Der Kriminalität auf der Spur: BKA stellt Dunkelfeldstudie für Deutschland vor

Polizeistatistiken erfassen nur die erkannte Kriminalität eines Landes. Das unerkannt Geschehene bleibt jedoch im Dunkeln. Das BKA wollte Klarheit.
Dunkelfeld-Studie zur Krininalität in Deutschland
BKA-Präsident Holger Münch stellte die Dunkelfeldstudie gemeinsam mit Innenministerin Nancy Faeser in der Bundespressekonferenz vor.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von und 10. November 2022

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Am 8. November stellte Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes, auf der Bundespressekonferenz in Berlin die bisher größte Dunkelfeldstudie zur „Sicherheit und Kriminalität in Deutschland“ (SKiD) vor. Die Studie entstand in Zusammenarbeit zwischen den Kriminalämtern von Bund und Ländern und beruht auf Umfragen des Bundeskriminalamtes (BKA).

Im Vergleich zum ebenfalls vom BKA erfassten und statistisch ausgewerteten Hellfeld der Kriminalität – also die in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfassten Fälle, handelt es sich beim Dunkelfeld um den unerforschten Bereich der Kriminalität – also um nicht polizeilich aufgenommene Fälle – die Dunkelziffer. 

Verdrängten Straftaten auf der Spur

Um die Größenordnung der tatsächlichen Straftaten besser einschätzen zu können, müssen die erkannten Fälle (PKS) und die aus den Umfragen abgeleiteten Fälle (SKiD) auf die Gesamtbevölkerung hochgerechneten Dunkelziffern zusammengezählt werden. Die Bundessicherheitsbehörden wollten von den über 46.000 Befragten wissen: „Wie sicher fühlen sich die Menschen in Deutschland?“ Sie wollten auch wissen, wie oft die Befragten innerhalb der vorangegangenen zwölf Monate Opfer von Straftaten geworden sind.

Im Ergebnis erhofften sich die Kriminalbeamten einen Überblick über die Größe des Dunkelfeldes in den verschiedenen Bereichen der Kriminalität. Man wollte auch mehr über die Bereitschaft der Bevölkerung erfahren, verschiedenartigste Straftaten anzuzeigen.

Die Ergebnisse geben Aufschluss über Trends der Kriminalitätsentwicklung. Sie sind eine Ergänzung zur Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) und ein wichtiges Mittel, um die Ausmaße und Folgen von Kriminalität abzuschätzen.“ (Bundeskriminalamt)

Erfahrungsgemäß gibt es Bereiche der Kriminalität, die von den Opfern lieber verschwiegen als aufgedeckt werden. In einigen Fällen gehen die Opfer davon aus, dass die Kriminellen ohnehin nicht gefasst werden und in einigen Fällen hat man Angst vor Rache. Oft ist es auch die Scham, Opfer einer Straftat geworden zu sein, die Menschen davon abhält, zur Polizei zu gehen – etwa bei Diebstählen, Internetbetrug, Körperverletzung oder sogar Vergewaltigungen.

Jeder 6. Opfer von Cyberdelikten

Während Mord und Totschlag nur sehr selten unbemerkt bleiben, finden Wirtschaftsdelikte eher im Verborgenen statt. Viele Opfer verschweigen die Vorfälle. „Ein zentrales Ergebnis der aktuellen Studie ist, dass insbesondere im Deliktbereich Cybercrime viele Menschen Opfer von Straftaten werden“, erklärte das Bundeskriminalamt in einer Pressemitteilung.

Die Quote der Opferzahlen bei Personen über 16 Jahren war demzufolge auch recht hoch: etwa 14 Prozent der Bevölkerung waren in den zwölf Monaten vor der Befragung Opfer eines Cybercrimedeliktes geworden. Dazu zählen unter anderem Online-Betrug mit Waren- oder Dienstleistungen oder Datenmissbrauch im Internet.

Schweigen, Ängste und Bewaffnung

Den der Epoch Times vorliegenden SKiD-Unterlagen zufolge wurden im Bereich Cybercrime nur 18 Prozent Fälle zur Anzeige gebracht. Noch schlimmer stand es um das Anzeigeverhalten bei Sexualstraftaten – hier wurde sogar nur ein Prozent angezeigt.

Auch die Angst der Menschen, Opfer solcher Betrügereien zu werden, war recht hoch. 42 Prozent der Befragten zeigten sich beunruhigt und jeder dritte Befragte (34 Prozent) hielt es für wahrscheinlich, in den nächsten zwölf Monaten Opfer einer solchen Straftat werden zu können.

Ängste spielen eine große Rolle bei einer Änderung des Verhaltens, um Straftaten zu vermeiden. So meide dem Bericht zufolge ein Großteil der Bevölkerung nachts bestimmte Orte (44 Prozent) oder die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel (37 Prozent). Frauen seien mit 58 beziehungsweise 52 Prozent besonders betroffen. 77 Prozent der Bevölkerung hält die Polizei für überlastet und 39 Prozent wünschen sich mehr Polizeipräsenz im öffentlichen Raum.

Um sich zu schützen, trägt ein minimaler Teil der Bevölkerung ab 16 Jahren „häufig oder sehr oft“ ein Messer bei sich (1,5 Prozent) oder Reizgas (3,8 Prozent). Die Polizei verweist darauf, dass dies in absoluten Zahlen ausgedrückt einen „erheblichen Bewaffnungsgrad“ bedeute.

„Digitalisierung der Kriminalität“

Welche Rückschlüsse zogen die Sicherheitsbeamten aus dem Vergleich der hochgerechneten Dunkelziffern und den tatsächlich registrierten Straftaten (PKS) im gleichen Zeitraum?

Der Behördenmitteilung nach lasse sich daraus zum einen ableiten, dass eine „Digitalisierung der Kriminalität“ zu beobachten sei. Dies stelle auch eine „Verlagerung des Kriminalitätsaufkommens ins kriminalstatistische Dunkelfeld“ dar. Die Kriminalität im digitalen Raum, die seltener zur Anzeige komme, nehme weiter zu. Für die Polizei sind sie daher nicht erfassbar.

Auch zukünftig will das Bundeskriminalamt regelmäßig große Dunkelfeldstudien in Zusammenarbeit mit den Bundesländern durchführen. Ziel sei es, Anhaltspunkte für die Kriminalitätsbekämpfung, Prävention und Opferhilfe zu bekommen.

Die Erhebung der Daten fand zwischen dem 19. Oktober 2020 und dem 29. Januar 2021 statt. Dazu wurden aus zufällig ausgewählten Gemeinden wiederum zufällig 122.700 Personen aus den Einwohnermelderegistern gezogen und kontaktiert. Letztlich teilgenommen haben 46.813 Personen oder 38,2 Prozent. Auswertbar waren den Angaben nach 45.351 Fragebögen. Das Bundeskriminalamt schlussfolgert: „Die Ergebnisse sind repräsentativ für die in Deutschland in Privathaushalten lebende Wohnbevölkerung ab 16 Jahren.“



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