Deutschland-Pakt des Kanzlers: Für CDU eine „Bankrotterklärung“ der Ampel und „PR-Gag“
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Union zum Engagement bei dem von ihm vorgeschlagenen Deutschland-Pakt gedrängt. Bei so wichtigen nationalen Themen „geht’s nicht ums Lästern, sondern ums Zusammenarbeiten“, sagte er den Sendern RTL und ntv am Wochenende. Er habe sich ganz bewusst auch an die Union gewandt. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) rief die Union zur Mitwirkung auf.
Friedrich Merz: „Sollte die Vertrauensfrage stellen“
CDU-Chef Friedrich Merz erklärte sich im Sender RTL grundsätzlich zu einer Zusammenarbeit bereit, forderte aber vor allem ein härteres Vorgehen gegen sogenannte illegale Migration. „Wir, die Opposition, sind selbstverständlich bereit, vernünftige Vorschläge mitzumachen“, sagte Merz. Beim Bundesmittelstandstag der Union am 8. September in Kiel gab er sich kritischer:
Wen meint der Bundeskanzler mit dem Pakt für Deutschland? Die eigene Regierung? Die Länder? Oder uns, die Opposition? Hat er denn keine Mehrheit mehr? Dann soll er die Vertrauensfrage im Deutschen Bundestag stellen.“
Gitta Connemann, Vorsitzende des CDU-Wirtschaftsflügels, unterstützt Merz. „Der Parteivorsitzende hat recht. Der sogenannte Deutschland-Pakt ist ein Offenbarungseid des Bundeskanzlers. Ihm fehlt es offenbar an Mehrheiten in seinen eigenen Reihen. Der Bundeskanzler muss klären, ob seine eigene Regierungsmehrheit noch steht. Scholz sollte die Vertrauensfrage stellen. Vorher hat es keinen Sinn, über einen Deutschland-Pakt zu sprechen.“
Sie wirft der Ampel vor, mit „Wohltaten“ – wie dem Bürgergeld – Fehlanreize gegen Arbeit zu setzen. Auch die Atomdebatte ist in ihren Augen noch nicht vorbei. Für sie ist der Deutschlandpakt eine „Bankrotterklärung“ der Ampel. Im Interview mit der „Welt“ sagt sie:
Ein Kanzler, der seine Regierung im Griff hat, braucht keinen Pakt. Der würde einfach gut regieren.“
Auch andere CDU-Politiker hinterfragen den Plan. Bodo Löttgen, Mitglied des Landtags für die CDU im Landtag Nordrhein-Westfalen, postete auf X: „What? Die CDU, bei der der Herr @Bundeskanzler gerade um Beistand für seinen Deutschlandpakt nachsucht, weil seine #Ampel in alle Himmelsrichtungen auseinander driftet, diese CDU soll den zerstrittenen Haufen ‚in eine Richtung drängen‘?“
Zusammenarbeiten für mehr Tempo
Scholz hatte am Mittwoch im Bundestag Ländern, Kommunen und der Opposition einen Deutschland-Pakt zur Modernisierung des Landes vorgeschlagen. Als Kernpunkte nannte er die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, die Digitalisierung der Verwaltung und die Unterstützung für Unternehmen.
„Dass ich mich nicht nur auf Gemeinden und Länder bezogen habe, sondern ganz bewusst die große Oppositionspartei eingeladen habe, Vorschläge zu machen, die für mehr Tempo in Deutschland sorgen, das ist wichtig, denn das ist das, was alle hier wollen“, sagte Scholz den Sendern.
Über Jahrzehnte seien Regeln und Vorschriften gewachsen, die gar nicht mehr so umgesetzt werden könnten. „Und wenn wir uns da unterhaken, wäre es für unser Land das Beste.“ Er sei optimistisch, dass die Opposition auch mitmache. Auch „gute Vorschläge“ aus den Ländern seien „höchstwillkommen“.
Scholz sagte außerdem dem Sender „Welt TV“, Deutschland brauche viel zu lange für Genehmigungen und für Planungen, und es gebe „unglaublich viele rechtliche Vorschriften und Bürokratie“.
Deshalb müsse man an ganz viele Dinge herangehen. „Das passiert am besten in einem großen Schulterschluss“, betonte der Kanzler. Das Wichtigste sei, dass die Dinge schnell gehen. Da sollte sich „auch die größte Oppositionspartei“ einreihen. Er sei dabei auch offen für Vorschläge anderer Teilnehmer.
