Dr. Fuellmich vor Gericht: „Die Nebenklage will sich mit dem Geld die Taschen vollstopfen“
Anfang Februar begann der Prozess gegen den Rechtsanwalt und Mitbegründer des Corona-Ausschusses Dr. Reiner Fuellmich wegen Subventionsbetrugs und zwei Fällen von Veruntreuung vor dem Landgericht in Göttingen.
Beim Prozessauftakt gab sich der 65-Jährige selbstbewusst und angriffslustig. Besonders seine beiden Berliner Anwaltskollegen Antonia Fischer (nicht zu verwechseln mit Viviane Fischer; Antonia Fischer und Justus Hoffmann waren in der Anfangszeit Teil des Corona-Ausschusses) und Justus Hoffmann griff der ehemalige Bundesvorsitzende der Partei Die Basis immer wieder an. Seine ehemaligen Mitstreiter Antonia Fischer und Justus Hoffmann fordern als Nebenkläger in dem Strafprozess 700.000 Euro zurück. Zum Prozessbeginn waren beide krankheitsbedingt nicht erschienen. Wie der NDR berichtete, äußerte sich Fuellmich über Antonia Fischer und Justus Hoffmann immer wieder abfällig. „Die Nebenklage will sich mit dem Geld die Taschen vollstopfen, das ist meine Meinung zu den konkreten Vorwürfen“, so Fuellmich.
700.000 Euro soll der Anwalt veruntreut haben
Zusammen mit Viviane Fischer und den beiden Berliner Anwälten hatte Fuellmich 2020 als Gesellschafter den sogenannten Corona-Ausschuss gegründet. Die im Handelsregister nicht eingetragene Gesellschaft sammelte Millionenspenden im Netz und eröffnete mehrere Konten, wie es in der Anklage hieß. 2020 und 2021 erhielt Rechtsanwalt Fuellmich dann Darlehen über 200.000 und 500.000 Euro, über die es Verträge gibt.
Im Oktober wurde Reiner Fuellmich aus Mexiko ausgewiesen und in Deutschland verhaftet. Damals sprach die Staatsanwaltschaft noch von einer Million Euro, die der Anwalt unterschlagen haben soll.
Am Ende ließ das Gericht aber nicht alle Anklagepunkte zu. Bei 16 Überweisungen, die auf Fuellmichs Kanzleikonten geflossen sind, ging die Staatsanwaltschaft von gewerbsmäßiger Untreue aus – das Gericht befand aber, dass für diese Beträge tatsächlich Gegenleistungen erbracht worden sein könnten.
Nun sind es noch drei durchaus beachtliche Darlehen, die auf Privatkonten geflossen sind, unter anderem auch auf das Konto von Fuellmichs Ehefrau. Diese bestritt, aus dem Betrag einen Gartenumbau, inklusive des Einbaus eines Pools, finanziert zu haben. Insgesamt 200.000 Euro sollen sich das die Fuellmichs haben kosten lassen.
Hinzu kommt ein weiterer Anklagepunkt: Fuellmich soll für seine Kanzlei in Göttingen zu Unrecht 15.000 Euro Corona-Soforthilfe kassiert haben. Für die Staatsanwaltschaft ist hier der Tatbestand des Subventionsbetrugs erfüllt.
„Vorwürfe an den Haaren herbeigezogen“
Der Angeklagte nutzt nach der Anklageverlesung die Gelegenheit, sich zur Sache einzulassen und seine Sicht der Dinge darzustellen. Er nähert sich nur langsam dem Kern der Sache. Zuerst erzählt er von seinem Vater, seiner Herkunft, seiner Vergangenheit als Banker und als Verbraucheranwalt in Deutschland und den USA.
Dann kommt er auf die Vorwürfe gegen ihn zu sprechen. Diese, so Fuellmich, seien alle von seinen Ex-Mitstreitern an den Haaren herbeigezogen worden. Dass er auf der Anklagebank sitze, verdanke er vor allem der Anzeige der Ex-Corona-Ausschussmitglieder Antonia Fischer und Justus Hoffmann. Von Veruntreuung der Gelder könne man nicht reden. Die Darlehen, die er mit Viviane Fischer vereinbart habe, hätten nur den Zweck gehabt, das Geld des Corona-Ausschusses in Sicherheit zu bringen, so Fuellmich.
Immer wieder seien damals Konten gekündigt oder sogar gepfändet worden. Die Spendeneingänge hätten bei den Banken den Verdacht der Geldwäsche ausgelöst. Das Geld „verschwinden“ zu lassen und mit den eigenen Immobilien abzusichern, sei der einzige Weg gewesen, das zu verhindern. Jederzeit, so behauptet Fuellmich, hätte er die gewählten Darlehen zurückzahlen können. Das hätte er auch gemacht, wenn seine Mitstreiter nicht den Verkauf seines Hauses in Göttingen torpediert hätten.
Dann bekommt die Justiz den Zorn des Anwalts zu spüren: Seine Rückführung aus Mexiko sei eigentlich eine „Entführung“ gewesen. Seine Haftbedingungen seien „skandalös“ und der Transport ins Landgericht mit verdrehten Handgelenken „Folter“.
Das Gericht lässt den Angeklagten seine Ausführungen machen. Dann beginnt der Vorsitzende Richter, Carsten Schindler, Nachfragen zu stellen. Der Richter möchte wissen, warum denn die Darlehensverträge zinslos vereinbart worden wären, warum die Eintragung einer Grundschuld auf seine Immobilie, wie im dritten Darlehensvertrag vereinbart, nie stattgefunden habe.
Kanzlei offenbar schon vor Corona Geldprobleme
Der Göttinger Anwalt, das bringt der Prozessauftakt ans Licht, scheint damals tatsächlich Geldprobleme gehabt zu haben. Das wird deutlich, als es um den Tatvorwurf des Subventionsbetrugs geht. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Anwalt vor, dass er bei seinem Antrag auf Gewährung der Corona-Hilfe unzutreffende Angaben gemacht und dadurch unberechtigt 15.000 Euro aus Steuermitteln bekommen habe.
Fuellmich erklärt, dass damals kaum noch Geld hereingekommen sei. Mandanten hätten aufgrund der Krise nicht gezahlt. Der Vorsitzende weist an dieser Stelle allerdings darauf hin, dass die Finanzlage der Kanzlei offensichtlich schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie angespannt gewesen sei.
Polizeiliche Ermittlungen, so schreibt die HNA, seien zu dem Ergebnis gekommen, dass das Konto der Kanzlei zu Beginn des Jahres 2020 ein Minus von 92.000 Euro aufgewiesen habe.
Ende Januar habe der Schuldenstand dann 102.000 Euro betragen, Ende Februar dann noch 80.000 Euro und Ende März immerhin noch 45.000 Euro. „Die Krise war schon vorher da“, stellt der Richter fest.
Wie die Polizei weiter ermittelt hat, sollen die Einnahmen von Fuellmichs Kanzlei im Soforthilfe-Zeitraum von April bis Juni 2020 höher gewesen sein als im Antrag angegeben. Im November 2022 wies die NBank die Empfänger von Corona-Soforthilfe darauf hin, dass sie, wenn sie mehr Geld erhalten haben als ihnen zusteht, diesen Betrag zurückzahlen müssen.
Die Kanzlei von Fuellmich soll daraufhin in dem Datenportal der NBank angegeben haben, nicht rückzahlungspflichtig zu sein. Reiner Fuellmich will damit nichts zu tun gehabt haben: „Ich weiß von nichts.“
Am 14. Februar soll der Prozess fortgesetzt werden.
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