Doris von Sayn-Wittgenstein: Vom Parteiausschluss bedrohte Abgeordnete zur Nord-AfD-Chefin gewählt
Die schleswig-holsteinische AfD hat die von einem Parteiausschluss bedrohte Doris von Sayn-Wittgenstein erneut zur Landesvorsitzenden gewählt.
Die 64-jährige Landtagsabgeordnete setzte sich in einer Kampfabstimmung beim Parteitag in Henstedt-Ulzburg (Kreis Segeberg) gegen zwei Mitbewerber durch. Sie war erst im Dezember von dem Amt zurückgetreten, nachdem der AfD-Bundesvorstand gegen sie ein Parteiausschlussverfahren wegen der Fördermitgliedschaft in einem rechtsextremen Verein eingeleitet hatte.
Sayn-Wittgenstein erhielt 137 von 244 abgegebenen Stimmen und damit 56 Prozent. Ihr schärfster Konkurrent Christian Waldheim, AfD-Fraktionschef in Norderstedt und AfD-Bundesrechnungsprüfer, unterlag mit 100 Stimmen. Er gilt als Verfechter der Linie des Bundesvorstands.
Sayn-Wittgenstein: „Wir holen uns unser Land zurück“
In ihrer Rede zur Bewerbung äußerte Doris von Sayn-Wittgenstein, das Amt als Landesvorsitzende sei nicht vergnügungssteuerpflichtig, sie kandidiere aus Pflichtgefühl und Idealismus. Sie sei vom Bundesvorstand zum Abschuss freigegeben, weil sie zum alten Kurs stehe: „Wir holen uns unser Land zurück“. Dabei zitierte sie aus einer Rede des AfD- Bundestagsabgeordneten Marc Jongen zur deutschen Erinnerungskultur. Sayn-Wittgenstein fragt sich, warum sie als rechts „gebrandmarkt“ werde: „Sogar in unserer Partei sind schon jene Kräfte am Werk, die am Tod unserer Nation mitwirken. Dies gilt es zu erkennen.“
Christian Waldheim ist Bundesrechnungsprüfer der AfD und Kommunalpolitiker in Norderstedt. Er sprach von den drängenden Problemen Massenmigration, Islamisierung und explodierende Energiekosten. Und: „Wir alle sind doch Teil der AfD geworden, um etwas zu verändern.“ Waldheim möchte den Landesverband Schleswig-Holstein aus der bundesweiten Isolation holen und sprach von Zusammenhalt und Teamgeist.
Ein weiterer Kandidat wollte als Mittler wirken
Das einfache Parteimitglied Jürgen Orlok aus dem Kreisverband Dithmarschen, der sich als Mittler und Versöhner zwischen den Flügeln zur Wahl gestellt hatte, erhielt 4 Stimmen. 2 Stimmen waren ungültig, es gab 1 Enthaltung. Sayn-Wittgenstein hatte ihre Kandidatur lange offen gelassen und erst am Samstag definitiv erklärt.
Sayn-Wittgenstein soll 2014 den vom thüringischen Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften „Verein Gedächtnisstätte“ unterstützt zu haben. Deshalb wurde sie am 4. Dezember aus der Kieler AfD-Landtagsfraktion ausgeschlossen. Der AfD-Bundesvorstand initiierte im Dezember ein Parteiausschlussverfahren, das zurzeit vor dem Bundesschiedsgericht anhängig ist.
Die Parteispitze entschied im Dezember außerdem, sie „vor dem Hintergrund mutmaßlich strafrechtlich relevanter Vorgänge“ bis zur Entscheidung von der Ausübung aller Parteiämter auszuschließen. Daraufhin trat Sayn-Wittgenstein als Landesvorsitzende zurück. (dpa)
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