Dr. Saskia Ludwig: Zeit für eine ehrliche Pandemie-Aufarbeitung
Unter dem Motto „Aufarbeitung der Pandemie. Was wäre der richtige Weg?“, hatte Dr. Saskia Ludwig (CDU) am 16. November in die Villa Adlon am Lehnitzsee in Potsdam zu einer Podiumsdiskussion geladen. Die Unternehmerin, die Mitglied des Brandenburger Landtags und des dortigen Corona-Untersuchungsausschusses ist, sieht die Corona-Maßnahmen der Regierung durchaus kritisch und sieht die Notwendigkeit einer Aufarbeitung. Der volle Saal zeigte, wie groß das Interesse an diesem Thema ist.
Geladen als Podiumsteilnehmerin war unter anderem die Berliner Publizistin und Unternehmerin Silke Schröder. Sie äußerte, dass sie selbst auf mehreren Corona-Demonstrationen war und dadurch viel an Glauben in „unsere“ staatlichen Institutionen verloren habe.
„Ich war bei einer Demonstration, wo Menschen mit Kindern auf den Schultern und Friedensfahnen standen und sich Wasserwerfern gegenübersahen, die gegen sie eingesetzt wurden.“ Das sei etwas, was nicht mal bei den [oftmals gewalttätigen linksextremistischen] Protesten zum 1. Mai in Berlin in der Regel vorkäme.
„Politik löste politische und gesellschaftliche Vertrauenskrise aus“
Die Corona-Maßnahmen hätten in ihren Augen in Deutschland nicht nur eine fundamentale politische Vertrauenskrise, sondern auch eine gesellschaftliche Vertrauenskrise ausgelöst. Menschen hätten ihre Nachbarn denunziert, weil sie sich hinter verschlossenen Türen mit Freunden trafen. Auch hätte es Familien gegeben, die engste Verwandte zu Weihnachten ausluden, weil sie meinten, dass sie damit die zulässige Höchstzahl an Teilnehmern unterm Weihnachtsbaum sonst überschritten hätten.
Sie berichtete von alten Menschen, die in Seniorenheimen und Krankenhäusern jämmerlich allein gelassen starben, angeblich zu ihrem eigenen Schutz.
Dies alles seien Symptome einer entmenschlichten Gesellschaft, um deren Aufarbeitung es jetzt gehen müsse. „Denn eine entmenschlichte Gesellschaft ist keine mehr.“
„Freiheit kann man nicht einschränken“
Ein weiterer Teilnehmer der Podiumsdiskussion war der Journalist und Schriftsteller Klaus Rüdiger Mai. Für ihn war rückblickend während der Corona-Zeit besonders problematisch, „wie leichtfertig man mit dem Grundgesetz umgegangen ist“.
„Also die Formulierung ‚Einschränkung der Freiheitsrechte‘, halte ich für höchst problematisch. Denn entweder habe man eine Freiheit oder man habe keine Freiheit. Freiheit kann man nicht einschränken“, so Mai.
Auch das Herunterfahren unserer Volkswirtschaft wie durch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck aus moralischen oder ethischen Gründen hält er für problematisch.
Man habe ganz schnell Maßnahmen getroffen, die man nicht auf einer Faktengrundlage unter Anhörung aller Experten geprüft habe. „Hingegen hat man nur bestimmte Experten angehört, entsprechend der Politik, die man umsetzen wollte.“
Eine Aufarbeitung sei jetzt aus zwei Gründen wichtig: Erstens, damit bestimmte Gesetze, die erlassen worden wären, wie beispielsweise das Infektionsschutzgesetz, wieder einkassiert würden. „Die Sondergesetzgebung muss rückgängig gemacht werden.“
„Mit Angst darf keine Politik gemacht werden“
Zweitens müsse man sich klar werden, dass bestimmte politische Mechanismen, die für eine Demokratie fragwürdig seien, nicht mehr funktionieren dürften.
„Mit Angst darf keine Politik gemacht werden.“ Angst und Panik zu verbreiten, sei inzwischen zu einem gängigen politischen Mittel geworden. Mai verweist dabei auf die Corona-Politik, aber auch auf die Klimapolitik. „Angst und Panik haben in einem politischen Diskurs, der rational rückgebunden sein muss, keinerlei Legitimation.“ In diesem Zusammenhang müsse erneut über unsere demokratischen Regularien und Umgangsformen nachgedacht werden.
Wie konnte es dazu kommen? Wer hat die Verantwortung dafür getragen? Wie kann man verhindern, dass man wieder in eine solche Situation kommt?
