerschaftsausschuss einen allgemeiner gefassten Auftrag gesetzt. Er will klären, „warum der Hamburger Senat und die Hamburger Steuerverwaltung bereit waren, Steuern in Millionenhöhe mit Blick auf Cum-Ex-Geschäfte verjähren zu lassen“. Außerdem will er eruieren, „inwieweit es dabei zur Einflussnahme zugunsten der steuerpflichtigen Bank und zum Nachteil der Hamburgerinnen und Hamburger kam“.
Auch der Bundestag hatte bereits in der Legislaturperiode von 2013 bis 2017 einen Untersuchungsausschuss zu Cum-Ex eingesetzt. Damals ging es jedoch vor allem um die Ursachen der Entstehung dieser Geschäfte. Man wollte zudem klären, inwieweit der Bund rechtzeitig Gegenmaßnahmen hätte treffen können und ob dies in ausreichendem Maße geschehen sei.
Diesmal soll es im Untersuchungsausschuss des Bundestages jedoch spezifisch um die Rolle von Olaf Scholz gehen. Der Ausschuss soll klären, welchen Einfluss er ausgeübt habe bezüglich des Verzichts auf fällige Steuerrückzahlungen vonseiten der Warburg Bank. Zudem soll er der Frage nachgehen, ob Scholz dazu „bisher die Wahrheit gesagt“ habe.
De Masi wirft Scholz widersprüchliche Angaben vor
Erst vor wenigen Tagen warf der frühere Bundestagsabgeordnete der Linken, Fabio de Masi, dem Kanzler „widersprüchliche“ Aussagen zu Cum-Ex vor. Diese seien unter anderem gefallen, als Scholz sich 2020 im Finanzausschuss des Bundestages zu der Problematik geäußert hatte. Scholz war zum damaligen Zeitpunkt Bundesfinanzminister.
Scholz sei damals über ein Treffen mit dem Gesellschafter der Warburg Bank, Christian Olearius, befragt worden. Dieser habe daraufhin erklärt, er könne sich „zu Gesprächsinhalten aufgrund des Steuergeheimnisses nicht äußern“.
In einer weiteren Sitzung am 1. Juli 2020 habe Scholz geäußert, bei dem Treffen mit Olearius am 10. November 2017 nur „passiv zugehört“ zu haben. Am 9. September 2020 habe er bei einer dritten Ausschusssitzung hingegen Erinnerungslücken geltend gemacht.
Insgesamt soll Scholz in den Jahren 2016 und 2017 dreimal mit Vertretern des Geldinstituts zusammengetroffen sein. Allerdings habe er sich auch vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss an keine Details mehr erinnern können.
Weiterer Steuererlass für Warburg wäre denkbar gewesen
Der Bundesgerichtshof hat das Modell „Cum-Ex“, eine Form des sogenannten Dividendenstrippings, im Jahr 2021 als Modell der strafbaren Form der Steuerhinterziehung eingestuft. Es sollte durch das Verschieben von Wertpapieren ein Anspruch auf Rückerstattung tatsächlich noch nicht entrichteter Kapitalertragsteuern gegen den Staat entstehen.
Gerichte haben mehrere Beteiligte bereits – teilweise rechtskräftig – zu Freiheitsstrafen verurteilt. Die Affäre gilt als größter Steuerskandal in der Geschichte der Bundesrepublik und dürfte noch über Jahre Folgeprozesse nach sich ziehen. Dem deutschen Staat soll durch das Modell ein zweistelliger Milliardenbetrag entgangen sein.
Die in Hamburg ansässige Warburg Bank soll Teil des Cum-Ex-Systems gewesen sein. Dennoch hatte der Senat der Hansestadt dem Bankhaus im November 2016 eine Steuerschuld in Höhe von 47 Millionen Euro erlassen. Im Jahr darauf hat die Hamburger Steuerverwaltung erst infolge einer Intervention des Bundesfinanzministeriums eine weitere Rückzahlung über 43 Millionen Euro eingefordert. Zum damaligen Zeitpunkt war Olaf Scholz als Erster Bürgermeister das Oberhaupt der Verwaltung in Hamburg.
Scholz bestreitet Treffen nicht – will aber nichts mehr über deren Inhalt wissen
Der Bundeskanzler weist kategorisch alle Behauptungen von sich, auf das Warburg-Steuerverfahren in irgendeiner Weise Einfluss genommen zu haben. Zudem sei der Stadt Hamburg kein finanzieller Schaden in dieser Sache entstanden, so Scholz. Warburg habe die zurückgeforderten Beträge später beglichen.
Transparency International zweifelt die Aussagen des Kanzlers an. Deren Finanzexperte Stephan Ohme wies darauf hin, dass Scholz „ein ausgewiesener Fachmann“ in diesen Themen sei. Er „wusste um die Bedeutung der Frage, der Warburg-Bank eine Steuerschuld aus ‚Cum-Ex‘-Geschäften in Millionenhöhe zu erlassen“.
Im Zuge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den damaligen Warburg-Chef Olearius tauchten Tagebucheinträge des Bankmanagers auf. Diese deuteten auf einen intensiven Austausch mit der Steuerverwaltung hin – und auf zwei Treffen sowie ein Telefonat mit Scholz. Dieser räumt die Treffen ein, die sich auch aus eigenen Aufzeichnungen der Hamburger Senatskanzlei nachvollziehen ließen. Allerdings will er an die Termine keine konkrete Erinnerung mehr haben.
Wähler am Thema zwar interessiert – andere Fragen jedoch bedeutsamer
Inwieweit der Untersuchungsausschuss tatsächliche neue Erkenntnisse über Scholz‘ Gebaren im Zusammenhang mit der Warburg-Steueraffäre liefern wird, ist ungewiss. Für die Union bedeutet er jedoch eine willkommene Gelegenheit, das Thema potenziell bis zum Ablauf der Legislaturperiode in der Öffentlichkeit zu halten.
Damit könnten offene Fragen um Scholz und dessen Einfluss auf den Steuererlass für das Bankhaus auch noch im Bundestagswahlkampf 2025 zur Sprache kommen. Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung eine transparente Aufklärung der Cum-Ex-Affäre und eine Überprüfung der Entscheidungen der damaligen Verantwortlichen fordern.
Auch der Frage nach der Involvierung von Olaf Scholz in den Steuererlass zugunsten der Warburg Bank messen Wähler eine gewisse Bedeutung bei. Viele von ihnen halten Olaf Scholz in diesem Kontext auch für unglaubwürdig. Allerdings liegt der Stellenwert des Themas im Vergleich zu anderen wie der Wirtschaftslage oder der Klimapolitik eher im Hintergrund.
(Mit Material von AFP)
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