Deutscher Ethikrat: Kein Kommentar in Sachen Streumunition

Der Deutsche Ethikrat sieht sich nicht zu einer Stellungnahme zum Thema „Streumunition für die Ukraine“ verpflichtet. „Tagespolitische Äußerungen von Mitgliedern der Bundesregierung oder des Bundestages“ zu kommentieren, gehöre nicht zu den Aufgaben des ehrenamtlichen Gremiums.
Titelbild
Prof. Dr. Alena Buyx, die Vorsitzende des ehrenamtlichen „Deutschen Ethikrates“ bei einem früheren Auftritt bei der Bundespressekonferenz in Berlin. Zum Thema Streumunition will das Gremium keinen Kommentar abgeben.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von 12. Juli 2023

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Der Deutsche Ethikrat sieht es nicht als seine Aufgabe an, sich zum Thema Streumunition zu äußern. Auf Anfrage der Epoch Times antwortete Dr. Joachim Vetter, der Leiter der Geschäftsstelle des Ethikrats in Berlin, der Rat habe sich bislang „nicht mit Fragen zum Umgang oder Einsatz von Streumunition“ beschäftigt. Er werde „dies auch nicht tun“.

Die Mitglieder des Ethikrats arbeiteten ehrenamtlich, erklärte Vetter. Bei den monatlichen Plenarsitzungen gebe es „ein festes Arbeitsprogramm“. Dabei gehe es nie um „tagespolitische Äußerungen von Mitgliedern der Bundesregierung oder des Bundestages“. Der Ethikrat „kommentiert oder bewertet somit auch keine Äußerungen des Bundespräsidenten oder von Staatsoberhäuptern anderer Länder“, schrieb Vetter.

Gemäß Ethikratsgesetz habe der Deutsche Ethikrat lediglich „die Aufgabe, die ethischen, gesellschaftlichen, naturwissenschaftlichen, medizinischen und rechtlichen Fragen sowie die voraussichtlichen Folgen für Individuum und Gesellschaft zu verfolgen, die sich im Zusammenhang mit der Forschung und den Entwicklungen insbesondere auf dem Gebiet der Lebenswissenschaften und ihrer Anwendung auf den Menschen ergeben“, stellte Vetter klar.

Bunderegierung und Bundespräsident: Keine Intervention wegen Streumunition für die Ukraine

Die Epoch Times hatte den Ethikrat um eine Stellungnahme zur Ankündigung des US-Präsidenten Joe Biden gebeten, der Ukraine in ihrem Kampf gegen russische Truppen Streumunition zur Verfügung stellen zu wollen.

Außerdem wollten wir wissen, wie der Rat zur Aussage von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) steht, den USA dabei „nicht in den Arm fallen“ zu wollen. Auch eine Einschätzung zur Haltung der Bundesregierung hätte uns interessiert.

Zuletzt hatte mit Sebastian Fischer ein Vertreter des Auswärtigen Amtes auf der Bundespressekonferenz vom 10. Juli keine eindeutige Antwort auf die Frage gegeben, ob die Bundesregierung seit dem 7. Juli aktiv versucht habe, die US-Regierung von der Streumunitionslieferung an die Ukraine abzubringen. Dazu wäre sie nach dem „Oslo-Übereinkommen“ (PDF) vom Dezember 2008 eigentlich verpflichtet. Denn da heißt es in Artikel 21 Absatz 2:

Jeder Vertragsstaat notifiziert den Regierungen aller in Absatz 3 genannten Staaten, die nicht Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind, seine Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen, fördert die Normen, die darin niedergelegt sind, und bemüht sich nach besten Kräften, Staaten, die nicht Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind, vom Einsatz von Streumunition abzubringen.“ (Hervorhebungen: Epoch Times)

Kurz nach Bekanntwerden der Zusage aus Washington hatte lediglich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am 7. Juli in Wien gesagt, sie lehne den Einsatz von Streumunition ab.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit dagegen hatte das US-Vorhaben am selben Tag als „legitim“ bezeichnet. Am 9. Juli hatte Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier im ZDF-„Sommerinterview“ ebenfalls bekräftigt, den USA „nicht in den Arm fallen“ zu wollen.

Steinmeier hatte das Oslo-Abkommen zur Ächtung und zum Verbot von Streumunition 2008 in seiner Rolle als Außenminister mit initiiert und eigenhändig unterschrieben. Damit hatte er Deutschland dazu verpflichtet, auch auf internationaler Bühne Bemühungen zu unternehmen, um auch Nicht-Unterzeichner des Abkommens von der Verwendung von Streumunition abzubringen. Davon wären unter anderem die USA, die Ukraine und Russland betroffen, denn diese Länder hatten sich nie an der Oslo-Übereinkunft beteiligt.

Von solchen aktiven Bestrebungen der Bundesregierung, die USA an der Lieferung und die Ukraine an der Verwendung von Streumunition zu hindern, wurde seit dem 7. Juli 2023 aber nichts bekannt. Die Stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann hatte auf der Bundespressekonferenz am 10. Juli lediglich betont, dass die Bundesregierung „die Äußerung des Bundespräsidenten nicht im Widerspruch zu ihrer Haltung“ sehe.

Der Ethikrat

Der „Deutsche Ethikrat“ wurde kraft Gesetzes (EthRG) am 1. August 2007 als unabhängiger Sachverständigenrat in Berlin eingerichtet. Das Gremium besteht offiziell aus 26 Mitgliedern. Auf der Website sind derzeit aber nur 24 Mitglieder mit Foto aufgelistet. „Neben seinen in Berlin stattfindenden öffentlichen Abendveranstaltungen der Reihe ‚Forum Bioethik‘ und seiner Jahrestagung führt der Deutsche Ethikrat auch außerhalb Berlins ganztägige öffentliche Veranstaltungen durch“, heißt es auf der Website.

Den Ratsvorsitz hatte im Mai 2020 die Medizinethikerin Prof. Dr. Alena Buyx, Jahrgang 1977, übernommen. Sie hatte als Mitglied des „Corona-Expertenrats“ der Bundesregierung immer wieder für kontroverse Debatten gesorgt. Einerseits hatte sie die Bundesregierung unter anderem für ihren Umgang mit Jugendlichen, Kindern und einsam verstorbenen Senioren kritisiert. Andererseits hatte sie sich immer wieder für schärfere Kontaktbeschränkungen und fürs Impfen starkgemacht – aus „moralischen Gründen“.

In der Frage zu einer „Allgemeinen Impfpflicht“ war der Deutsche Ethikrat gespalten: Älteren und anderen Angehörige von Risikogruppen sei so etwas durchaus zumutbar.

Zu den Aufgaben des Rats „gehören insbesondere die Information der Öffentlichkeit und die Förderung der Diskussion in der Gesellschaft, die Erarbeitung von Stellungnahmen sowie von Empfehlungen für politisches und gesetzgeberisches Handeln für die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag sowie die Zusammenarbeit mit nationalen Ethikräten und vergleichbaren Einrichtungen anderer Staaten und internationaler Organisationen“, heißt es in der Eigenbeschreibung des Gremiums.



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