Demos in Berlin: Polizei will am 1. Mai notfalls Wasserwerfer gegen „Querdenker“ einsetzen
Die Berliner Polizei bereitet sich angesichts zahlreicher Demonstrationen zum Tag der Arbeit am 1. Mai auf einen Großeinsatz vor. Derzeit gibt es 22 angemeldete Veranstaltungen. Unterstützung der Bundespolizei und Einsatzkräfte aus anderen Bundesländern sind angefordert. Aufgrund der Veranstaltungslage in den verschiedenen Bundesländern ist aber unklar, wie viele Beamte in die Hauptstadt kommen können.
Insgesamt stünden bislang 36 Polizei-Hundertschaften bereit, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik der „Berliner Morgenpost“. Das wären zwischen 3.000 und 4.000 Polizisten, weil die Hundertschaften nicht alle zwingend aus 100 Polizisten bestehen. Wegen zahlreicher weiterer Demonstrationen, etwa von Linksradikalen in Hamburg und Leipzig sowie „Querdenkern“ in München und Oldenburg sei es dieses Jahr etwas schwieriger, Unterstützung zu bekommen.
Angemeldet ist in Berlin unter anderem die traditionelle sogenannte revolutionäre Demonstration zum 1. Mai in den Stadtteilen Kreuzberg und Neukölln mit zehntausend Teilnehmern aus dem Spektrum linker und linksradikaler Gruppen. Wegen des Themas Mietendeckel sei mit einer „starken Mobilisierung auch von bürgerlichem Klientel“ zu rechnen, sagte Slowik.
Bei so vielen Menschen werde es „schwierig, die Hygienevorschriften einzuhalten“, gab Slowik zu. Die Polizei werde aber versuchen, die Räume so groß zu halten, dass die Abstände eingehalten werden. Demonstranten aus dem linken Spektrum würden die Hygieneregeln meist einhalten.
„Bei der in Lichtenberg angemeldeten Versammlung von Querdenkern könnte das anders sein. Wenn Teilnehmer sich dort entschließen, auch in großen Gruppen keine Masken zu tragen, als Ausdruck des sogenannten ‚Widerstands‘, dann lösen wir schnell und konsequent auf“, kündigte Slowik an. „Im schlimmsten aller Fälle“ könnten sogar Wasserwerfer eingesetzt werden,“damit die Menschen sich schnellstmöglich verteilen“.
Sympathie im linken Lager für gewalttätige Gruppen abgenommen
Berlins SPD-Innensenator Andreas Geisel äußerte sich in einem Interview mit dem „Tagesspiegel“ dazu, inwiefern mit Gewalt und Extremismus in Berlin zu rechnen ist. Er erklärt, dass die autonome Szene um die Rigaer Straße abgenommen habe. „Spätestens seit den Demonstrationen zum G20-Gipfel in Hamburg und den dortigen Gewalttaten hat die Sympathie im linken Lager für gewalttätige Gruppen deutlich abgenommen“, so Geisel.
Das Interesse liege jetzt auf Themen wie Klimaschutz, Wohnen und Migration, da man versuche, wieder Anschluss zu bekommen. „Insgesamt ist die gewalttätige Gruppe in der linken Szene eindeutig kleiner als das gewaltfreie Spektrum.“
Zur angemeldeten Demonstration ruft laut „Tagesspiegel“ auch die sogenannte Migrantifa auf, die an der Demospitze einen internationalistischen Block bilden will. Teil dieses Bündnisses ist unter anderem auch eine palästinensische Gruppe, die das Existenzrecht Israels infrage stellt. Wie will die Polizei auf möglicherweise israelfeindliche Parolen reagieren? – fragt der „Tagesspiegel“.
Geisel: „Da gibt es ganz klare Grenzen, die auch bei solchen Demonstrationen gelten. Wenn die Parolen von der grundgesetzlich geschützten Meinungsfreiheit gedeckt sind, müssen wir damit umgehen, dass bei Demonstrationen auch Meinungen vorgetragen werden, die wir nicht teilen. Wenn die Aussagen gegen das Grundgesetz verstoßen oder volksverhetzend sind, greift die Polizei natürlich ein.“
Weiter vom Blatt gefragt, ob die Polizei bei linken Demos strenger vorgehe als bei den Versammlungen der „Coronaleugner“, antwortete der Berliner Senator: „Wenn linke Objekte wie die Kreuzberger Kneipe „Meuterei“ geräumt werden, kennt die Polizei den Termin relativ früh. Sie kann sich entsprechend vorbereiten und Unterstützung aus anderen Bundesländern heranholen. Wenn die Polizei mit weniger Beamten vor Ort wäre, sähen Linksextremisten die Chance, mit Gewalt gegen die Räumung vorzugehen. Das wird mit einem großen Einsatz der Polizei von vorneherein unterbunden. Bei den Demonstrationen von Coronaleugnern ist oftmals weniger klar, wann was kommt und wie viele Teilnehmer zu erwarten sind. Wir haben erlebt, dass über die sozialen Medien kurzfristig viele Menschen mobilisiert wurden. Es passiert aber auch, dass sich weit weniger Querdenker versammeln, als zu erwarten war. Für den 17. April war eine Demonstration mit 8.000 Teilnehmern angekündigt, wir hatten 1.200 Polizisten im Einsatz – doch gekommen sind nur 300 Coronaleugner.“
Ausgangsbeschränkungen
Für eine Fahrradsternfahrt durch die Hauptstadt mit einem Abstecher ins Villenviertel Grunewald seien rund 2.500 Teilnehmer angemeldet, die sich nach der Fahrt voraussichtlich der revolutionären Mai-Demonstration anschließen, erklärte am Freitag eine Polizeisprecherin. Für den coronakritischen Aufzug seien nach Angaben des Veranstalters rund tausend Menschen angemeldet. Etwa 500 Kulturschaffende planten, am Nachmittag für ihre Interessen auf die Straße zu gehen.
Eine Besonderheit stellen in diesem Jahr die in der Bundesnotbremse festgelegten Ausgangsbeschränkungen dar: Wer sich an einer Demonstration beteiligt, darf auch während der nächtlichen Ausgangssperre auf der Straße unterwegs sein. Danach müsse sich jeder „unmittelbar“ nach Hause begeben – und nicht „drei Stunden später mit einem Bier in der Hand“, sagte die Polizeisprecherin.
Auch in anderen Städten sind für den Tag der Arbeit traditionell Aufzüge und Veranstaltungen angemeldet. Im sächsischen Zwickau verhängte die Polizei indes Demonstrationsverbote aus Sorge vor einem „nicht beherrschbaren Corona-Infektionsgeschehen“ angesichts einer Vielzahl von angemeldeten Demonstrationen. (nmc)
(Mit Material von afp)
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