Deutsche Bahn: Höhere Preise für unzuverlässige Fahrpläne

Betreiber von Zügen sollen ab 2026 mehr dafür bezahlen, dass sie die Schienen und Stationen der Deutschen Bahn benutzen dürfen. Viel mehr. Bayern, Ba-Wü, Sachsen und Thüringen fürchten um den Nahverkehr.
In Köln waren im vergangenen Jahr 87,9 Prozent der S-Bahnen pünktlich.
In Köln waren im vergangenen Jahr 87,9 Prozent der S-Bahnen pünktlich. Doch künftig dürfte es teurer werden.Foto: Henning Kaiser/dpa
Epoch Times20. August 2024

Mehrere Bundesländer befürchten Einschnitte bei den Regionalzügen und S-Bahnen. Der Grund: Die sogenannte Schienenmaut, der Preis für die Benutzung der Bahntrassen, soll 2026 beim Nahverkehr um 23,5 Prozent steigen.

Das sähen Pläne der Schienennetzgesellschaft der Deutschen Bahn vor, der DB InfraGO, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“. Allein beim Betrieb der S-Bahnen und Regionalzüge hätte das bundesweit Mehrkosten zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro pro Jahr zur Folge.

Gestern, am 19. August, wurde bekannt, dass die Fahrpläne der Deutschen Bahn in 2024 mehrere tausend Mal täglich geändert werden. Ein Mitglied des Aufsichtsrates der SZ merkte hierzu an: „Fahrpläne werden nicht mehr gerechnet, sondern nur noch geschätzt“. Trotz dieser ungenauen Leistung werden die Preise nunmehr steigen.

Bundesregierung drängt die Bahn

Das Problem lässt sich an drei Zahlen festmachen: 23, 15 und zehn Prozent, jeweils gerundet. So viel mehr sollen die Betreiber von Nahverkehrs-, Güter- und Fernzügen von 2026 an dafür bezahlen, dass sie die Strecken und Stationen des Staatskonzerns DB benutzen dürfen. Das entspricht etwa 1,2 Milliarden Euro mehr.

Die Erhöhung der Schienenmaut im Jahr 2026 ist hauptsächlich auf die finanziellen Anforderungen der DB InfraGO zurückzuführen, die – gedrängt von der Bundesregierung – mit der Schienenmaut 8,1 Milliarden Euro einnehmen muss. 2025 sind es 6,7 Milliarden Euro. Damit erhöhen sich die Trassenentgelte für Fern- und Güterverkehr um mehr als 40 Prozent.

Ein Grund für die Erhöhung ist die Entscheidung der Ampel-Koalition, die ursprünglich vorgesehenen Milliarden-Zuschüsse an die Bahn zu reduzieren. Die Erhöhung der Trassenpreise soll auch die zusätzlichen Kosten decken, die durch die umfangreichen Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Schienennetz entstehen

Das hat die neue DB InfraGO nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ bereits die Branchenverbände und Verkehrsverbünde vertraulich wissen lassen. Ende der Woche will die Bahn die Zahlen offiziell bekannt geben.

Reaktionen aus Bayern, Ba-Wü, Sachsen, Thüringen

In Bayern wäre eine solche Preissteigerung nach Angaben des Verkehrsministeriums mit den derzeit für den Nahverkehr vorhandenen Mitteln „nicht zu verkraften“.

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erklärte auf Anfrage der SZ, „sollte sich das Vorhaben bestätigen, dass die DB InfraGO von 2026 an die Trassenpreise drastisch erhöhen will, dann ergeben sich für den Nahverkehr auf der Schiene in den Ländern erheblich Probleme“. Die Länder könnten nicht einfach „zusätzliche Trassenkosten übernehmen, um die mangelhafte Finanzierung der Bahn auszugleichen“. Der Bund müsse für die Mehrkosten aufkommen, erklärte Hermann.

Aus Sicht von Sachsens Verkehrsministerium wäre die geplante Erhöhung der Trassenpreise „eine schwere zusätzliche Belastung“.

Thüringens Infrastrukturministerin Susanna Karawanskij warnt davor, „dass die Verkehrswende ausfällt“. Trassenpreise müssen alle Firmen zahlen, die ihre Züge auf dem Schienennetz der DB InfraGO fahren lassen.

InfraGO-Chef Burkert: So wird das nichts mit der Verkehrswende

„Dass Baumaßnahmen in diesen Größenordnungen mit Eigenkapital finanziert werden, ist neu und bisher im System nicht angelegt“, sagte InfraGO-Vorstandschef Philipp Nagl der SZ. „Das Trassenpreissystem war im Ursprung auf Baukostenzuschüsse ausgelegt.“

Das von Volker Wissing (FDP) geleitete Bundesverkehrsministerium wendet ein, man senke den Verzinsungsanspruch. Weil gleichzeitig aber das Eigenkapital deutlich höher ausfällt als zuerst geplant, hilft das nur bedingt.

Und Zuschüsse zu den Trassenpreisen gibt es nur beim Fern- und Güterverkehr. Beim Nahverkehr sieht das Bundesverkehrsministerium die Länder gefordert. Da gebe es noch „Spielräume“.

Die Regierung schlage einen „völlig falschen Weg“ ein, sagte Martin Burkert, Chef der Bahngewerkschaft EVG und ehedem SPD-Bundestagsabgeordneter, der SZ. So wie das derzeit in Berlin laufe, werde das nichts mit der Verkehrswende, kritisierte Burkert.

„Es droht weniger Bahnverkehr für mehr Geld zu geben“, teilte die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der Bahnindustrie, Sarah Stark, mit. „Die Planungssicherheit für mehr Elektrifizierung und Digitalisierung schwindet, statt zu steigen.“

Die neue DB InfraGO

Die geplanten Trassenpreise müssen von der Bundesnetzagentur genehmigt werden. Das entsprechende Verfahren startet der Information zufolge im Oktober.

Die DB InfraGO AG ist die gemeinwohlorientierte Infrastrukturgesellschaft der Deutschen Bahn AG. Sie wurde am 1. Januar 2024 gegründet und entstand aus der Zusammenlegung der DB Netz AG und der DB Station&Service AG. Diese Neugründung ist Teil des neuen großen  Infrastrukturprogramms.

InfraGO ist verantwortlich für das rund 33.400 Kilometer lange Streckennetz und 5.400 Bahnhöfe in Deutschland. Täglich fahren mehr als 50.000 Züge auf dieser Infrastruktur, etwa 21 Millionen Personen nutzen die Bahnhöfe.

EVG fordert Milliarden-Investitionen

Parallel dazu fordert Burkert fordert einen Investitionsfonds von mindestens 45 Milliarden Euro, um die deutsche Verkehrsinfrastruktur zukunftsfähig zu machen. Er kritisiert die ungleiche Finanzierung zugunsten der Straßen und betont, dass dies heute zu massiven Problemen auf der Schiene führe.

Burkert schlägt vor, die Geschwindigkeit der Züge auf einigen Strecken zu reduzieren, um einen stabilen Fahrplan sicherzustellen, und fordert die Bundesregierung auf, entsprechende Mittel bereitzustellen. „Die finanzielle Ausstattung liegt bei der Bundesregierung,“ sagte er Mittwoch im Deutschlandfunk. (dts/red)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion