Digitaler Autogipfel: Habeck gegen „Abwrackprämie 2.0“ und „Schnellschüsse“ für E-Autos

Der digitale Autogipfel zwischen Spitzenvertretern der Industrie und der Ampel soll der angeschlagenen Branche Hoffnung auf eine neue Perspektive geben. Die SPD hatte neue Subventionen und eine Abwrackprämie gefordert. Minister Habeck zeigt sich skeptisch.
Dunkle Wolken nicht nur über VW. (Archivbild)
Dunkle Wolken nicht nur über VW.Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Von 24. September 2024

Am Montag, 23.9., hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Spitzenvertreter der Branche zu einem digitalen Autogipfel geladen. Das Ergebnis der ersten Gesprächsrunde ist, dass man weiterhin im Dialog bleiben will – was an den Asylgipfel von vor knapp drei Wochen erinnert, den die Union dann zeitnah verlassen hatte.

Der Unterschied zum Asylgipfel ist jedoch, dass es zumindest über Grundlinien der weiteren Debatte eine Verständigung gibt. Habeck sagte der Autoindustrie grundsätzlich seine Unterstützung angesichts der krisenhaften Standortentwicklungen zu. Gleichzeitig machte er aber deutlich, keine „Schnellschüsse“ oder „Strohfeuermaßnahmen“ in die Wege leiten zu wollen.

Keine konkreten Maßnahmen auf dem Autogipfel beschlossen

Dies ist als Absage an Forderungen zu verstehen, die zuletzt aus der SPD gekommen waren. Dort hatte man vorgeschlagen, eine Abwrackprämie für Verbrennerautos einzuführen. Wer den alten Wagen dann gegen ein neues E-Auto eintausche, solle einen Bonus von 6.000 Euro bekommen. Für ein gebrauchtes Elektromobil würde die Förderung 3.000 Euro betragen.

Ein ähnliches Modell hatte auch der VW-Konzern selbst vorgeschlagen. Demnach solle es für den Kauf eines neuen reinen E-Autos eine staatliche Förderung von 4.000 Euro geben, wenn der Hersteller zusätzlich 2.000 Euro nachlasse. VW-Chef Oliver Blume machte gleichzeitig jedoch deutlich, dass solche Prämien lediglich eine „kurzfristige Stimulierung“ bewirken könnten. Generell müsse auch die Erstzulassung von Elektrofahrzeugen eine steuerliche Begünstigung erfahren.

Aus der Chefetage von BMW kam Kritik an dem Vorstoß. Dort war die Rede von „kurzfristigen, marktverzerrenden Strohfeuern“. An deren Stelle benötige das Land flächendeckende Ladepunkte im öffentlichen wie privaten Bereich und Zugang zu günstigem Ladestrom. Dann werde Konsumenten die Entscheidung für ein E-Auto leichter fallen.

Wiederauflage der Kaufprämie stößt auf große Skepsis

Auch der Arbeitgeberverband Niedersachsenmetall hatte kurz vor dem Autogipfel gegenüber dem NDR neue Kaufprämien sowie eine Abwrackprämie als wenig sinnvoll dargestellt. Dessen Chef Volker Schmidt betonte, die Akzeptanz für E-Autos lasse sich „nicht herbeisubventionieren“. Die Politik sei es mit ihren Eingriffen bei der Entwicklung von Antriebstechnologien gewesen, die erst die Krise herbeigeführt habe.

Im Gespräch mit der Epoch Times hatte der langjährige weltweite BMW-Kommunikationschef Richard Gaul ebenfalls vor einem neuen Förderungswettbewerb gewarnt. Dieser sei „immer falsch“, betonte der Branchenexperte, „der Markt muss entscheiden, Unternehmen müssen dafür das richtige Produkt bauen“.

Wie eine Vielzahl weiterer Marktbeobachter warnte er vor weiteren hektischen und unsteten Entscheidungen der Politik. Diese harmonierten nicht mit den langfristigen Überlegungen der Konsumenten.

Erst im Dezember 2023 hatte die Bundesregierung unter dem Eindruck der Haushaltskrise die bis dahin gewährte Kaufprämie abrupt beendet. Eine nunmehrige Wiederauflage unter dem Eindruck sinkender Absatzzahlen für E-Autos könnte Kritikern zufolge als Botschaft interpretiert werden, dass die Politik selbst nicht an deren Marktchancen glaube.

Konsens über langfristige Planbarkeit prägt den Autogipfel

Minister Habeck scheint sich zumindest einen Teil dieser Kritik zu Herzen genommen zu haben. Er nutzte den Autogipfel, um ein Bekenntnis zur „langfristigen Planbarkeit“ abzugeben. Dies sei auch Konsens in der Runde gewesen, so der „Münchner Merkur“. Mögliche Maßnahmen könnten auch rückwirkend gelten, erklärte der Minister. Allerdings sollen diese erst im Dialog konzipiert werden.

Habeck stellte den Herstellern auch in Aussicht, sich für eine vorgezogene Revision der neuen Flottengrenzwerte zum CO₂-Ausstoß verwenden zu wollen. Diese sollen auf EU-Ebene schrittweise verschärft werden – und 2026 soll eine Überprüfung erfolgen. Mercedes-Chef Ola Källenius hatte erklärt, eine Einhaltung der Vorgaben ab 2025 würde einen schlagartigen Anstieg des Elektroanteils von zehn auf 25 Prozent bei den Zulassungen voraussetzen. Eine Nichterfüllung sei mit hohen Strafzahlungen verbunden.

Der Minister sagte zu, die Bedenken der Autoindustrie in Brüssel vorzubringen. Allerdings wollte er weder eine Erfolgsgarantie geben („Es ist ein europäisches Programm“) noch in Aussicht stellen, dass „wir dadurch die Ziele automatisch schleifen“. Nicht jeder hätte mit den Vorgaben gleich große Probleme.

VW erlebt „Strukturwandelkrise“ nach Überschätzung des Marktes für E-Autos

Im Rahmen seines Besuchs des VW-Werks in Emden hatte Habeck am Freitag neue staatliche Fördermaßnahmen für Elektroautos in Aussicht gestellt. Er sehe sich „schon in einer Verpflichtung, dass der Markt jetzt wieder anzieht“, äußerte der Minister. Als ersten Schritt kündigte Habeck steuerliche Anreize für E-Autos als Dienstwagen an.

VW hatte jüngst eine seit 1994 geltende Jobgarantie gegenüber den Gewerkschaften gekündigt und mögliche Werksschließungen in Aussicht gestellt. Zuletzt war die Rede von bis zu 30.000 Arbeitsplätzen, die wegfallen könnten.

Richard Gaul sieht eine „Strukturwandelkrise“ bei VW, das Unternehmen habe – wohl auch im Vertrauen auf die Ankündigungen der Politik – „zu sehr auf Elektromobilität gesetzt“. Um sich die nötige Flexibilität auf einem stark volatilen Markt zu sichern, wolle man sich nun von alten Bedingungen aus besseren Zeiten befreien. Diese beinhalteten noch hohe Tarifabschlüsse und nicht monetäre Vergünstigungen wie die Beschäftigungsgarantie.

Technologisch, so Gaul, sei die deutsche Autoindustrie international noch wettbewerbsfähig. Allerdings gebe es in Deutschland eine Standortkrise. Wer hier produziere, sei dieser ausgesetzt – und Faktoren wie extrem hohe Energiepreise, Arbeitskräftemangel oder Bürokratie. Gehe die Politik diese nicht an, wanderten die Industrien eben ab.



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