Dritte Cum-Ex-Befragung: Scholz erneut mit Erinnerungslücken vor Untersuchungsausschuss

Zum dritten Mal musste Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beim Hamburger Cum-Ex-Untersuchungsausschuss aussagen. Auch dieses Mal verwies er auf Erinnerungslücken.
Titelbild
Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte) am 6. Dezember 2024 in Hamburg als Zeuge zur Cum-Ex-Steuergeldaffäre vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Hamburger Parlaments.Foto: Rommy Hartmann/AFP über Getty Images
Von 7. Dezember 2024

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat erneut jede politische Einflussnahme auf den Steuerfall der in den Cum-Ex-Skandal verstrickten Hamburger Warburg Bank zurückgewiesen. Gleiches gelte für die Cum-Ex-Geschäfte bei der ehemals staatlichen HSH Nordbank, sagte der frühere Bürgermeister der Hansestadt bei seinem dritten Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zum Cum-Ex-Betrugsskandal.

Ursprünglich hatte der Ausschuss nur eine mögliche politische Einflussnahme auf den Steuerfall der in den Skandal verstrickten Hamburger Warburg Bank untersucht. Ende 2022 war der Untersuchungsauftrag auf weitere „Cum-Ex“-Fälle wie bei der HSH Nordbank erweitert worden.

An vielen Stellen verwies Scholz bei der dritten Befragung erneut auf Erinnerungslücken.

In einer kurzen Stellungnahme zu Beginn der Ausschusssitzung sagte Scholz, der Sachverhalt sei „umfassend aufgeklärt“. „Es hat keine politische Einflussnahme im Fall Warburg gegeben.“ Der Zwischenbericht des Untersuchungsausschusses sei hier zu einem „eindeutigen Ergebnis“ gekommen.

Bei einer vorherigen Aussage habe Scholz vor dem Ausschuss wortgleich geantwortet wie rund zehn Monate zuvor im Finanzausschuss des Bundestages. Daher stand der Verdacht im Raum, dass Scholz das Protokoll der eigentlich damals als geheim eingestuften Finanzausschusssitzung vorgelegen hatte, berichtet die „F.A.Z.“.

Jetzt im Ausschuss darauf angesprochen habe Scholz geantwortet: „Weiß ich nicht“, berichtet das Medium. Ob er sich an ein Hintergrundgespräch damals mit Journalisten zu dem Thema erinnern könne? „Nö“. Und ebenfalls, ob er eine Kopie des Protokolls der Sitzung damals bekommen habe, sei ihm nicht mehr erinnerlich: „Weiß ich auch nicht“, so die „F.A.Z.“.

Keine Ermittlungen – kein Bußgeld

Auch im Umgang mit der HSH Nordbank gestand Scholz keine Fehler ein, berichtet die „F.A.Z.“.

Der Vorwurf gegenüber der HSH Nordbank, damals Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein, lautet, sie hätte sich zwischen 2008 und 2011 in 29 Fällen Kapitalertragssteuern erstatten lassen, die jedoch zuvor gar nicht gezahlt worden wären. Im Jahr 2014 soll sie dann rund 126 Millionen Euro an die Steuerbehörde zurückgezahlt haben.

Hier prüft der parlamentarische Untersuchungsausschuss, ob der Hamburger Senat unter Scholz ausreichend gegen illegale Steuertricks der ehemals staatlichen HSH Nordbank vorging. Denn strafrechtliche Ermittlungen gab es nie und auch ein Bußgeld wurde nie verhängt.

Selbst ein damaliger Mitarbeiter der Bank habe sich vor dem Untersuchungsausschuss erstaunt darüber gezeigt, dass damals kein Bußgeld gegen die Bank verhängt wurde, schreibt die „F.A.Z.“ weiter.

Auf die Frage, ob mit der HSH Nordbank über eine Möglichkeit eines Bußgelds gesprochen worden sei, sagte Scholz „Ich kann mich nicht erinnern“, berichtet die Zeitung.

In seiner Stellungnahme vor dem Ausschuss erklärte er: Steuerhinterziehung und Steuerbetrug seien „keine Bagatelldelikte, sondern schwere Straftaten“ und zudem unsolidarisch. „Mein ganzes politisches Leben habe ich mich für ein gerechtes Steuersystem eingesetzt“, sagte Scholz. Für ihn sei klar, Steuerhinterziehung und Gestaltungsmodelle wie Cum-Ex oder Cum-Cum „gehören konsequent aufgeklärt und verfolgt“.

Prominente Zeugen vor Untersuchungsausschuss

Nach Scholz sollten noch weitere amtierende und ehemalige Regierungsvertreter als Zeugen vernommen werden, etwa der frühere Finanzsenator und heutige Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sowie Ex-Finanzsenator Wolfram Peiner (CDU). Aus Schleswig-Holstein sollten der frühere Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) und die ehemalige Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) gehört werden.

Die Warburg Bank hatte über Jahre mit illegalen Aktiengeschäften (Cum-Ex) den Fiskus an der Nase herumgeführt und zu Unrecht Steuergutschriften erhalten. 2016 hatte das Hamburger Finanzamt für Großunternehmen 47 Millionen Euro, die aus den illegalen Finanzgeschäften stammten, zunächst von der Bank zurückgefordert.

Dann kam es zum Treffen zwischen Warburg-Vorstand Christian Olearius und Scholz. Plötzlich änderte die Hamburger Finanzverwaltung überraschenderweise ihre Meinung, und die Bank durfte die 47 Millionen Euro zunächst behalten. Inzwischen hat Warburg alle Gutschriften aus den Cum-Ex-Geschäften zurückgezahlt.

Immer wieder hat Scholz zurückgewiesen, dass er damals Einfluss auf die Finanzbehörde genommen hätte. An Treffen mit den Gesellschaftern der Bank, Christian Olearius und Max Warburg, 2016 und 2017, konnte Scholz sich zunächst nicht erinnern. Später gestand er die Treffen ein.

Nach den ersten Treffen im Rathaus hatte Scholz den Bankern laut Aussage von Olearius empfohlen, ein Schreiben an Tschentscher zu schicken, in dem die Bank die Rückforderung von 47 Millionen Euro zu Unrecht erstatteter Kapitalertragssteuer als ungerechtfertigt dargestellt hatte.

„Bitte um Informationen zum Sachstand“

Tschentscher hatte das Schreiben mit der „Bitte um Informationen zum Sachstand“ an die Finanzverwaltung weitergereicht, wo man sich kurze Zeit später entgegen ursprünglichen Plänen entschloss, die Forderung in die Verjährung laufen zu lassen. Auch eine Forderung über 43 Millionen Euro wurde ein Jahr später erst kurz vor Eintritt der Verjährung und auf Anweisung des Bundesfinanzministeriums erhoben.

Tschentscher hatte die Weiterleitung des Schreibens vor dem Ausschuss bestätigt. Den Vorwurf einer Einflussnahme bezeichnete er aber als „haltlos“. Scholz erklärte, er kann sich an den Inhalt der Gespräche nicht mehr erinnern und bestreitet ebenfalls jede Einflussnahme.

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)



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