Dieseltreffen mit Kanzlerin Merkel: Städte wollen mehr Unterstützung
Vor einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) haben mehrere Städte vom Bund mehr Unterstützung gegen hohe Luftverschmutzung verlangt. Unter anderem forderten Kiel, Hamburg, Köln, Düsseldorf und Heilbronn konkrete Maßnahmen, um die Luft zu verbessern.
„Ich erhoffe mir, dass der Bund die Kommunen mit der Problematik nicht allein lässt“, sagte der Kieler Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. Wesentliche rechtliche und technische Fragen könne nur der Bund lösen.
Fahrverbote vermeiden
OB Ulf Kämpfer forderte auch mehr finanzielle Unterstützung, „damit wir Mobilität umweltfreundlicher gestalten können“. Vier Wochen nach einem ersten Dieselgipfel mit der Autobranche will Merkel am Montag mit Vertretern aus rund 30 Städten beraten.
Ziel soll sein, gerichtlich erzwungene Fahrverbote zu vermeiden. Dabei geht es etwa um die mögliche Umstellung von Bussen und anderen Fahrzeugen auf alternative Antriebe und bessere Nahverkehrs-Angebote.
Siehe auch: Die Politik diskutiert über Diesel-Fahrverbote – aber um welche Schadstoffe geht es?
Deutschen Städte- und Gemeindebund: Dieselfahrzeuge nachrüsten
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, nahm die Autoindustrie in die Pflicht. Die Kommunen hätten rund 250 000 Fahrzeuge in ihren Fuhrparks, davon mehr als 90 Prozent mit Dieselmotoren. Diese Dieselfahrzeuge sollten nachgerüstet werden, damit der Ausstoß von Stickoxid (NOx) verringert werden könne, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. „Die Autoindustrie ist jetzt gefordert, eine schnelle Umrüstung zu unterstützen.“
Stickoxide können unter anderem den Atemwegen und dem Herz-Kreislauf-System schaden. Reutlingen, Kiel und Köln sind laut Umweltbundesamt nach Stuttgart und München am stärksten von Überschreitungen der NOx-Grenzwerte betroffen.
Siehe auch: Verkehrsexperte: Feinstaub und Stickoxide lassen sich durch die Motortechnik nicht gleichzeitig reduzieren
Kölns Stadtoberhaupt Henriette Reker (parteilos) sagte, Autoindustrie und Bund sollten Maßnahmen zur deutlichen Reduzierung der Belastung ergreifen. „Das heißt nicht nur eine Software-Lösung, sondern auch eine Hardware-Lösung.“ Solche Umbauten an Motoren lehnt die Autobranche ab. Auch Merkel hatte Zweifel geäußert.
Umweltministerin: Altfahrzeuge endlich richtig sauber machen
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks dagegen hält diese Umbauten für nötig. Sie rief Autobranche, Städte, Bund und Länder zu gemeinsamen Anstrengungen auf. „Um Fahrverbote zu vermeiden, müssen jetzt alle an einem Strang ziehen“, sagte die SPD-Politikerin dpa.
Autobauer müssten „endlich ihre Altfahrzeuge richtig sauber machen“, die Kommunen und Länder die Weichen in Richtung Verkehrswende stellen, und der Bund müsse sie unterstützen. „Jedem muss klar sein, dass das nicht mit ein paar symbolischen Euro geht, sondern Milliardeninvestitionen erfordert.“
Siehe auch: ADAC-Test: Ausländische Diesel sind viel dreckiger als Fahrzeuge von BMW und VW
Reutlingen in Baden-Württemberg erwartet von dem Treffen „mehr als nur gute Worte“, wie ein Stadtsprecher sagte. Benötigt werde Geld für den Ausbau des Stadtbusnetzes, die Umstellung auf Batteriebusse oder den Radverkehr. Inwiefern der Bund mehr Geld zusagen könnte, blieb zunächst offen. Wo finanzielle Unterstützung des Bundes sinnvoll ist, soll dies laut Bundesregierung über Förderinstrumente aus dem Haushalt geschehen.
CDU schlägt Erhöhung des Mobilitätsfonds vor
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte eine Erhöhung des beim Dieselgipfel beschlossenen „Mobilitätsfonds“ ins Spiel gebracht. Bisher vorgesehen ist ein Volumen von 500 Millionen Euro, wovon der Bund die Hälfte gibt. Den Rest sollen Autokonzerne beisteuern.
Die Mittel seien „ein guter erster Schritt“, allerdings solle nachgelegt werden, am besten gemeinsam von Bund, Ländern und Industrie, sagte Städtetags-Präsidentin Eva Lohse (CDU), Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen, der „FAZ“. Dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ sagte sie, der Städtetag werde den Bund am Montag auffordern, die Blaue Plakette für schadstoffarme Autos einzuführen.
Heilbronn: Verbot von Diesel-Autos kommt nicht in Betracht
Fahrverbote für ältere Dieselautos, wie sie etwa Stuttgart für Tage mit hoher Feinstaubbelastung diskutiert, sind hoch umstritten. Als Auto- und Zuliefererstadt mit vielen Ein- und Auspendlern komme ein lokales und generelles Verbot für Diesel-Autos nicht in Betracht, sagte der Oberbürgermeister von Heilbronn, Harry Mergel (SPD).
Auch der Bürgermeister von Limburg in Hessen, Marius Hahn (SPD), sprach sich gegen ein Diesel-Fahrverbot aus. Auto-Cheflobbyist Matthias Wissmann sagte der „Automobilwoche“: „Wir brauchen Leitplanken, aber wir brauchen keine Fahrverbote, weder für den Diesel noch für den Benziner.“
Der Düsseldorfer OB Thomas Geisel (SPD) kritisierte, das Problem der Schadstoffbelastung gehe auf ein Versagen des Bundes zurück – nämlich auf eine unzureichende Regulierung bei Zulassungsvoraussetzungen für Dieselfahrzeuge.
Der Hamburger Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) erwartet ebenfalls konkrete Handlungsoptionen von der Gesprächsrunde. Münchens OB Dieter Reiter (SPD) hatte ebenfalls ein stärkeres Eingreifen des Bundes verlangt. Welche Kommunen am Montag genau dabei sein werden, nannte die Bundesregierung nicht.
Auch mehrere Grünen-Politiker in den Kommunen verlangten ein Programm für bessere Stadtluft. Geld müsse unter anderem für den Ausbau von Radwegen und die Umstellung von Bussen, städtischen Fuhrparks und Carsharing auf abgasfreie Modelle zur Verfügung gestellt werden, fordern zahlreiche Bürgermeister und andere Beamte, darunter Boris Palmer aus Tübingen und Dieter Salomon aus Freiburg. (dpa)
Zum Weiterlesen
ADAC-Test: Ausländische Diesel sind viel dreckiger als Fahrzeuge von BMW und VW
Die Politik diskutiert über Diesel-Fahrverbote – aber um welche Schadstoffe geht es?
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion