Dobrindts neue Frisur ein Unfall – der Neuanfang der CSU ist dagegen Kalkül

In Seeon zeigt Markus Söder, dass er das Heft des Handelns schon jetzt in seiner Hand sieht - und das obwohl er noch gar nicht im Amt ist.
Epoch Times4. Januar 2019

Als Markus Söder vor Kloster Seeon CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erspäht, sieht er in dessen neuer Frisur ein Zeichen für den Neuanfang in der CSU. Es solle doch jeder so optimistisch wie Dobrindt und er das neue Jahr beginnen, „mit neuer Frisur, neuem Schwung“, fordert der designierte CSU-Chef. Aber Dobrindt wollte zumindest mit seinen Haaren kein Zeichen setzen: „Die Frisur war ein Unfall.“

Dass Dobrindts veränderter Haarschnitt der einzige Unfall in dem mit viel Kalkül inszenierten Neuanfang der CSU bleibt, ist vor allem für Söder von großem Interesse. Es dauert noch gute zwei Wochen, bis er auf einem Sonderparteitag am 19. Januar zum neuen CSU-Vorsitzenden gewählt wird. Dann ist er wegen seiner Doppelfunktion als Parteichef und bayerischer Ministerpräsident der alleinige starke Mann der Christsozialen.

In Seeon zeigt Söder, dass er das Heft des Handelns schon jetzt in seiner Hand sieht. Der designierte CSU-Chef schildert etwa, wie er nach den mutmaßlich von Migranten verübten Angriffen auf Passanten im bayerischen Amberg mit CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und der SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles telefonierte. Obwohl er noch gar nicht im Amt ist, sieht sich Söder also schon als Teil des Trios der Parteivorsitzenden der großen Koalition.

Kramp-Karrenbauer und Nahles dürften sich kaum daran stören. Denn Söder schlägt milde Töne an, wie sie seit langem nicht aus Bayern zu hören waren. Zwar will auch er falls nötig Hindernisse für Abschiebungen abbauen. Einen scharfen, existenziellen Streit wie ihn der noch amtierende CSU-Chef Horst Seehofer mit der von Kramp-Karrenbauer abgelösten CDU-Chefin Angela Merkel über die Flüchtlingspolitik führte, wird es mit Söder aber nicht geben. Er wolle keine neue Grundsatzdebatte über die Asylpolitik, kündigt der Franke an.

Söder geht noch einen Schritt weiter. Nachdem die CSU unter Seehofer den Dauerstreit zu ihrem Leitmotiv machte, erklärt der designierte Parteichef dieses Konzept nun für gescheitert. „Streit lähmt und Streit langweilt und Streit nervt“, sagt er.

Das soll vor allem im Zusammenspiel mit der Schwesterpartei CDU gelten. Söder will nun wieder das Gemeinsame mit den Christdemokraten statt das Trennende betonen. Auch Dobrindt spricht nun von einer „Schicksalsgemeinschaft“ und bietet die maximale Unterstützung der CSU für den Wahlkampf der CDU bei den drei ostdeutschen Landtagswahlen in diesem Jahr an. Auch das ist eine Neuerung – zuletzt waren sich CDU und CSU in Wahlkämpfen aus dem Weg gegangen.

Doch ob Söder den neuen Kuschelkurs auch wirklich durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Schließlich forcierten vor allem Seehofer und Dobrindt im vergangenen Jahr immer wieder neu den Streit – und beide sind weiter in Berlin im Amt.

So gelingt es Söder in Seeon auch nicht, das Thema Asylrecht klein zu halten. In seiner Funktion als Bundesinnenminister kündigt Seehofer noch für diesen Monat einen Gesetzesvorschlag an, wie Abschiebungen effizienter vorgenommen werden können.

Ob das Papier neues Streitpotenzial bringt, wird sich erst noch zeigen. Aber der zwischenzeitlich auch als Bundesinnenminister als Auslaufmodell gehandelte Seehofer weiß zumindest, wie er solch einen Streit anzetteln kann.

In Seeon bekommt Seehofer hinter geschlossenen Türen von Dobrindt laut Teilnehmern demonstrativ den Rücken gestärkt. Selbstverständlich gehöre er auch nach seinem Ausscheiden als CSU-Chef weiter zur Landesgruppe, sagt Dobrindt demnach.

So gehört zum Neuanfang der CSU für Söder auch die Gefahr eines neuen Machtzentrums: Während er in München Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt bündelt, können Seehofer und Dobrindt in Berlin in der Bundesregierung zusammen wirken. (afp)



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