Auf privater Ebene, nach Auseinandersetzungen innerhalb von Familien, müsse man Zeit vergehen lassen, dann erneut Vertrauen aufbauen und ein Verständnis füreinander entwickeln. „Warum hat jemand Angst gehabt und ist im privaten Bereich über das Ziel hinaus geschossen?“ Danach sollte man sich wieder versöhnen und erneut zueinanderfinden.
„Viele Gefühle wurden unterdrückt“
Die Gastgeberin Dr. Saskia Ludwig (CDU) erklärte gegenüber der Epoch Times nach der Veranstaltung, dass der Gesprächsbedarf in der Gesellschaft auf allen Seiten enorm sei. Viele Gefühle in diesem Land würden einfach unterdrückt. Es wäre wichtig, dass man miteinander reden würde. Dazu habe man heute einen ganz guten Einstieg gehabt.
Eine Corona-Aufarbeitung ist in ihren Augen zwingend notwendig. „Wir haben drei extreme Jahre erlebt, wo Gesetze verändert wurden, die heute immer noch gelten.“ Das müsse aufgearbeitet werden. „Denn es gibt viele Menschen, die es als ungerecht empfinden, mit welchen Mitteln Maßnahmen durchgesetzt und umgesetzt wurden.“
Sie erklärt sich fehlende Corona-Untersuchungsausschüsse in anderen Bundesländern oder auf Bundesebene damit, dass der Zeitabstand noch nicht groß genug gewesen sei und es zu viele Betroffene gebe.
Diejenigen, die die Maßnahmen zu verantworten hätten, wären „einfach noch zu stark involviert“. „Auf allen Seiten gibt es viele Ängste.“
Vielleicht war dies auch der Grund, warum an der Podiumsdiskussion niemand teilnahm, der in der Corona-Zeit in Regierungsverantwortung stand.
„Untersuchungsausschuss kann nicht das leisten, was wir brauchen“
Ihrer Ansicht nach kann ein Untersuchungsausschuss nicht das leisten, „was wir eigentlich bei der Aufarbeitung dieser Jahre brauchen“. Der Untersuchungsausschuss habe einen sehr engen Rahmen, in dem man sich bewegen müsse und könne. Er könne nicht die gewünschte Aufarbeitung bringen, sodass wir in der Gesellschaft Heilung erleben.
Es brauche mehr Kommunikation und Verständnis für unterschiedliche Positionen und Meinungen.
Zudem brauche eine Heilung nicht nur von körperlichen Wunden, sondern gerade auch emotionalen, die in dieser Zeit geschlagen wurden, sodass man wieder gemeinsam in eine gute Zukunft schauen könne.
Sie würde es gut finden, wenn die Politik in Gänze eine Art Amnestie für Ordnungsgelder oder Strafgelder in Bezug auf die Nichteinhaltung von Corona-Maßnahmen erlassen würde.
„Die Politik muss sich eingestehen, dass Dinge nicht gut gelaufen sind und Kritiker in gewisser Weise auch recht hatten.“
Als Landtagsabgeordnete will sie sich dafür einsetzen, dass Gesetze und Vorschriften, die zu Pandemiezeiten angewendet wurden, außer Kraft gesetzt werden.
Sie wünscht sich, dass man aus den negativen Erfahrungen für die Zukunft lernt und so maßlos überzogenes Verhalten nicht wiederholt. „Das können wir uns nicht noch mal leisten.“
„Selbstliebe überwinden, um dem anderen zuzuhören“
Für Prof. Dr. Hartmut Schröder, einen emeritierten Professor der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) war es in der Corona-Zeit auffällig, dass gebildete und in einer Demokratie aufgewachsene Menschen nicht mehr in den Dialog traten.
Der ehemalige Professor für Sprachgebrauch und therapeutische Kommunikation führte auf dem Podium aus, dass nur für autoritäre Systeme Dissens einen Verrat darstellen würde.
„Ich sehe hier teilweise ein Problem in den gegenwärtigen Diskursen, auch in der Wissenschaft.“ Zudem würden Andersdenkende weiter als Schwurbler beschimpft oder mit despektierlichen Wörtern ausgegrenzt.
Meinungsbilder hätten sich rasend schnell verbreitet, die dazu führten, dass dem jeweils anderen die Menschlichkeit abgesprochen wurde.
Gebildet ist ein Mensch in seinen Augen, wenn er seine Selbstliebe überwinden kann, sodass er hört, was der andere sagen will. „Ein echtes Gespräch ist immer offen und alle Beteiligten gehen in einem solchen Gespräch davon aus, dass der jeweils andere auch etwas zu sagen hat.“ Das habe er in den letzten Jahren vermisst.
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