Bremen: Der SPD droht in ihrer einstigen Hochburg eine große Schlappe

In der aktuellen Wahlumfrage von Infratest zog die CDU in Bremen an der SPD vorbei - und kommt auf 26 Prozent der Wähler. Der SPD droht ein Einbruch um fast acht Punkte, das reicht nicht mehr für eine Koalition mit den Grünen.
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Wie geht es weiter mit den Parteien?Foto: Epoch Times
Epoch Times10. Mai 2019

In Bremen sind die Menschen in gut zwei Wochen zur Wahl einer neuen Bürgerschaft aufgerufen. Die erste Wahl eines Landesparlaments in diesem Jahr könnte vor allem für die SPD einschneidende Folgen haben. Der in Bremen schon seit 73 Jahren regierenden Partei droht Umfragen zufolge eine Schlappe historischen Ausmaßes, sogar der Verlust der Macht in ihrer einstmals unangefochtenen Hochburg an der scheint möglich.

Einer vor wenigen Tagen vorgelegten Befragung von Infratest dimap für Radio Bremen zufolge zog die in Bremen traditionell schwache CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Carsten Meyer-Heder knapp an der SPD um ihren Bürgermeister Carsten Sieling vorbei. Während die Christdemokraten 26 Prozent erreichten, kamen die Sozialdemokraten nur auf 25 Prozent.

Für die SPD wäre dies ein Einbruch um weitere fast acht Prozentpunkte im Vergleich zu ihrem bereits historisch schlechten Ergebnis von 2015 von 32,8 Prozent. Die Lage sei „schwierig“, räumt Sieling ein. Er sei „nicht zufrieden“. Verantwortlich macht er das schlechte Bild der SPD im Bund. Auf Bundesebene lag die Partei in Umfragen zuletzt bei 16 bis 17 Prozent. Am Wahlziel, stärkste Kraft zu werden, hält Sieling aber fest.

Die CDU hofft auf 30 Prozent

Aber auch CDU-Herausforderer Meyer-Heder, der mit seiner Partei zur stärksten Kraft im Bremer Landtag werden will, zeigt sich mit den  Umfragewerten unzufrieden. „Da muss mehr kommen“, sagt der erst im vorigen Jahr in die Politik gewechselte Unternehmer. An dem von ihm ausgegebenen Ziel „30 Prozent plus X“ halte er jedenfalls weiter fest.

Sollte der Wahlausgang am 26. Mai der Umfrage entsprechen, wäre eine Fortsetzung der seit 2015 regierenden Koalition aus SPD und Grünen nicht möglich. Die in Bremen schon immer starken Grünen kamen darin zwar auf 18 Prozent, was einer weiteren Steigerung gegenüber ihrem Ergebnis von vor vier Jahren von 15,1 Prozent entspricht.

Aber wegen der Schwäche der SPD würde es rechnerisch nur für Dreierbündnisse unter Führung von SPD oder CDU sowie eine große Koalition dieser beiden reichen.

Linke, FDP und AfD

Die Linke lag zuletzt bei zwölf Prozent, die FDP bei sechs Prozent und die AfD bei acht Prozent. Von Bedeutung sind ferner die Bürger in Wut (BIW) – eine örtliche konservative Partei, die aufgrund der Besonderheiten des Bremer Wahlrechts bereits zum wiederholten Mal in die Bürgerschaft einziehen könnte. Das Bundesland Bremen besteht aus den Städten Bremen und Bremerhaven. Für den Parlamentseinzug reicht es, die Fünfprozenthürde in einer der Gemeinden zu überspringen.

Ein Einzug der BIW in die Bürgerschaft hätte unter Umständen Einfluss auf die Mehrheitsverhältnisse und würde die Koalitionsbildung nach der Wahl zusätzlich beeinflussen. Generell halten sich SPD und CDU bisher noch alle Optionen offen. Sieling will Sondierungsgespräche mit „allen Demokraten“ führen. Meyer-Heder hätte zwar am liebsten eine Koalition mit Grünen und FDP, schließt allerdings nur ein Zusammengehen mit AfD und Linken aus. Die Grünen legten sich bislang ebenfalls nicht fest.

Die Spitzenkandidaten der Bürgermeisterwahhl in Bremen

SPD: Amtsinhaber Carsten Sieling

Der Sozialdemokrat Sieling führt den Bremer Senat seit 2015 an der Spitze einer rot-grünen Koalition. Nach der damaligen Wahl beerbte er den früheren Bürgermeister und SPD-Landeschef Jens Böhrnsen, der die Verantwortung für ein historisch schlechtes Ergebnis seiner SPD in ihrer traditionellen Hochburg übernahm.

