Deutsche Seefernaufklärer bald in Schottland: NATO verstärkt Atlantik-Überwachung aus Sorge vor Russland

Russlands U-Bootflotte samt seinen Mini-U-Booten zur möglichen Seekabel-Beschädigung scheint die NATO-Kräfte zunehmend zu beunruhigen. Nachdem erst kürzlich ein Hauptquartier für die NATO zur Ostseeüberwachung in Rostock eröffnet wurde, steht nun fest, dass im Rahmen einer „Verteidigungsvereinbarung“ zwischen Deutschland und Großbritannien bald hochmoderne deutsche Seefernaufklärer in Schottland eingesetzt werden.
Titelbild
Das Patrouillen- und Aufklärungsflugzeug P-8 Poseidon.Foto: Ted Aljibea/AFP über Getty Images
Von 26. Oktober 2024

Ein erster Schritt innerhalb der kürzlich geschlossenen deutsch-britischen Verteidigungsvereinbarung Trinity-House wurde jetzt festgelegt. Die Vereinbarung wurde am Mittwoch, 23. Oktober, von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und dem britischen Verteidigungsminister John Healey in London beschlossen.

Jetzt steht fest, dass ein Teil der bereits im Bau befindlichen neuen Seefernaufklärungsflugzeuge und U-Boot-Jäger der Bundeswehr, Boeing P-8A Poseidon, bald im schottischen Lossiemouth an der Nordseeküste stationiert werden.

Die Royal Air Force setzt dort bereits die Poseidon MRA1 zur Aufklärung ein. Die deutschen Seefernaufklärer, die dann mit rund 900 Kilometer die Stunde in 12.000 Meter Höhe operieren, sollen die Kräfte des NATO-Partners verstärken und von der gemeinsamen Einsatzerfahrung profitieren.

Blick aus dem Cockpit einer P-8A Poseidon. Foto: Carlos Reyes/AFP via Getty Images

Die ersten Maschinen der von der Bundeswehr in den USA insgesamt bestellten acht Exemplare der P-8A als Ersatz der P-3C Orion werden im kommenden Jahr bei der deutschen Marine erwartet. Die britische Luftwaffe verfügt laut „Flug Revue“ derzeit über neun Flugzeuge.

Offiziell sollen die in Schottland eingesetzten Poseidons die im Nordatlantik und in der Nordsee verlegten Unterseekabel überwachen. Laut dem britischen „Defence Journal“ sollen sie aber auch zur „Verbesserung der Aufdeckung von gegnerischen Aktivitäten in der Region“ beitragen. Somit dürfte es um russische Schiffe und U-Boote gehen.

Hier heißt es auch, dass den deutschen P-8A Poseidons eine besondere Rolle zukäme.

Seefernaufklärer „perfekte U-Boot-Jäger“

Diese Maschinen seien „perfekte U-Boot-Jäger“, zitiert „t-online“ aus einem Aufsatz des Kommandeurs des Marinefliegerkommandos, Kapitän zur See Thorsten Bobzin.

Und weiter: Man nennt die Maschinen heute „luftgestütztes maritimes Kampfsystem“, da sie auch andere Aufgaben übernehmen können. „Am häufigsten aber bietet das MPA [Maritime Patrol Aircraft] der Politik ein probates Mittel, das mit seinem Schwerpunkt Aufklärung politisch leicht konsensfähig ist, schnell entsandt werden kann, keine Stationierung im Einsatzland erfordert und eigene Kräfte nur wenig in Gefahr bringt“, zitiert „t-online“ den Kommandeur weiter.

Laut dem US-Hersteller ist die P-8A Poseidon ein Multimissionsflugzeug, das in der Lage ist, die modernsten Bedrohungssysteme aufzuspüren und wenn nötig zu bekämpfen. Sie sei für den Einsatz unter den härtesten maritimen Flugbedingungen entwickelt, einschließlich längerem Betrieb bei eisigen Temperaturen.

Das soll bei der Suche nach U-Booten, Schiffen oder Überlebenden bei Such- und Rettungseinsätzen helfen.

Das Fahrwerk des Seepatrouillenflugzeug P-8A Poseidon. Foto: Mohd Fyrol/AFP via Getty Images

Neben Deutschland nutzen bereits die USA, Australien, Indien, Großbritannien, Norwegen, Südkorea und Neuseeland das Flugmodell.

Die Poseidon ist dabei laut dem Bundesverteidigungsministerium (BMVg) eine „leistungsfähige Interimslösung“, bis das deutsch-französische Nachfolgeprojekt Maritime Airborne Warfare System bis 2035 umgesetzt ist.

Bereits im Juli verpflichteten sich das BMV und das Verteidigungsministerium von Großbritannien zur Verbesserung und weiteren Vertiefung ihrer bilateralen Verteidigungszusammenarbeit, um die „gemeinsamen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts besser meistern und die gemeinsamen Interessen beider Länder in verteidigungsrelevanten Bereichen bestmöglich schützen zu können“.

