„Deutschland sollte Untersuchung anstrengen“: David Matas schlägt Maßnahmen zu Chinas Organraub in Berlin vor

Unter dem Titel „Human Harvest – Organraub in China“ fand am 31.Oktober ein Expertenforum in Berlin statt. Menschenrechtsanwalt David Matas nannte verschiedene mögliche Maßnahmen gegen den geheimen Massenmord im Dienst der Transplantationsmedizin. Mit dabei waren auch chinesische Experten und der Bundestagsabgeordnete Martin Patzelt (CDU).
Titelbild
Der kanadische Menschenrechtsanwalt David Matas: Seit 2006 unermüdlich weltweit unterwegs im Kampf gegen Organraub.Foto: The Epoch Times
Von 4. November 2016

„Es war uns sehr wichtig, diese Veranstaltung zu machen, weil das Thema erschreckend unbekannt ist“, sagt Sebastian Grunow von ELSA im Vorfeld. Das Netzwerk von Jurastudenten hatte David Matas an die Berliner FU eingeladen.

Folgende Maßnahmen schlägt Matas vor:

Vor dutzenden Zuhörern erklärte Matas dann Chinas staatlich organisierten Organraub aus juristischer Sicht: Nur vom Ausland aus könne man derzeit aktiv werden, weil Anwälte innerhalb Chinas derzeit sofort in die Mühlen des kommunistischen Systems geraten, wenn sie Menschenrechtsverbrechen anprangern, so Matas. Er verwies auf den Fall von Gao Zhisheng, der als renommierter Anwalt gewagt hatte, vom Regime entrechtete Falun Gong-Anhänger zu verteidigen und dafür selbst jahrelange Haft und Folter erlitt. Matas schlug zweckgerichtete Maßnahmen vor, welche die Transplantations-Branche betreffen:

So könnten Länder international und individuell die Reisefreiheit chinesischer Transplantations-Ärzte einschränken, und für mutmaßliche Organraub-Beteiligte Einreiseverbote erlassen. Auch könnten Anzeigen gegen diese Personen in den jeweiligen Ländern gestellt werden, sobald diese sich dorthin begeben. Matas schlug außerdem vor, dass man akademische Kooperationen auf Eis legen und wissenschaftliche Arbeiten chinesischer Transplanteure nicht anerkennen sollte. Es gebe eine ganze Reihe von Maßnahmen, um auf die chinesische Transplantations-Branche Druck auszuüben und diese international zu isolieren – wenn man nur politisch wollte.

Von allgemeinen wirtschaftlichen Boykotten gegen China hält der Kanadier nichts. Boykotte würden nur nützen, wenn sie auf relevante Medikamente verhängt würden, oder ein Aus- und Weiterbildungsverbot von chinesischen Ärzten beinhalteten.

Auf die UN sollte man sich nicht verlassen, sagte er auf die Frage eines Studenten hin – sie sei viel zu bürokratisch und ineffektiv, auch habe China dort zu starken Einfluss. Matas schlug vor, dass einzelne Länder die Initiative ergreifen: Wenn zum Beispiel ein so respektiertes Land wie Deutschland eine Untersuchung des Organraubs in China anstrengen könnte, würde diese Untersuchung internationale Beachtung finden und auf große Resonanz stoßen, ist er sich sicher. Die EU-Resolution von 2013 sei ein erster guter Schritt gewesen. MdB Patzelt pflichtete Matas bei und meinte, die EU-Resolution sei eine Aufforderung an die EU-Staaten, Maßnahmen zu ergreifen. Auch er sieht Deutschland in der Pflicht.

