Deutsche Europapolitiker besorgt über mögliche Cameron-Nachahmer
Deutsche Europa-Politiker befürchten bei erheblichen Zugeständnissen an die britischen Forderungen nach einer EU-Reform eine Welle von weiteren Sonderwünschen aus anderen Mitgliedsländern der Union. Der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff (FDP), sagte dem Nachrichtenmagazin „Focus“, die Spielräume in den Verhandlungen mit Großbritannien seien sorgsam abzuwägen, „weil andere unter Umständen Begehrlichkeiten entwickeln, die dem Projekt Europa insgesamt Schaden zufügen“. Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses des Bundestags, Gunther Krichbaum (CDU), warnte: „Ich sehe die Gefahr weiterer Sonderwege und der Fragmentierung der Europäischen Union.“
Es dürfe jetzt „kein Dammbruch entstehen“. Die Forderungen des britischen Premierministers David Cameron stehen auf der Tagesordnung des nächsten EU-Gipfels. Besonders umstritten ist sein Wunsch, Sozialleistungen für EU-Ausländer in Großbritannien bis zu vier Jahre lang auszusetzen. Lambsdorff zufolge kann diese „Notbremse“ fatale Folgen haben: „Dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Polen sagen: Bei der Dienstleistungsfreiheit wollen wir auch eine Notbremse bekommen, denn wir haben zu viele deutsche Supermärkte im Land.“ Auch Italien könnte auf den Gedanken kommen, zum Schutz seines schwächelnden Autoherstellers Fiat „eine Notbremse bei der Warenverkehrsfreiheit für deutsche Kleinwagen“ zu fordern. Krichbaum erwartet, dass vor allem osteuropäische Staaten sich vom britischen Beispiel zu Extratouren ermutigt sehen könnten nach dem Motto: „Wir lassen uns von Brüssel nicht in die Suppe spucken.“ Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europa-Parlaments, Elmar Brok (CDU), will die Kompromisssuche mit Großbritannien „nicht als Präzedenzfall gelten lassen“. Über weitere Sonderwünsche werde nicht verhandelt. Sollten zum Beispiel die Polen dennoch welche äußern, „dann sollen sie austreten. Die EU ist kein Gemüseladen. Alle Länder haben die Verpflichtung, sich an die Verträge zu halten.“
(dts Nachrichtenagentur)
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