Faeser: „Union redet unser Land schlecht“
Innenministerin Faeser (SPD) rief die Union auf, beim Thema Migration beim Deutschland-Pakt mitzuwirken. „Die Union redet unser Land schlecht. Jetzt kann sie zeigen, dass sie wie wir an echten Lösungen interessiert ist“, sagte sie der „Bild am Sonntag“. Beim Thema Migration sei sie gern bereit, CDU und CSU einzubinden. „Da geht es um Fachkräfte, die wir dringend brauchen. Und da geht es um Reduzierung irregulärer Migration.“
Scholz‘ Vorstoß war zunächst auf ein geteiltes Echo gestoßen. So werteten etwa der Städte- und Gemeindebund sowie das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) den Deutschland-Pakt als „nichts Neues“.
Auch aus den Ländern gab es teils Ablehnung: Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) etwa schlug Scholz‘ Einladung aus. Berichten zufolge gab es hingegen bereits Kontakt zwischen dem Kanzler und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) in der Angelegenheit.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) verlangte in Verbindung mit dem „Deutschland-Pakt“ ein „Belastungsmoratorium“ für die Kommunen. „Im Grundsatz bin ich sehr für Entbürokratisierungen, Verwaltungsvereinfachung und Nutzung der digitalen Möglichkeiten, um Abläufe zu vereinfachen, zu beschleunigen und schlanker zu gestalten“, sagte Ramelow dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.
Wüst nennt Scholz‘ „Deutschland-Pakt“ einen „PR-Gag“
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hält ebenfalls nicht viel von dem von Bundeskanzler Olaf Scholz vorgeschlagenen „Deutschland-Pakt“.
„Ich fühle mich offen gesprochen veräppelt“, sagte Wüst der „Rheinischen Post“. Der „Deutschland-Pakt“ sei „ein reiner PR-Gag für Projekte, die ohnehin schon in der Pipeline sind und die wir als Länder schon seit langem fordern“.
Wüst wies darauf hin, dass seit zehn Monaten Ideen der Länder zur Planungsbeschleunigung auf dem Tisch lägen. „Monatelang kam keine Reaktion aus dem Kanzleramt. Der Bund hat wertvolle Zeit vertrödelt – zu Lasten des Wirtschaftsstandorts Deutschland“, kritisierte der Ministerpräsident. Jetzt dürften „nicht erneut weitere Monate sinnlos verstreichen“.
Wenn der Kanzler „seine neuen, vollmundigen Ankündigungen wirklich und endlich ernst meinen sollte, nehmen wir ihn direkt in die Pflicht“, sagte dazu Wüst. Die Länder stünden „sofort bereit, den längst verabredeten Pakt für Planungsbeschleunigung jetzt auch umzusetzen“.
Scholz kritisiert AfD als „Abbruchkommando für unser Land“
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte in seiner Rede vor dem Bundestag auch scharfe Kritik an der AfD geübt. „Die allermeisten Bürgerinnen und Bürger wissen, dass die selbst ernannte ‚Alternative‘ in Wahrheit ein Abbruchkommando ist – ein Abbruchkommando für unser Land“. Die demokratischen Parteien müssten zusammenarbeiten gegen Kräfte, „die politischen Profit schlagen wollen aus Abstiegsszenarien und Panikmache“.
Scholz warnte in seiner Rede vor einer Rückkehr zum Nationalismus, wie die AfD ihn befürwortet. „Unser Wohlstand ist auf das Engste verknüpft mit der Europäischen Union“, sagte der Kanzler. „Und deshalb sind die Forderungen nach neuen Schlagbäumen zwischen den Mitgliedstaaten, nach einem Rückbau der Europäischen Union und nach einem radikalen Abbau des Sozialstaats nichts als mutwillige Wohlstandsvernichtung.“
Scholz räumte ein, dass die von großen Veränderungen geprägte politische Lage bei vielen Menschen für Verunsicherung sorge. „Was die Bürgerinnen und Bürger in einer solchen Lage von uns erwarten, ist doch kein Schattenboxen hier im Bundestag“, sagte er. „Sie wollen Orientierung, mutige Kompromisse, zupackende Arbeit für unser Land.“ Dies sei auch der Anspruch „an die Regierungsparteien, die in den vergangenen Monaten zu laut gestritten haben“, fügte der Kanzler hinzu.
(afp/dpa/red)
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