Digitale Verwaltung: Meilenstein auf dem Weg zum digitalen Staat oder Stolperstein?

Das Bundeskabinett hat das Gesetz zur Digitalisierung der Verwaltung beschlossen. Branchenverband Bitkom kritisiert die neue Regelung als nicht konsequent genug.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) könnte beim Gesetzesvorschlag zur Digitalisierung noch nachbessern, finden ihre Koalitionspartner.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht im neuen Onlinezugangsgesetz einen Meilenstein auf dem Weg zum digitalen Staat.Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Von 13. Juni 2023

Wichtige Angelegenheiten bei Behörden sollen Bürgerinnen und Bürger so wie auch Unternehmen digital erledigen können. Dafür will die Bundesregierung sorgen, nachdem sie im Bundeskabinett das Gesetz zur Digitalisierung der Verwaltung (OZG 2.0) auf den Weg gebracht hat.

Fraktionen hatten Fristsetzung kritisiert

Künftig könnten digitale Anträge deutschlandweit über die BundID als zentrales Bürgerkonto gestellt werden, zitiert das Computermagazin „Chip“ Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Eine Frist für die Umsetzung sieht das Gesetz allerdings nicht vor. Das zeitliche Limit für die Online-Projekte hatten bereits nach der Veröffentlichung eines ersten Referentenentwurfs im Januar 2023 sowohl Oppositionsparteien als auch Grüne und FDP kritisiert.

Faeser sagte, dass sich der Bund zusammen mit Ländern und Kommunen nun auf 15 besonders wichtige Leistungen fokussiere. Sie sollen bis spätestens 2024 digital umgesetzt sein. Dazu gehören Ummeldung, Elterngeld, Eheschließung, Kfz-An- und -Ummeldung, Baugenehmigung, Führerschein und Wohngeld. „Das ist ein großer Gewinn für die Bürgerinnen und Bürger – und ein Meilenstein auf dem Weg zum digitalen Staat“, meint die Innenministerin.

Bitkom geht die Umsetzung nicht schnell genug

Das sehen Vertreter der Digitalwirtschaft aber offenbar anders. Aus deren Reihen hagelte es nämlich Kritik gegen das neue Gesetz. „Die Bundesregierung verpasst mit den jetzt geplanten Änderungen am Onlinezugangsgesetz die Chance, die Digitalisierung der Verwaltung wirklich konsequent voranzutreiben“, bemängelte der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, Achim Berg. „Der vorliegende Gesetzentwurf ist kein OZG 2.0, sondern allenfalls ein OZG 1.1. Der Bund will sich noch einmal fünf Jahre Zeit lassen, bis seine eigenen Verwaltungsleistungen digital abgewickelt werden können.“

Im Gespräch mit dem „Mitteldeutschen Rundfunk“ (MDR) ergänzte Michael Pfefferle,  Bereichsleiter Smart City und Smart Region bei Bitkom, dass der Bund zwar versprochen habe, dass 575 Verwaltungsleistungen digital abgewickelt werden könnten, doch das sollte bereits 2022 geschehen sein. „Tatsächlich sind wir in Deutschland aber noch meilenweit davon entfernt“, so Pfefferle.

Das Ende der Zettelwirtschaft

Das Ministerium betonte dagegen, mit dem neuen OZG werde ein Schwerpunkt darauf gelegt, Verwaltungsabläufe komplett auf digitale Prozesse umzustellen. Die Zettelwirtschaft habe durch die gesetzliche Verankerung des sogenannten „Once-Only-Prinzips“ eine Ende.

So muss ein Antragsteller etwa seine Geburtsurkunde nach diesem Prinzip nur einmal (once only) vorlegen. Künftig soll es dann möglich sein, sie mit der Genehmigung des Antragstellers auf elektronischem Wege bei Behörden und Registern abzurufen.

Auch auf die notwendige Schriftform wird bei der digitalen Abwicklung von Anträgen verzichtet. Diese müsse der Antragsteller nicht mehr auf Papier unterschreiben, so Faeser. Durch die Gesetzesänderung könnten Bürger alle Leistungen rechtssicher, einfach und einheitlich mit der Onlineausweisfunktion des Personalausweises digital beantragen.

Bürger kommunizieren über Postfach mit Verwaltung

Zur BundID gehört ein individuelles digitales Postfach, über das die Bürger mit der Verwaltung kommunizieren. Außerdem können auf diesem Wege Bescheide zugestellt werden. Vorgesehen ist zudem, dass finanzielle Hilfen des Staates über dieses Konto laufen sollen.

Das BundID-Konto gibt es zwar schon seit 2019, doch erst mit der Auszahlung der Einmalzahlungen für Studenten und Fachschüler in Höhe von 200 Euro zu ihren gestiegenen Heizkosten in diesem Frühjahr wurde es massenhaft genutzt.

Vorgesehen ist eine bundesweit einheitliche Nutzung der BundID. Die Bundesländer mit eigenen ID-Konten wie Bayern und Baden-Württemberg haben nun drei Jahre lang Zeit, sich von ihren Lösungen zu verabschieden. Berlin, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt hatten zuvor bereits angekündigt, ihre landeseigenen Servicekonten durch die BundID zu ersetzen.

Die Bundestagsabgeordnete Misbah Khan, Digitalexpertin der Grünen, erklärte, dass man nun Datenschutz und IT-Sicherheit im Blick behalten müsse. „Insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Cyberangriffe ist die effektive Absicherung unserer staatlichen Infrastrukturen ein Grundpfeiler der wehrhaften Demokratie.“ Nur wenn die persönlichen Daten der Bürger im digitalen Staat sicher seien, werde er auf eine „gesamtgesellschaftliche Akzeptanz“ stoßen.



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