Desinformation und KI-Fakes: Wie sicher ist die Bundestagswahl?
Rund vier Wochen vor der Bundestagswahl am 22. Februar hat sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit den Betreibern großer Onlineplattformen getroffen. Dabei forderte die SPD-Politikerin ihre Gesprächspartner auf, gegen Hasskriminalität und Desinformationskampagnen im Zusammenhang mit den Wahlen vorzugehen.
An dem Gespräch im Bundesinnenministerium nahmen Vertreter der Digitalkonzerne und Plattformbetreiber Google, Meta, Microsoft, TikTok und X teil. Im Mittelpunkt standen laut Ministerium Maßnahmen gegen gezielte Desinformationskampagnen, die zum Beispiel auf den Wahlprozess oder Kandidaten abzielen, und gegen Hasskriminalität wie Morddrohungen. Zudem ging es um die Kennzeichnung politischer Werbung und manipulierter Inhalte, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt wurden.
Doch wie hoch ist die Gefahr von Wahlmanipulationen in Deutschland tatsächlich? Rund einen Monat vor dem Wahltermin haben die deutschen Behörden keine Erkenntnisse über eine konkrete Gefährdung. Allerdings sei „von einem grundsätzlichen Interesse zur möglichen illegitimen Beeinflussung von Wahlen durch fremde Staaten auszugehen“, hieß es aus Sicherheitskreisen in Berlin. Die Sicherheitsbehörden rechnen zum Beispiel mit Cyberattacken und weiteren Sabotageaktivitäten.
Eine zentrale Rolle spielen dabei die sozialen Medien, insbesondere mit künstlicher Intelligenz (KI) erstellte, täuschend echt wirkende Bilder, Video- und Audiodateien. Das Ziel dieser Aktivitäten ist es, Wähler zu täuschen. Bei den Versuchen der ausländischen Einflussnahme sei „derzeit Russland der auffälligste Akteur“, hieß es aus Faesers Ministerium.
Der Verfassungsschutz hat eine Taskforce zur Lagebeobachtung und -analyse eingerichtet und tauscht sich auch mit Plattformbetreibern der sozialen Medien aus.
Keine konkreten Hinweise auf akute Gefährdung vor der Wahl
Faeser machte deutlich, dass sie mit dem aktuellen Vorgehen der Plattformen nicht zufrieden sei. „Straftaten wie Morddrohungen müssen schneller und konsequenter an Ermittlungsbehörden gemeldet und von den Plattformen gelöscht werden“, erklärte sie. „Und wir brauchen mehr Transparenz über die Algorithmen, damit diese nicht gefährliche Radikalisierungsprozesse insbesondere bei Jugendlichen befeuern.“
Bereits vor der Gesprächsrunde hatte die SPD-Politikerin klargemacht, dass sie durchaus Möglichkeiten sieht, auf das Handeln der Plattformen Einfluss zu nehmen. „Es geht auch darum, sie an ihre Verpflichtung zu erinnern, Hasskriminalität, schwerste Straftaten ganz schnell in ihren sozialen Medien zu löschen“, sagte sie den Sendern RTL und ntv. „Ich glaube schon, dass die Plattformbetreiber reagieren.“
Faeser: „Das ist wirklich zersetzend“
Faesers Ministerium verwies auf bestehende rechtliche Vorschriften, die es einzuhalten gelte – etwa den Digital Services Act: Er verpflichtet Plattformen, die mindestens 45 Millionen Nutzer in der EU haben, unter anderem dazu, strafbare Inhalte an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden zu melden. Des Weiteren gälten die Verordnung zur Bekämpfung terroristischer Online-Inhalte sowie die Verpflichtung zur Transparenz bei politischer Werbung.
Deutliche Worte richtete Faeser an den X-Chef Elon Musk. Dieser nehme Einfluss auf liberale Demokratien. „Er kritisiert nicht Putin, er kritisiert nicht China – sondern er kritisiert nur liberale Demokratien“, sagte die Ministerin auf RTL und ntv. Musk tue das nicht nur in Deutschland mit seiner Unterstützung für die AfD, sondern beispielsweise auch in Großbritannien. „Das ist wirklich zersetzend, und daran werde ich X natürlich erinnern.“
Desinformationen „erkennen und bekämpfen“
Bundesdigitalminister Volker Wissing (parteilos) forderte derweil die Europäische Union auf, im Umgang mit den großen Onlineplattformen standhaft zu bleiben. Er sehe die EU derzeit auf einem guten Weg, um gegen Desinformation im Internet vorzugehen, sagte Wissing im RBB Inforadio. So habe die zuständige EU-Kommissarin Henna Virkkunen angekündigt, das Personal zur Überwachung der Plattformen zu verdoppeln: „Europäisches Recht machen wir – und nicht Herr Trump“, stellte Wissing klar.
Doch welche Arten der Desinformationen kursieren überhaupt im Netz? Beispiele sind auf der Internetseite der Bundeswahlleiterin aufgeführt.
Dort ist zunächst der Begriff Desinformation definiert. Demnach handelt es sich um „nachweislich falsche oder irreführende Informationen, die verbreitet werden, um die Öffentlichkeit zu beeinflussen oder zu täuschen“. Für das „Erkennen und Bekämpfen“ von falschen Informationen ist die Bundeswahlleiterin zuständig. Eine zentrale Stelle, die sich mit dem Thema befasst, gibt es in Deutschland nicht.
Umfrage: Fast 68 Prozent halten virtuelle Angriffe für möglich
Auf der Seite sind auch nach Aussage der Bundeswahlleiterin häufig kursierende Falschaussagen rund um die Wahl aufgeführt. Dazu gehören unter anderem die Behauptung, dass es in Deutschland eine Wahlpflicht gebe. Wer diese missachtet, werde „in seinen Rechten beschränkt“. Auch gehe das Gerücht um, dass Briefwahlen leichter zu manipulieren seien. Dies auch deshalb, weil Wahlbeobachter bei der Auszählung der Stimmen nicht dabei sein dürfen. Alles unwahr, heißt es auf der Seite weiter, dazu liefert die Bundeswahlleiterin die jeweils korrekten Antworten.
Offenbar glaubt auch die Mehrheit der Deutschen, dass virtuelle Angriffe einen Einfluss auf die Wahlen haben könnten. Laut „Statista“ gaben das bei einer Umfrage im Dezember vergangenen Jahres 67,9 Prozent der Befragten an. Demnach halten sie es für möglich, dass ein Cyberangriff und KI-gesteuerte Desinformationskampagnen den Ausgang als stark oder eher stark beeinflussen. Dabei sind die Anhänger der Grünen (82 Prozent) wesentlich skeptischer als die AfD-Wähler, von denen nur knapp 57 Prozent eine Beeinflussung des Wahlausgangs befürchten.
(Mit Materialien von Agenturen)
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