Deutsche Industrie erlebt stärksten Auftragseinbruch seit Corona – Produktion sinkt deutlich
Für das erste Quartal des Jahres 2023 hat das Statistische Bundesamt eine Stagnation gemeldet. Nach dem Rückgang um 0,5 Prozentpunkte im letzten Vorjahresvierteljahr ist Deutschland damit nur knapp einer Rezession entgangen. Die konjunkturellen Aussichten hellen sich derweil nicht wieder auf. Die Industrie verzeichnet vielmehr einen deutlichen Rückgang in der Produktion – höher, als es Experten zuvor erwartet hatten.
Zahlen aus der Industrie als Warnleuchten für Rezession
Die Erzeugnisse im produzierenden Gewerbe sind nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes im März 2023 gegenüber dem Monat zuvor um 3,4 Prozent gesunken. Diese Zahlen sind preis-, saison- und kalenderbereinigt. Es handelt sich um den stärksten Rückgang seit einem Jahr.
Auch das Neugeschäft ist massiv eingebrochen: Im Vergleich zum Monat davor hatte die Industrie einen Rückgang der Aufträge um 10,7 Prozent zu beklagen. Das ist der stärkste Rückgang seit der Corona-Pandemie.
Gegenüber dem „Spiegel“ erklärte dazu LBBW-Ökonom Elmar Völker:
Die heutigen Zahlen unterstreichen, dass die Rezessionsgefahren mitnichten gebannt sind.“
Auch Commerzbank-Volkswirt Jörg Krämer erwartet „für die zweite Jahreshälfte keine Konjunkturerholung, sondern eher ein Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts“. Die deutsche Industrie könne aufgrund der weltweit vielerorts deutlich gestiegenen Zinsen auch nicht auf Rückenwind durch Exporte zählen.
Ministerium ergeht sich in Zweckoptimismus
Die chemische Industrie meldete im März einen Rückgang der Produktion um zwei Prozent gegenüber Februar. Im Maschinenbau belief sich der Rückgang auf 3,4 Prozent, in der Baubranche auf 4,6 und in der Automobilindustrie sogar auf 6,5 Prozent.
Hohe Zinsen und Materialkosten hätten ihren Beitrag dazu geleistet. Allerdings bleiben auch die Energiekosten ein Thema. Einzig die Erzeugung ist in diesem Bereich um 0,8 Prozent gestiegen – andernfalls wäre der Rückgang möglicherweise doch zu kräftig gewesen.
Im Bundeswirtschaftsministerium zeigt man sich trotz der ernüchternden Zahlen zweckoptimistisch. Dort heißt es in einer Erklärung:
Die Stimmung in den Unternehmen hat sich zuletzt weiter verbessert, was für eine konjunkturelle Erholung im weiteren Verlauf des Jahres 2023 spricht.“
Auch der Mittelstand leidet unter extremem Kostendruck
Tatsächlich bescheinigte auch der Leiter der DIHK-Abteilung für Außenwirtschaft, Volker Treier, deutschen Unternehmen jüngst eine verbesserte Stimmung. Allerdings beziehe diese sich auf ausländische Märkte, in denen sie sich zunehmend betätigten – weil das Vertrauen in den deutschen Heimatmarkt schwinde.
Viele Autozulieferer ziehe es zurzeit in die USA – einige wie der Werkzeugmacher WEFA aus Singen verlagern ihre Produktion in die Schweiz. Aber auch der politische flankierte Boom für Wärmepumpen wird zu Aufträgen in Ländern wie Polen oder der Slowakei führen. Dort haben jüngst jedenfalls Unternehmen wie Bosch oder Viessmann Produktionsstätten ins Auge gefasst.
Professor Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmer, erklärte jüngst in einem Pressestatement:
Der Industriestandort Deutschland hat dramatisch an Qualität verloren. Gerade die hohen Energiepreise, an denen wir wenig ändern können, müssten doch Anreiz bieten, die übrigen Rahmenbedingungen für Investitionen zu verbessern. Im internationalen Vergleich auf den hintersten Plätzen – das ist nicht das Feld, in das wir gehören.“
Pläne für subventionierten Strompreis für Industrie stoßen auf Skepsis
Unterdessen bleibt die Inflation deutlich über der langfristig anvisierten Marke von zwei Prozent. Im April betrug sie laut Statistik immer noch 7,2 Prozent – nach 7,4 Prozent im Monat zuvor. Im Bereich der Energie lag sie im März bei 3,5 Prozent, bei den Nahrungsmitteln bei 22,3 Prozent.
Um die Industrie zu entlasten, will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck einen sogenannten Industriestrompreis forcieren. So soll für energieintensive Großunternehmen der Energiepreise so stark subventioniert werden, dass diese pro Kilowattstunde nur noch sechs Cent bezahlen.
Der Mittelstand hält dies für einen verfehlten Ansatz. Nicht nur die Großindustrie, sondern auch mittelständische Unternehmen seien durch die hohen Energiepreise deutlich benachteiligt. Zudem würde erst ein Preis von vier Cent das Abwandern unattraktiv machen.
Der Vorsitzende der Bundesvereinigung „Der Mittelstand“, Markus Jerger, forderte gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND), den Mittelstand in das Projekt einzubeziehen. Dieses dürfe „erst dann auslaufen, wenn die durch den Ausbau der erneuerbaren Energien erzielte Strommenge für spürbar sinkende Marktpreise sorgt“.
Kritiker warnen, dass nicht die Subvention eines politisch hochgetriebenen Strompreises das Fehlen deutscher Konkurrenzfähigkeit beseitige. Das Problem sei vielmehr der hohe, nicht subventionierte Preis selbst.
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