Deutliche Preiserhöhung beim Deutschlandticket – ab 2025 bis zu 69 Euro möglich
Das sogenannte Deutschlandticket wird ab 2025 deutlich teurer. Das haben die Verkehrsminister am Montag, 8. Juli, im Rahmen einer Sonderkonferenz beschlossen. Die genaue Höhe der Preiserhöhung für das ermäßigte Monatsticket für den ÖPNV steht noch nicht fest. Sie wird sich aber voraussichtlich oberhalb dessen bewegen, was der Fahrgastverband Pro Bahn jüngst als verkraftbare Anpassung bezeichnet hat.
Erst jüngst hatte dessen Chef Detlef Neuß gegenüber der „Rheinischen Post“ eine Preiserhöhung um fünf Euro als noch tragbar erachtet. In einem solchen Fall würden „die meisten Leute sicher noch dabeibleiben“. Monatlich 59 Euro für das Deutschlandticket, das derzeit für 49 Euro zu haben ist, seien aus Sicht des Verbandes „mittelfristig“ noch denkbar. Einer YouGov-Umfrage aus dem Herbst 2023 zufolge sehen 37 Prozent der Nutzer bereits den derzeitigen Preis als Schmerzgrenze und denken im Fall einer Erhöhung daran, das Abo nicht mehr zu nutzen.
Tschentscher und Günther befürworten deutlich höheren Preis für Deutschlandticket
Tatsächlich zeichnen sich gerade keine moderaten Preiserhöhungen für das Deutschlandticket mit Beginn des Jahres 2025 ab. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hatte einen zuvor aus den Reihen der CDU-Landtagsfraktion genannten Preis zwischen 59 und 69 Euro als „die Größenordnung, in der wir uns bewegen“, bezeichnet.
Rückendeckung erhält Günther dafür auch von Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher. Im Anschluss an die gemeinsame Kabinettssitzung der Nord-Bundesländer im Hamburger Rathaus äußerte dieser am Dienstag, er wolle „zwar keine Zahl sagen“, ein Ticketpreis von 69 Euro sei jedoch eine realistische Größe, da andernfalls die Finanzierung des ÖPNV zu stark leide.
Günther betonte, dass die Subventionierung des Preises kein Selbstzweck mit Blick auf das Deutschlandticket sein dürfe. Es könne nicht angehen, dass am Ende Frequenz und Taktung des öffentlichen Verkehrs leiden müssten – und bei den Verbindungen gespart würde.
Verkehrsunternehmen beklagen Unterfinanzierung – trotz der Zuschüsse von Bund und Ländern
Derzeit sind es jeweils 1,5 Milliarden Euro, die Bund und Länder zur Finanzierung des Deutschlandtickets zuschießen. Für das laufende Jahr hat sich der Bund bereit erklärt, auch nicht genutzte Mittel aus dem ersten Jahr zur Verfügung zu stellen. Seit Mai 2023 gibt es das Abo, das als Nachfolgeprojekt des 9-Euro-Tickets gilt, das die Ampel im Sommer 2022 geschaffen hatte, um die Bürger von hohen Treibstoffpreisen zu entlasten.
Die Länder klagen nun über Ankündigungen des Bundes, Regionalisierungsmittel in Höhe von 350 Millionen Euro vorerst und bis mindestens 1. September 2026 zurückzuhalten. Fließen sollen sie erst, wenn die Bundesländer einen Verwendungsnachweis über die ihnen zugekommenen Beträge vorgelegt hätten.
Der Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, Ingo Wortmann, hält bereits jetzt die von Bund und Ländern zugeschossenen Mittel für nicht ausreichend. Den Verkehrsunternehmen gingen Einnahmen aus dem Verkauf – deutlich teurerer – regulärer Monatstickets und von Einzelfahrkarten verloren. Die durch die Zuschüsse eingenommenen Mittel würden kaum zur Finanzierung des Bestandsangebots ausreichen.
Paritätischer: „Für Bürgergeldempfänger sind selbst 49 Euro schon zu viel“
Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisiert in einer Erklärung die „durch die Landesverkehrsministerkonferenz aufgebaute Drohkulisse einer Erhöhung des Preises des Deutschlandtickets“. Stattdessen fordert er eine garantierte Preisstabilität für drei Jahre. Die Verunsicherung der Bürger durch ständig neue Spekulationen über die künftige Höhe des Preises schade dem Deutschlandticket und seiner Akzeptanz selbst.
Die Fahrgäste müssten sich auf Weiterexistenz und Preisstabilität des Angebots verlassen können. Allerdings äußert Pro Bahn Verständnis für Forderungen des Bundes, die Länder mögen seine Mittel nicht verwenden, um Sondertarife zu finanzieren, statt die ÖPNV-Infrastruktur auszubauen.
Unverständnis über die Pläne zur Erhöhung des Preises für das Deutschlandticket äußern auch die Sozialverbände. Der Präsident des Paritätischen Gesamtverbandes, Joachim Rock, weist darauf hin, dass für Bürgergeldempfänger selbst das 49-Euro-Ticket außer Reichweite sei:
„Für Menschen in Armut war das 49-Euro-Ticket schlicht kein Thema. Selbst der Weg, einmal auf ein Monatsticket zu sparen, fällt aus, weil das Ticket nur im Abo erhältlich [ist].“
Deutschlandticket ist eine Erfolgsgeschichte für Bahnfahrer – sorgt jedoch nur für wenige Neukunden
Auch VdK-Chefin Verena Bentele forderte, Bund und Länder müssten „dafür sorgen, dass mehr Menschen Bahn fahren“ – allein schon mit Blick auf den Klimawandel. Eine Preiserhöhung erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass viele lieber wieder den Pkw benutzten. Ähnlich sieht es die Parlamentarische Linke in der SPD. Dort sieht man das Deutschlandticket in seiner jetzigen Form als eine Erfolgsgeschichte, die prolongiert werden sollte:
„Aktuell verfügen mehr als elf Millionen Menschen über ein Deutschlandticket – kein anderes Projekt, das wir diese Legislatur auf den Weg gebracht haben, erreicht so viele Menschen.“
Bisherige Erfahrungswerte zeigen, dass sich das Deutschlandticket in der Bevölkerung einer hohen Beliebtheit erfreut. Allerdings ist nur knapp jeder Zehnte, der es nutzt, ein echter Neukunde, der zuvor kaum Bus und Bahn genutzt habe.
Am meisten profitieren Bahnkunden, die zuvor auf deutlich teurere Monats- oder Abomodelle angewiesen waren. Personen, die bereits zuvor häufig den ÖPNV genutzt hatten, nutzen diesen nun noch häufiger. Insbesondere in ländlichen Gebieten oder solchen mit schwacher öffentlicher Verkehrsanbindung habe das Deutschlandticket nur einen geringen Effekt.
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