Sonnenkönig und Kaiser Kangxi: Freundschaft aus Schicksal

Am 5. September 1638 erblickte Ludwig XIV. im Schloss Saint-Germain-en-Laye das Licht der Welt. Unter seiner Herrschaft entstanden in Frankreich zahlreiche Königliche Akademien der Künste für Malerei, Skulptur und Architektur und prägten die kunst- und architekturgeschichtliche Epoche des klassizistischen Barock. So erlebte die Kulturlandschaft im absolutistischen Frankreich ihre Blütezeit und der Sonnenkönig ging als größter Kunstförderer aller Zeiten in die Geschichte ein.
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Fotos: public domain
Von 6. September 2021

Die Freundschaft von Chinas Kaiser Kangxi und Frankreichs Sonnenkönig Ludwig XIV. wirkte außergewöhnlich inspirierend auf Europa und Fernost.

Getroffen haben sich die beiden Herrscher freilich niemals: 8.232,58 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Versailles und Peking. Ende des 17. Jahrhunderts war dies eine jahrelange und gefährliche Reise. Doch man schrieb sich Briefe und pflegte auf höchster Ebene kulturellen Austausch durch Gesandte.

Die Parallelen in den Biografien der beiden Monarchen sind erstaunlich: Beide bestiegen bereits im Kindesalter den Thron und wurden zunächst von ihren Müttern und Ministern vertreten. Als Erwachsene stießen sie in ihren Ländern glorreiche Blütezeiten an, die in Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft lange nachwirkten. Kangxi lebte von 1654 bis 1722 und war mit 61 Jahren auf dem Thron, Chinas am längsten regierender Kaiser. Ludwig XIV. prägte Europa ganze 72 Jahre lang.

Wie alles anfing

Im Jahr 1684 war erstmals ein Chinese nach Versailles gekommen und versetzte den gesamten französischen Hof in Staunen: Michael Alphonsus Shen Fu-Tsung sprach Latein, war Christ und bereiste als Missionar Europa. Shen trug chinesische Seidenkleider, war hochgebildet und faszinierte durch seine Gelassenheit und kultivierte Ausstrahlung. Er überreichte Ludwig ein Konfuzius-Buch in lateinischer Sprache mit der Bitte, dieses in Frankreich herausbringen zu lassen. Er führte chinesische Kalligrafie vor und zeigte bei einem ihm zu Ehren gegebenen Staatsbankett, wie man mit Elfenbeinstäbchen isst.

Der Sonnenkönig war beeindruckt und neugierig geworden. Da Spanien und Portugal fleißige Entdecker neuer Kontinente waren, würde er den Austausch mit China zu seinem einzigartigen Projekt machen.

Fünf Gelehrte wurden auf dem Seeweg mit einer großen Menge wissenschaftlichem Equipment nach Peking gesandt. Sie erreichten Chinas Hauptstadt tatsächlich drei Jahre später. Auch sie waren gebildete Missionare und Experten auf den Fachgebieten, welche die Chinesen am meisten interessierten: Mathematik, Geografie, Astronomie und Navigation.

Kaiser Kangxi war Mitte 30, als er die Franzosen empfing. Zwei von ihnen machte er sofort zu seinen persönlichen Lehrern in Mathematik, Physik und Astronomie. Die anderen schickte er los, um ihr Wissen in China zu verbreiten.

Wissensdurst und Disziplin

Kangxi war ein wissbegieriger Monarch, der seinen Tagesablauf ähnlich wie Ludwig XIV. gestaltete: Morgens früh aufstehen und Staatsgeschäfte erledigen, danach Künste und Wissenschaften studieren. Die Franzosen brachten dem Kaiser daraufhin täglich die Benutzung wissenschaftlicher Geräte wie Wasserwaage, Fernrohr, Globus und auch das Spiel auf westlichen Musikinstrumenten bei. Wenn Kangxi sein Land bereiste, nahm er die Instrumentarien mit und präsentierte ihre Verwendung dem Volk höchstselbst. Die beiden Franzosen blieben jahrelang am Kaiserhof, schrieben Briefe nach Europa und verfassten für Ludwig eine Biografie Kangxis. Wegen der vielen Gemeinsamkeiten fand der Sonnenkönig den Kaiser von China sehr sympathisch und zollte ihm höchsten Respekt. Er schickte weitere Missionare, um den Kulturaustausch zu fördern. Sie sollten das Christentum verbreiten, als Kunsthandwerker, Maler, Musiker und Wissenschaftler wirken.

Kangxi kam dem entgegen, indem er 1692 das früher in China verbotene Christentum offiziell anerkannte. So kamen noch mehr Missionare aus Europa, die Chinesisch lernten und eine schnelle Entwicklung vorantrieben. Sogar manche Mitglieder des Kaiserhofs konvertierten.

China-Begeisterung in Europa

In Frankreich kam unterdessen das Buch über Kangxis Leben heraus, dass die Menschen erstmals detailliert über China informierte. Es wurde zum Top-Thema des Adels. Chinesische Kunstgegenstände, die ein europäisches Schiff brachte, erzielten Höchstpreise und lösten eine wahre China-Begeisterung aus.

Die größte Ehre erwies der Sonnenkönig seinem chinesischen Antipoden, indem er im Jahr 1700 seinen Neujahrsempfang auf Schloss Versailles chinesisch zelebrierte – mit passender Dekoration und Kleidung. Ludwig XIV. trug eine seidene chinesische Kaiserrobe und ließ sich gemäß Pekinger Hofzeremoniell in einer Sänfte tragen. Dies war ein historisches Ereignis und die höchste Anerkennung der chinesischen Kultur.

Später, als bereits Kangxis Enkel herrschten, baute man in Peking den großen Sommerpalast zum Teil im Barockstil und Gärten, die noch gigantischer waren, als die von Versailles.



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