Die Sicherheitskonferenz im Überblick
Die Gefahr eines neuen Krieges in Europa lag wie ein Schatten über der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz. Aber es gab auch noch andere Themen. Ein Überblick:
Europa
Die aktuelle Krise hat die Europäische Union noch stärker zusammengeschweißt. Es brauche aber, das war in München oft zu hören, eine besser abgestimmte gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Die Verteidigungsministerinnen Deutschlands und Frankreichs warben für einen weiteren Ausbau der militärischen Zusammenarbeit in der EU. Bundeskanzler Olaf Scholz forderte stärkere, aktive Anstrengungen bei der Integration von Ländern des westlichen Balkans in die Europäische Union – zu den Beitrittsaspiranten zählen Albanien, Nordmazedonien, Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina sowie das Kosovo.
Corona
Der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte in München davor, die Corona-Pandemie voreilig für beendet zu erklären. Denn das sei sie nicht: Nicht, wenn 70.000 Menschen pro Woche an Corona stürben. Nicht, wenn 83 Prozent der Bevölkerung Afrikas noch keine erste Impfdosis erhalten habe. Nicht, wenn Gesundheitssysteme noch immer unter der Zahl der Fälle ächzten. Und nicht, wenn Corona fast unkontrolliert zirkuliere. Tedros Adhanom Ghebreyesus bekräftigte das WHO-Ziel, von den reichen Staaten 16 Milliarden Dollar einzusammeln, um Impfstoffe, Tests, Medikamente und Masken in ärmeren Ländern bereitzustellen.
Iran
Bundeskanzler Olaf Scholz warnte den Iran vor einem Scheitern der Verhandlungen über die Rettung des Atomabkommens von 2015 und forderte Teheran zum Einlenken auf: „Jetzt ist der Moment der Wahrheit.“ Alle Elemente für einen Abschluss der Verhandlungen lägen auf dem Tisch. Irans Außenminister Hussein Amirabdollahian spielte den Ball später zum Teil zurück: Man sei bereit, innerhalb kürzester Zeit eine Vereinbarung zu schließen. Aber auch die USA müssten dazu jetzt ihren guten Willen zeigen – der Ball liege bei ihnen. Die nächsten Wochen gelten für die Verhandlungen nun als entscheidend.
China
Chinas Außenminister Wang Yi war per Video zugeschaltet. Er wandte sich in seiner Rede erneut gegen eine Osterweiterung der Nato. Und er wies Vorhaltungen wegen Chinas Umgang mit der muslimischen Minderheit der Uiguren scharf zurück. Es habe in der Provinz Xinjiang „nie“ sogenannte Umerziehungslager gegeben: „Das sind Lügen, die fabriziert und verbreitet wurden als Desinformationen.“ Scholz kündigte eine verstärkte Zusammenarbeit mit China in den Themen von „beiderseitigem Interesse“ an, etwa beim Kampf gegen den Klimawandel. Klar gegenhalten wolle man aber, „wo der Erhalt der multilateralen Ordnung bedroht ist oder Menschenrechte mit Füßen getreten werden“.
Sahelregion
UN-Generalsekretär António Guterres machte in München deutlich, dass der weitere Kampf gegen islamistische Terrorgruppen in der Sahelregion nur mit robusteren Truppen gewonnen werden könne. „Wir brauchen robuste Truppen“, sagte er, es sei „Friedenserzwingung nötig und Anti-Terror-Kampf“.
Klima
Die Erkenntnis, wie wichtig der Kampf gegen den Klimawandel ist und dass Klimapolitik auch Sicherheitspolitik ist, hat sich in München schon lange durchgesetzt. Doch der UN-Generalsekretär ist mit den Fortschritten unzufrieden. „Beim Klimawandel gewinnen wir das Rennen derzeit nicht, wir verlieren es“, warnte Guterres.
Frauen
Ein Foto der Chefs von Wirtschaftsunternehmen bei einem Mittagessen am Rande der Konferenz sorgte im Netz für Aufsehen. Darauf zu sehen: rund 30 Männer, aber keine einzige Frau. Unter den Sprechern im Hauptprogramm der diesjährigen Konferenz lag die Frauenquote nach offiziellen Angaben bei 45 Prozent – in der Runde mit den Managern war das Verhältnis aber ein anderes. Quasi passend dazu forderte Kanzler Scholz in einem Youtube-Interview mit einer Influencerin mehr Gleichberechtigung von Frauen und Männern: Da sei noch viel zu tun, dies sei noch „eine ganz, ganz große Baustelle“.
Kleist-Preis
Der scheidende Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wurde für seine langjährige Arbeit an der Spitze des Bündnisses mit dem Ewald-von-Kleist-Preis ausgezeichnet – benannt nach dem Gründer der Wehrkundetagung, des Vorläufers der Sicherheitskonferenz.
Ischinger
Es war nach 14 Jahren die letzte Konferenz unter Leitung von Wolfgang Ischinger – im kommenden Jahr übernimmt der Diplomat Christoph Heusgen. Unangenehm für Ischinger: Vor Konferenzbeginn hatte er nach einem „Spiegel“-Bericht Vorwürfe zurückweisen müssen, seinen Posten als Konferenzchef mit eigenen finanziellen Interessen vermischt zu haben. Auf dem Konferenzpodium erfuhr er aber viel Dank und Anerkennung. Scholz würdigte Ischingers Einsatz für die internationalen Beziehungen und die transatlantische Freundschaft. (dpa/red)
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