Die Landtagswahl könnte in Bayern die politische Tektonik verschieben
Bayern steht vor einer Landtagswahl, die die politische Tektonik im Freistaat verschieben könnte. Bestätigen sich am Sonntag die aktuellen Umfragen, ist die Übermacht der CSU gebrochen, und die SPD ist nur noch eine landespolitische Randfigur.
Die Grünen sind die neue Nummer zwei, und die AfD ist in einem weiteren Landtag. Das traditionell tiefschwarze Bayern könnte mit bis zu sieben Landtagsfraktionen politisch bunt werden wie nie.
Die jüngsten Umfragen sehen die CSU zwischen 33 und 35 Prozent, ein gewaltiger Absturz gegenüber den 47,7 Prozent bei der Landtagswahl 2013. Bewahrheitet sich das, wäre Bayern die Position des stärksten Bundeslands der Konservativen los.
Bei den Christsozialen scheint der drohende Absturz inzwischen schiere Panik zu verursachen. Statt Geschlossenheit zu demonstrieren, schossen sich Ministerpräsident Markus Söder und CSU-Chef Horst Seehofer gegenseitig Giftpfeile zu.
Söder machte die Berliner Politik und damit den als Hauptverantwortlichen des Chaos der großen Koalition geltenden Seehofer zum Verantwortlichen. Seehofer wiederum betonte mit Nachdruck, Söder sei ganz allein für die Wahlkampfstrategie verantwortlich.
In der CSU zeichnet sich also ab, dass am Wahlabend des 14. Oktobers ein offener Machtkampf ausbricht. So unabsehbar der Ausgang dieses Machtkampfs ist, so offen ist allerdings auch der Ausgang der Regierungsbildung im von der Bevölkerungszahl her zweitgrößten Bundesland mit seinen neuneinhalb Millionen Wahlberechtigten.
Dass die CSU weiter den Ministerpräsidenten stellt, gilt als sicher, weil die rechnerisch bestehende Möglichkeit eines Alternativbündnisses aus Grünen, SPD, Freien Wählern und FDP mit Ausnahme der FDP bisher nicht von den Parteien angestrebt wird.
Als Anführer eines solchen Bündnisses kämen derzeit nur die Grünen in Frage, die der größte Profiteur der CSU-Krise sind und mit ihrem auf die Regierungspartei zielenden Motto „Mut geben statt Angst machen“ offenbar einen Nerv treffen.
Noch im Frühjahr lagen die Grünen auf demselben Niveau wie SPD und AfD. Doch jetzt sind sie mit 18 Prozent mit Abstand zweitstärkste Kraft und könnten am Ende rechnerisch sogar die einzige Partei sein, die für eine Zweierkoalition in Bayern infrage kommt. Ihr Spitzenkandidat Ludwig Hartmann äußerte sich im „Münchner Merkur“ allerdings sehr zurückhaltend zu solch einer Option. „Wir unterscheiden uns in vielen Punkten wesentlich von der CSU“, sagte er.
Die SPD liegt trotz eines engagierten Wahlkampfs der stellvertretenden Bundesvorsitzenden Natascha Kohnen bei desaströsen Werten von um die zehn Prozent, was eine Halbierung ihres Wahlergebnisses von 2013 wäre. Die Freien Wähler hoffen auf ihr bisher bestes Wahlergebnis, sie liegen bei zehn bis elf Prozent. Und die AfD ließ in den bayerischen Umfragen zwar zuletzt Punkte, erreicht aber immer noch zehn Prozent und mehr.
Völlig unübersichtlich werden die künftigen Machtverhältnisse, wenn die FDP in den Landtag zurückkehrt und die Linke den erstmaligen Einzug schafft. Beide Parteien liegen im Bereich der Fünfprozenthürde, die FDP etwas darüber, die Linken etwas darunter. Schaffen es beide, hätte Bayern mit sieben Fraktionen das bunteste Parlament in ganz Deutschland.
Bis zum Wahlsonntag wollen die Parteien noch Punkte machen. Aus Berlin touren die führenden Köpfe der Bundestagsparteien täglich durch Bayern. Mit einer Ausnahme: Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin ist bei der CSU als Wahlkampfhelferin unerwünscht, zur Abschlusskundgebung am Freitagabend lud Söder lieber den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz ein.
Auch das ist eine der offenen Fragen nach der Bayernwahl: Wird die CSU ihr Verhältnis zu Merkel neu sortieren oder kommt es sogar zum dauerhaften Bruch? (afp)
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