Schutz der NATO-Ostflanke als „Zeichen der Zeit erkannt“

Am Mittwoch, 23. Oktober, unterschrieben in London Pistorius und der britische Verteidigungsminister Healey dazu erste bilaterale militärische Verteidigungsvereinbarungen, genannt Deutsch-Britische Trinity-House-Verteidigungsvereinbarung. Sie sei Ausdruck der britischen Neuausrichtung gegenüber Europa, hieß es dazu aus dem BMVg.

Zudem hieß es, die Verteidigungspolitik beider Länder basiere auf gemeinsame Interessen, Werten sowie gemeinsamer Verantwortung.

Man zeige mit der Vereinbarung, dass die NATO-Länder „die Zeichen der Zeit erkannt“ hätten und ihre Fähigkeiten zur Abschreckung und Verteidigung verbessern.

Der britische Verteidigungsminister John Healey (r.) und der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius unterzeichnen am 23. Oktober 2024 im Trinity House in London das Trinity-House-Abkommen, das neue Verteidigungsabkommen zwischen Großbritannien und Deutschland. Foto: Justin Tallis/AFP via Getty Images

Zu den Operationsgebieten Luft, Land, See, Weltraum und Cyber enthalte die deutsch-britische Vereinbarung konkrete Schlüsselprojekte für den gemeinsamen Fähigkeitsaufbau in allen Dimensionen, hieß es weiter.

Dazu zähle die Stärkung der Verteidigungsindustrie, der Schutz der NATO-Ostflanke, das Schließen von Fähigkeitslücken, die Verbesserung der Interoperabilität und die weitere Unterstützung der Ukraine.

Das große Ziel sei dabei die Stärkung der Stabilität des euro-atlantischen Raumes.

Die Projekte seien dabei auch für andere Alliierte und EU-Partner offen. Neben der Stärkung der NATO-Ostflanke, die Schließung von Fähigkeitslücken „etwa bei den weitreichenden Abstandswaffen“, wie Raketen und Torpedos, seien Pistorius dabei besonders wichtig, erklärte er in London.

Pistorius warnt vor Russlands Waffenproduktion

Mit Blick auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine müsse Europa verstärkt in die eigene Sicherheit investieren und eng zusammenarbeiten. „Die Sicherheit in Europa ist keine Selbstverständlichkeit. Russland führt Krieg gegen die Ukraine, steigert seine Waffenproduktion immens und greift unsere Partner in Osteuropa, aber auch uns, immer wieder mit hybriden Mitteln an“, erklärte Pistorius in London weiter.

Die jetzige Verteidigungsvereinbarung sieht zunächst eine Zusammenarbeit der beiden Länder bei der Entwicklung von Langstreckenwaffen und unbemannten Flugsystem sowie bei der Ausbildung vor. Auch soll eine „gemeinsame, kooperative Beschaffung“ des britischen Leichtgewichtstorpedos STINGRAY MOD 2 für die Seefernaufklärer Poseidon umgesetzt und der NATO-Arbeitsstrang zur kritischen Unterwasserinfrastruktur gestärkt werden.

Im Cockpit einer P-3 Orion der Royal New Zealand Air Force. Foto: Rob Griffith/AFP via Getty Images lauten

Russlands Poseidon-Unterwasserdrohnen

Im Januar 2023 berichtete die russische Nachrichtenagentur TASS, dass Russland seine erste Charge an neu entwickelten nuklear fähigen Poseidon-Unterwasserdrohnen für das nuklear betriebene russische Spezial-U-Boot Belgorod fertiggestellt habe und dabei sei, das Waffensystem zu übergeben. Somit stehen sich möglicherweise zwei fast namensgleiche Waffensysteme gegenüber.

Die Angriffswirkung der Poseidon-Torpedos soll darin bestehen, eine riesige radioaktiv verseuchte Tsunami-Welle vor einer Küste zu erzeugen.

Die mit seinen 184 Metern Länge als größtes Unterseeboot geltende, mit Kernkraft betriebene Belgorod soll zudem gebaut worden sein, um andere Unterwasserfahrzeuge mit sich zu führen und unbemerkt auszusetzen.

Das neue Atom-U-Boot „Imperator Alexander III“ während einer Zeremonie zum Hissen der Flagge unter der Leitung des russischen Präsidenten im arktischen Hafen Sewerodwinsk am 11. Dezember 2023. Foto: Kirill Iodas/Pool/AFP via Getty Images

Dazu zählen Mini-U-Boote, die mit ihren Roboterarmen in extremer Tiefe arbeiten, Unterwasserdrohnen oder Bojen, die den Schiffsverkehr überwachen und gegnerische Militärkräfte aufspüren können.

Auf Seiten der NATO gibt es Befürchtungen, dass mit den Mini-U-Booten oder den Unterwasserdrohnen Internetkabel mit „schlafenden“ Sprengladungen gekappt werden könnten.

Drohnen könnten wie Minen lange Zeit unbemerkt am Meeresboden vorgehalten werden, um im Kriegsfall als Kamikaze-Waffe gegen U-Boote und Großschiffe des Gegners eingesetzt zu werden, so die Überlegungen.



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