Dobrindt: Flüchtlinge ohne Arbeit zurück in die Ukraine – Reaktionen von Grünen, SPD, BSW
Die CSU im Bundestag fordert, Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in ihr Heimatland zurückzuschicken, wenn sie keine Arbeit in Deutschland aufnehmen. Nach Beginn des russischen Kriegs im Februar 2022 hatte die Bundesregierung entschieden, dass geflüchtete Ukrainer in Deutschland kein Asyl beantragen müssen.
Sie erhalten damit automatisch ein Aufenthaltsrecht und beziehen Bürgergeld und keine Asylbewerberleistungen. Dobrindt forderte nun Änderungen bei den staatlichen Hilfen für ukrainische Geflüchtete.
„Es muss jetzt über zwei Jahre nach Kriegsbeginn der Grundsatz gelten: Arbeitsaufnahme in Deutschland oder Rückkehr in sichere Gebiete der West-Ukraine“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der „Bild am Sonntag“. Bei SPD und Grünen stieß die Forderung auf Kritik.
Die deutsche Ausnahme für den Verzicht auf Asylverfahren bei Ukrainern basiert auf einer Entscheidung auf EU-Ebene. Demnach werden Ukrainer nach der EU-Massenzustrom-Richtlinie generell als schutzbedürftig angesehen und müssen kein Asylverfahren durchlaufen. Die Geltung der Ausnahme wurde auf EU-Ebene gerade erst bis März 2025 verlängert.
Kritik von SPD und Grünen
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte dem Blatt, der russische Präsident Wladimir Putin lasse immer wieder Ziele in der gesamten Ukraine bombardieren.
„Hierhin will Dobrindt jetzt auch Frauen und Kinder zurückschicken, die möglicherweise ihren Vater bereits an der Front verloren haben. Die CSU sollte sich schämen ob solcher Forderungen und das C für christlich endgültig aus ihrem Namen streichen.“
Grünen-Chef Omid Nouripour sagte: „Die Unterstellung, die Ukrainer kämen wegen des Bürgergelds zu uns, verkennt das Grauen des Krieges Putins.“
Er lehnte auch die Vorschläge aus der Union ab, Ukrainern nicht sofort Bürgergeld zu gewähren, sondern sie zuerst ins reguläre Asylverfahren zu verweisen. „Natürlich müssen wir die Ukrainer noch schneller in Arbeit bringen. Aber neue rechtliche Hürden, wie sie die CDU will, helfen da doch nicht, sie schaden.“
Schutz vor Krieg bieten
„Herr Dobrindt schürt Vorurteile gegen Menschen aus der Ukraine, damit macht er das Geschäft Moskaus in Deutschland“, sagte Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch der „Welt“. „Putin freut sich. Politik gegen Arbeit, absurder wird es nicht.“ Die CSU wolle Frauen und Kinder in ein Kriegsgebiet schicken, „das C für christlich wird immer mehr zur Farce“.
Audretsch verweist auf den bestehenden gesellschaftlichen Konsens in Deutschland, all jenen Schutz zu bieten, die vor dem Krieg flüchten.
„Die Union ist gerade dabei, diesen Konsens einzureißen. Es ist ein historischer Fehler, wenn für CDU und CSU bei einer der großen Fragen unserer Zeit eine billige Kampagne wichtiger ist als der Kompass für Frieden und Freiheit“, so der Grünen-Politiker.
Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Katja Mast, kritisierte unterdessen: „Die CSU will Mütter mit kleinen Kindern in Kriegsgebiete abschieben. Solche Vorschläge sind unfassbar, populistisch und unchristlich.“
Die CSU lasse keine Ideen abseits von Kürzungen erkennen, wodurch Flüchtlinge schneller in Arbeit kommen könnten. „Menschen, denen es ohnehin schon schlecht geht, gegeneinander auszuspielen, ist der Appell an niedere Instinkte.“
Wagenknecht: Friedensfrage entscheidend
Sahra Wagenknecht gibt Dobrindt hingegen in Teilen Recht. „Dass in Dänemark mehr als 80 Prozent der Ukrainer arbeiten, während es hierzulande gerade mal ein Viertel ist, empört die Bürger zu Recht. Wer unseren Schutz in Anspruch nimmt, von dem kann man auch erwarten, dass er mit eigener Arbeit dazu beiträgt, die Kosten zu minimieren“, so die Vorsitzende des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW).
Entscheidend sei aber die Frage von Krieg und Frieden. „Sobald die Waffen schweigen, sollten die Menschen natürlich in ihre Heimat zurückkehren“, so Wagenknecht.
Ein Einfrieren des Kriegs an der jetzigen Frontlinie als Ausgangspunkt von Friedensverhandlungen wäre eine realistische Option. Solange der ukrainische Präsident aber mit Rückendeckung der Bundesregierung auf einem Komplett-Rückzug der russischen Truppen als Voraussetzung für Friedensgespräche beharre, werde der Krieg weitergehen.
„Das Sterben durch immer mehr Waffenlieferungen und unrealistische Vorbedingungen für Friedensgespräche zu verlängern und dann die Leute zurückzuschicken, damit sie in einem sinnlosen Stellvertreterkrieg ihr Leben opfern, ist an Zynismus nicht zu überbieten“, sagte Wagenknecht.
Bürgergeld als „Arbeitsbremse“
Zuletzt hatten bereits mehrere Innenminister verlangt, die Zahlung von Bürgergeld an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zu beenden und ihnen nur noch niedrigere Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuzugestehen. Die Bundesregierung hat das bereits abgelehnt.
In der Union hatten sich zuvor auch Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gegen die Zahlung von Bürgergeld insbesondere an geflohene Ukrainer im wehrfähigen Alter ausgesprochen. Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai verlangte, neu ankommende Kriegsflüchtlinge sollten statt Bürgergeld Asylbewerberleistungen bekommen.
SPD-Arbeitsmarktpolitiker Martin Rosemann verwies in der Bild am Sonntag“ darauf, dass viele der Ukraine-Flüchtlinge alleinerziehende Mütter seien.
„Die Hürden für ukrainische Geflüchtete beim Start ins Arbeitsleben liegen bei der fehlenden Kinderbetreuung, mangelnden Sprachkenntnissen und der langwierigen Anerkennung von Berufsabschlüssen.“ Der Vorschlag, sie aus dem Bürgergeld ins Asylverfahren zu packen, nannte er „populistischen Unsinn“. (dpa/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion