Differenzen in wichtigen Fragen: Macron betont Freundschaft mit Steinmeier

Auf Regierungsebene sind die Beziehungen zwischen Berlin und Paris gerade etwas schwierig: Der letzte französische Präsident auf Staatsbesuch in Deutschland war Jacques Chirac. Damals hieß der Bundespräsident Johannes Rau, Kanzler war Gerhard Schröder. Nun reist Emmanuel Macron nach Berlin.
Der französische Präsident, Emmanuel Macron, wird heute in Berlin eintreffen und dann zunächst mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Demokratiefest im Regierungsviertel zur Feier von 75 Jahren Grundgesetz besuchen.
Der französische Präsident, Emmanuel Macron, wird heute in Berlin eintreffen und dann zunächst mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Demokratiefest im Regierungsviertel zur Feier von 75 Jahren Grundgesetz besuchen.Foto: Christoph Soeder/dpa
Epoch Times26. Mai 2024

Im Zeichen von Dissonanzen zwischen Berlin und Paris beginnt Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron heute einen knapp dreitägigen Staatsbesuch in Deutschland. Es ist der erste Besuch dieser Art eines französischen Präsidenten seit 24 Jahren.

Macron traf am frühen Nachmittag in Berlin ein und besuchte zunächst mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Demokratiefest im Regierungsviertel zur Feier von 75 Jahren Grundgesetz.

Daran schließen sich die Begrüßung mit militärischen Ehren, politische Gespräche, eine Pressekonferenz, ein Gang durchs Brandenburger Tor und am Abend ein Staatsbankett im Schloss Bellevue an. Macron wird von seiner Frau Brigitte begleitet.

Macron betont Freundschaft mit Steinmeier

Zu Beginn seines Besuches hob Frankreichs Präsident die Bedeutung der deutsch-französischen Freundschaft hervor. Diese sei „entscheidend für den Aufbau eines gemeinsamen Europas“ gewesen, sagte er am Sonntag in Berlin nach einem Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Dabei verwies er auch auf die Rolle, die das Grundgesetz sowie die Wiedervereinigung in diesem Prozess gespielt hätten. Weiter sagte Macron, dass es mit Steinmeier in den vergangenen Jahren „nie Meinungsverschiedenheiten“ gegeben habe, auch wenn es sie in den Beziehungen der beiden Länder manchmal gebe.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat in ihrem gemeinsamen Pressestatement dazu aufgerufen, sich an der Europawahl am 9. Juni zu beteiligen. „Wir haben eine sehr konkrete Botschaft an die Menschen: Sagen Sie ja zu Europa, gehen Sie wählen am 9. Juni“.

Dieses Jahr seit wichtig für die Demokratie in Europa, sagte der Bundespräsident. „Gerade Deutsche und Franzosen wissen, dass Freiheit, Frieden und Demokratie nicht vom Himmel gefallen sind, sondern errungen, ausgehandelt, verteidigt und gefestigt werden müssen.“ Aus der Geschichte sei zu erkennen, dass dort, „wo es an demokratischen Strukturen mangelt, auch Menschlichkeit und politische Vernunft erstickt werden“.

Nur in einer starken Europäischen Union „werden wir miteinander genügend Gewicht haben, um unsere Freiheit und unsere Demokratie in einer unsicher gewordenen Welt zu verteidigen“, sagte Steinmeier. Es überrasche nicht, „dass jene, die Freiheit, Demokratie und Menschenrechte in Frage stellen, genau dieselben sind, die das europäische Projekt in Frage stellen“. Daher ergehe der Appell an alle, bei der Europawahl am 9. Juni wählen zu gehen.

Differenzen in wichtigen Fragen

So gut die beiden Staatsoberhäupter miteinander können – auf Regierungsebene gelten die Beziehungen zwischen Berlin und Paris gerade als etwas schwierig. Bei Schlüsselthemen knirscht es immer wieder zwischen beiden Hauptstädten.

Das gilt für die Frage der richtigen Unterstützung für die Ukraine ebenso wie etwa für die Frage der wirtschaftspolitischen Ausrichtung gegenüber den Konkurrenten USA und China. Diese Fragen sollen nach dem Staatsbesuch bei einem deutsch-französischen Ministerrat am kommenden Dienstagnachmittag in Schloss Meseberg, dem Gästehaus der Bundesregierung, nördlich von Berlin erörtert werden.

So predigt Macron eine größere europäische Autonomie mit eigener Verteidigungsstrategie und einem Schutz der Wirtschaft vor unlauterer Konkurrenz aus China und den USA.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hingegen hält an seiner transatlantischen Orientierung und dem wichtigen Handelspartner China fest. Und im Ukraine-Konflikt überraschte Macron Scholz mit seinen Überlegungen zum Entsenden von Bodentruppen, was Scholz kategorisch ablehnt.

Auch eine Lieferung von weitreichenden Taurus-Marschflugkörpern an das von Russland angegriffene Land lehnt Scholz ab. Frankreich hingegen stellt seine Scalp-Raketen schon seit längerer Zeit bereit. Berlin wirft Paris im Gegenzug vor, als zweitgrößte Volkswirtschaft der EU insgesamt viel zu wenig für die Ukraine zu tun.

Europa-Reden ohne Antworten aus Berlin

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz kritisiert, dass die Beziehungen zwischen beiden Ländern so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht mehr seien. Er verlangte unmittelbar vor dem Besuch Macrons ein klares europapolitisches Signal der Bundesregierung.

Merz kritisierte, dass Macron aus Berlin bei seinen beiden großen Europa-Reden an der Pariser Sorbonne-Universität keine Antwort aus Deutschland bekommen habe.

„Das ist in Paris zu Recht und zwar parteiübergreifend auf große Irritation gestoßen“, sagte Merz dem Sender „rbb24 Inforadio“. Die erste Rede fiel noch in die Regierungszeit von Angela Merkel (CDU).

In seiner zweiten Rede im vergangenen April warnte Macron, es gebe ein großes Risiko, dass Europa im nächsten Jahrzehnt „geschwächt oder sogar deklassiert“ werde.

Er forderte eine europäische Verteidigungsstrategie mit einer gemeinsamen Rüstungsindustrie und eine über Fonds der EU finanzierte beschleunigte Aufrüstung, um der Bedrohung Russlands gewachsen zu sein.

Scholz kommentierte die Rede auf der Plattform X mit den Worten, gemeinsames Ziel Frankreichs und Deutschlands sei es, „dass Europa stark bleibt“. Er fügte an Macron gewandt hinzu: „Deine Rede enthält gute Impulse, wie uns das gelingen kann.“

Dresden und Münster als weitere Stationen

Um Europa wird es auch an Macrons zweitem Besuchstag gehen. Er und seine Frau werden zusammen mit ihren Gastgebern nach Dresden weiterreisen. Dort will der französische Präsident am Nachmittag vor der Frauenkirche eine weitere europapolitische Rede halten.

Es wird spekuliert, dass Macron hier, unweit der Grenze zu Tschechien, die Gelegenheit nutzen könnte, um den Blick auf die osteuropäischen Partner zu richten. Unter ihnen ist die Sorge groß, dass sie die nächsten Opfer der Expansionspolitik von Kreml-Chef Wladimir Putin werden könnten.

Danach geht es weiter nach Münster, wo Macron der Internationale Preis des Westfälischen Friedens verliehen werden soll. Dabei wird Steinmeier die Laudatio halten. (dpa/red)



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