In der Bremer Landespolitik war Sieling damals weniger präsent. Er wirkte im Bundestag, war dort Sprecher der parlamentarischen Linken der SPD-Fraktion. Bremen aber ist sein angestammtes Feld. Sieling war lange Bürgerschaftsabgeordneter sowie Landes- und Fraktionschef der SPD.

Die Bereiche der Sozial-, Wohnungs- und Bildungspolitik erklärte der Bürgermeister mit der linken Grundausrichtung zu Beginn seiner Amtszeit zu seinen Schwerpunkten. Auch im Kampf um seine Wiederwahl spielen sie eine zentrale Rolle. Bremen stehe vor einer „Richtungswahl“, sagt der 60-Jährige. Außerdem wird er nicht müde, auf Erfolge der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik zu verweisen. Die Entwicklung der lange unter einem einschneidenden Strukturwandel leidenden früheren Werftenmetropole sei positiv. Sein Senat habe Bremen auf einen „guten Weg gebracht“.

Sieling stammt aus dem niedersächsischen Nienburg an der Weser, ist verheiratet und Vater dreier Kinder. Anfangs arbeitete er als Industriekaufmann, später studierte er und machte seinen Doktor in Wirtschaftswissenschaften. Unter anderem leitete er früher die Bremer Verbraucherzentrale.

CDU: Carsten Meyer-Heder

Erst im vergangenen Jahr fand Meyer-Heder den Weg in die aktive Politik. Der 57-Jährige machte sich einen Namen als IT-Unternehmer, bevor er gemeinsam mit der Bremer CDU-Führung die Idee ersann, bei der Bürgerschaftswahl als Spitzenkandidat ins Rennen zu gehen. Er baut auf sein Image als unkonventioneller Neuling im Politbetrieb, der eher als Manager denn als Verwaltungschef agiert.

In Interviews lässt der hochgewachsene Computerexperte schon einmal Sympathien für den Politikstil von SPD-Altkanzler Gerhard Schröder erkennen. „In der Politik geht es ja in erheblichem Maß um Authentizität“, sagt er. „Bei aller Streitbarkeit um ihn – die hatte er.“ Beobachter bescheinigen Meyer-Heder einen erfrischenden Auftritt, mitunter aber auch fehlendes Knowhow in der politischen Praxis. Ihn selbst ficht das nicht an. Er wolle „Dinge anders machen“, kündigt er an.

Offensiv thematisiert Meyer-Heder seinen nach eigenen Angaben „eher bunten“ Lebensweg – samt Studentenzeit in einer Bremer Zehner-WG und nebenberuflicher Musikertätigkeit. Zum Unternehmer wurde er erst, nachdem er mit Ende 20 eine Krebserkrankung überstanden hatte. Er gründete eine Internetagentur mit heute mehr als tausend Mitarbeitern.

Für Meyer-Heders in Bremen traditionell alles andere als erfolgsverwöhnte Partei scheint sich das Experiment mit dem Quereinsteiger bislang auszuzahlen. In einer aktuellen Umfrage liegt die CDU knapp vor der SPD. Es gehe um „Aufbruch“, sagt der gebürtige Bremer. Vor allem die Lage im Bereich der Bildungspolitik sei dramatisch schlecht.

Für die CDU will der verheiratete Vater dreier Kinder „30 Prozent plus X“ erreichen. Aus seiner Sympathie für ein Jamaika-Bündnis mit Grünen und FDP macht er keinen Hehl. Aber selbst eine Juniorpartnerschaft in einer großen Koalition mit der SPD schließt Meyer-Heder bei einem entsprechendem Ergebnis nicht aus. „Auch als Wirtschaftssenator kann man einiges voranbringen“, zeigt er sich überzeugt.

Wahlberechtigt sind rund 482.000 Bremer. Parallel zu der Landtagswahl finden in Bremen und Bremerhaven am 26. Mai auch Kommunalwahlen statt, bei denen zusätzlich die in dem kleinsten Bundesland lebenden EU-Bürger teilnehmen dürfen. Zusätzlich entscheiden die Einwohner in einem Volksentscheid über die Bebauung einer ehemaligen Pferderennbahn.

(afp/ks)



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