Deutschland: US-Sanktionspläne gegen Russland sind „völkerrechtswidrig“
Die geplante Verschärfung der US-Sanktionen gegen Russland stößt bei der Bundesregierung auf massive Kritik, da sie Strafmaßnahmen gegen deutsche Firmen befürchtet.
Es sei „befremdlich“, dass im Zusammenhang mit der Bestrafung russischen Verhaltens „die europäische Wirtschaft ein Ziel der amerikanischen Sanktionen sein soll“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin.
EU-Staaten befürchten Strafen
Der US-Senat stimmte am Donnerstag mit großer Mehrheit für neue Sanktionen gegen Moskau wegen mutmaßlicher russischer Einmischungen in den US-Präsidentschaftswahlkampf.
Die Bundesregierung befürchtet, dass demnach auch Unternehmen in Deutschland und anderen europäischen Staaten auf dem US-Markt Strafen drohen, wenn sie sich an Erdgasprojekten wie Nord Stream II mit Russland beteiligen oder sie finanzieren.
Verdrängung russischer Erdgaslieferungen vom EU-Markt
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) und Österreichs Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) kritisierten die Sanktionen am Donnerstag umgehend in einer gemeinsamen Erklärung scharf – es gehe um die Verdrängung russischer Erdgaslieferungen vom europäischen Markt.
Aus dem Gesetzesentwurf gehe mit „hemdsärmeliger Offenheit“ hervor, dass durch die Sanktionen US-Wirtschaftsinteressen befördert werden sollten, kritisierte Außenamtssprecher Martin Schäfer am Freitag.
Röttgen: Gabriel nicht neutral – großer Lobbyeinfluss von Gazprom in SPD
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Nobert Röttgen (CDU), warf Gabriel hingegen vor, er habe sich „in der Vertretung der Interessen des russischen Staatskonzerns Gazprom zu einer Einseitigkeit und einer Tonlage hinreißen lassen, die nicht die Interessen Deutschlands widerspiegeln“. Dies zeige, „wie groß der Lobbyeinfluss von Gazprom in der SPD ist“, sagte Röttgen dem „Spiegel“.
Merkel: „Wirtschaftliche Interessen und Sanktionen nicht vermischen“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teile die von Gabriel und Kern vorgebrachten Sorgen, sagte Seibert. Das Vorgehen des US-Senats sei „eigenwillig“. Die Bundesregierung lehne Sanktionen mit Auswirkungen auf Drittstaaten ab. Merkel sei ebenso wie Gabriel der Überzeugung, „dass wirtschaftliche Interessen und Sanktionsfragen nicht miteinander zu vermischen sind“.
Schäfer nannte die Pläne des US-Senats rechtlich „ungewöhnlich“. Er forderte, „das müsst Ihr, liebe Amerikaner, schon uns überlassen, wie wir die Energieversorgung in Deutschland und Europa regeln. Das ist nicht Euer Bier, sondern das ist unsere Angelegenheit.“
Bestrafung ist „politisch inopportun“ und „völkerrechtswidrig“
Die mögliche Bestrafung europäischer Unternehmen sei „politisch inopportun“ und „völkerrechtswidrig“, wenn die Pläne so umgesetzt würden. Schäfer rief dazu auf, sie fallen zu lassen. Er verwies darauf, dass der Beschluss inmitten einer „aufgeheizten innenpolitischen Debatte“ in den USA über den Umgang mit Russland getroffen worden sei.
US-interner Machtkampf
Mit dem Gesetzesentwurf will der US-Senat Präsident Donald Trump beim Thema Russland-Sanktionen den Entscheidungsspielraum nehmen. Die Regelung soll Trump an einer eigenmächtigen Lockerung der Strafmaßnahmen hindern, Änderungen müssten damit künftig vom Kongress gebilligt werden.
US-Repräsentantenhaus muss noch abstimmen
Russland wird seit längerem vorgeworfen, den Wahlkampf mit Hackerangriffen zugunsten des späteren Wahlsiegers Trump beeinflusst zu haben. Beweise wurden noch nicht vorgelegt. Die Regierung in Moskau weist diese Anschuldigungen zurück.
Über den Gesetzentwurf muss noch das US-Repräsentantenhaus abstimmen. Sollte das Gesetz endgültig verabschiedet werden, könnte Trump das Vorhaben aber noch mit einem Veto stoppen. (afp/as)
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