„Kritisieren Sie öffentlich!“

Manyan Ng, IGFM-Vertreter und CEO von EPOCH TIMES Europe sagte, jeder könne helfen, die Verbrechen des chinesischen Regimes aufzudecken und zu beenden: „Kritisieren Sie öffentlich!“, sagte er an die Studenten, aber auch an MdB Patzelt gerichtet. Der Menschenrechtsdialog hinter verschlossener Tür sei ein Trick. Die KP fürchte am meisten ihre internationale Bloßstellung durch offene Worte. Deshalb rät er: „Wir alle sollten Informationsfreiheit vorantreiben.“ Das KP-System habe nur überlebt, weil Informationen enorm stark zensiert wurden und gleichzeitige Propagandalügen funktioniert hätten. Dazu hatte Ng einige historische Beispiele genannt.

Martin Patzelt vom Menschenrechtsausschuss des Bundestages erklärte, dass er sich für ein Gesetz gegen „Organtourismus“ einsetzen wird. In einer Situation, wo ein Mensch hierzulande schwer krank sei und um sein Leben fürchte, sei er moralisch möglicherweise nicht mehr stark genug, der Option „Organtourismus“ in China oder anderenorts zu widerstehen. Deshalb müsste der Gesetzgeber hier eine klare Linie ziehen. Patzelt erklärte auch, dass ein öffentliche Diskussion über die Lage in China notwendig sei, um die deutsche Politik unter Handlungsdruck zu setzen. Auf seine Vorschläge reagierten Politiker-Kollegen derzeit ablehnend bis zögerlich, sagte er – auch mit dem Argument, Deutschland habe derzeit genug eigene Probleme.

Er mahnt, dass man beim Thema Menschenrechte niemals Zugeständnisse machen dürfe. Die Argumentation von Menschenrechtsverletzern sei immer die selbe: Ihre Maßnahmen seien vorübergehend notwendig und dienten dem gesellschaftlichen Gesamtwohl der Zukunft. Darauf dürfe man nicht hereinfallen.

Warum ist der Organraub so unbekannt?

Die Frage „Warum ist dieses riesige Thema so unbekannt“ wurde ebenfalls von den Zuhörern gestellt. David Matas meinte, es liege an einer Reihe von Faktoren. Es gebe starke Zensur innerhalb von China und auf internationaler Ebene wegen politischer und wirtschaftlicher Verstrickungen. Außerdem sei die Geschichte des Organraubs an Falun Gong eine sehr komplexe und lasse sich nicht mit einem 30-Sekunden-Spot oder einem Tweet abhandeln. Ein Problem sei, dass die Falun Gong-Thematik relativ neu sei, im Vergleich zum Beispiel mit der Verfolgung der Tibeter, die schon seit Jahrzehnten stattfindet, und deshalb bekannter ist. Und auch, dass die meisten Informationsquellen auf Chinesisch seien, stelle ein Problem dar. Ein weiterer Faktor sei, „dass wir in einem Zeitalter des Sekularen leben“ so Matas. Damit habe Falun Gong als spirituelle Bewegung automatisch einen schweren Stand ernst genommen zu werden – denn es gebe viele Menschen, die auf Spirituelles ablehnend reagierten, so der Menschenrechtsanwalt.

Hintergrund:

China ist der zweitgrößte Transplantations-Standort nach den USA, doch ein Organspendesystem nach westlichem Standard existiert dort nicht. Seit 16 Jahren haben dort in 700 Kliniken bis zu 100.000 Transplantationen jährlich stattgefunden – doch woher all die Organe kamen, ist ungeklärt. Die Zahl der freiwilligen Organspenden ist verschwindend gering und auch die Zahl der Exekutierten deckt sich bei weitem nicht mit den Transplantationszahlen. Gleichzeitig fand seit 1999 in China eine umfassende Verfolgung der buddhistischen Falun Gong-Bewegung statt, in deren Rahmen Hunderttausende Menschen in Haft kamen oder verschwanden. Dies legt den Zusammenhang nahe, dass vor allem Falun Gong-Anhänger Opfer des Organraubs sind. Journalist Ethan Gutmann konnte nachweisen, dass ab 2002 auch Hauschristen, Tibeter und Uighuren Opfer der Verbrechen wurden.



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