Demonstranten vor Bundesverfassungsgericht fordern „Wahrheit und Transparenz“
„Harbarth weg, Harbarth weg“ heißt es lautstark im Chor aus der Versammlungsmenge heraus vor dem sonst beschaulichen Sitz des Bundesverfassungsgerichts am Karlsruher Schlosspark. Bei strahlend blauem Himmel und frühlingshaften Temperaturen versammelten sich am 11. März rund 1.000 Menschen. Neben ihrem Protest gegen eine drohende allgemeine Impfpflicht fordern die Organisatoren der Kundgebung, die „Anwälte für Aufklärung e. V.“, den Rücktritt des amtierenden Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth.
Diese Ansicht vertritt auch Prof. Martin Schwab, einer der zehn Redner an diesem Nachmittag. Schwab kritisiert Harbarth, dass er eine mittlerweile wieder zurückgenommene 2G++-Anordnung in Ausübung seines Hausrechts für das Bundesverfassungsgericht unterzeichnete.
„Das heißt, alle, die das Gericht betreten wollten, ob Richter, Anwälte und alle sonstigen Verfahrensbeteiligten an Verfahren vor dem höchsten deutschen Gericht, mussten geimpft oder genesen sein und einen aktuellen negativen PCR-Test vorweisen. Also rechtliches Gehör nur unter Impfvorbehalt“, resümiert der Dozent der Bielefelder Universität. „Die Signalwirkung dieser 2G++ Entscheidung ist fatal!“
Die damit verbundene Botschaft laute: „Ungeimpfte gehören gar nicht mehr dazu! Dies darf in einer freiheitlichen Demokratie nicht passieren“, prangert der Rechtsgelehrte an und bekommt kräftigen Applaus.
„Ich hätte nie geglaubt, dass du dich für so etwas hergibst“
Schwab, mit schwarzer Hose und schwarzem T-Shirt gekleidet, wirkt am Mikrofon unruhig. Mit konfrontativen, persönlich adressierten Äußerungen an den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts und durchweg Harbarth duzend, bringt er Punkt für Punkt seiner Kritik vor. Dabei nutzt er immer wieder einen Laptop, der vor ihm steht. Er und Harbarth studierten zeitgleich an der juristischen Fakultät in Heidelberg. Sie kennen sich persönlich, promovierten im selben Jahr und hatten denselben Doktorvater.
Auf der Kundgebung führt Schwab weiter aus: „Als du, Stephan, vor wenigen Jahren an das Bundesverfassungsgericht berufen wurdest, wurde bereits Kritik laut, weil einige daran zweifelten, ob du wirklich in der Lage sein würdest, den Übergang vom rechtlichen Berater großer Unternehmen zum Hüter unserer Verfassung zu schaffen.“ Er hätte damals nicht in diese Kritik eingestimmt, erklärt Schwab.
„Heute sehe ich das leider anders. Heute scheint es mir, als hättest du weder den Sprung vom Fürsprecher großer Konzerne zum Volksvertreter noch den Sprung vom Tagespolitiker zum Verfassungshüter geschafft. Unter deiner Leitung schützt das Bundesverfassungsgericht nicht etwa unsere Grundrechte vor einer übergriffigen Regierung, sondern umgekehrt eine übergriffige Regierung vor den Grundrechten. Ich hätte nie geglaubt, dass du, Stefan, dich für so etwas hergibst.“
„Wir wünschen uns Wahrheit und Transparenz“
Und wieder Applaus von den Versammlungsteilnehmern, darunter Studenten, Juristen und Rechtsanwälte, aber auch Personal aus dem Gesundheits- und Pflegebereich.
Eine von ihnen ist Christine, eine Kinderkrankenschwester aus Karlsruhe. Sie berichtet, dass sie mit 25 Jahren Berufserfahrung jetzt schon einiges erlebt habe. „Und ich habe recht früh gemerkt, dass das alles, was uns von der Politik erzählt wurde, bei uns in der Klinik sich nicht in den Zahlen widerspiegelt.“ Die Zahlen, die da präsentiert würden, die Inzidenzzahlen, wären reine Test-Zahlen. „Sie entsprechen nicht dem, was wir auf den Intensivstationen beobachten können.“
Sie lehnt daher jegliche Corona-Impfpflicht, jeden Zwang ab – egal ob es dabei um eine betriebsbezogene oder eine allgemeine Impfpflicht geht. Deshalb ist sie heute hier.
Auf die Frage, was sie vom Bundesverfassungsgericht einfordere, berichtet sie: „Wir wünschen uns natürlich Wahrheit und Transparenz, also dass die Daten, die wir über die zwei Jahre als Fachpersonal zusammengetragen haben, anerkannt werden. Hier sind Leute aus verschiedenen Kliniken, die ihr Wissen zusammengetragen haben und wir möchten, dass diese Wahrheit ans Licht kommt. Also, dass das Corona-Impfen weder vor Übertragung noch vor der Krankheit an sich schützt. Und damit erübrigt sich jede Impfpflicht.“
„Pflege mit Herz, aber ohne Impfpflicht“
Einige Versammlungsteilnehmer halten Plakate hoch. Auf einem steht: „Pflege mit Herz, aber ohne Impfpflicht“. Auf einem anderen Plakat steht „Schützt die Grundrechte!“ 700 Teilnehmer waren für die Versammlung ursprünglich angemeldet. Während es zu Beginn der Versammlung, gegen 15 Uhr, noch Platzkapazitäten gab, wirkte nach 15:30 Uhr der mit Warnband eingegrenzte Kundgebungsbereich beengt. Neben den Redebeiträgen gab es ein musikalisches Programm.
Die Polizei wandte sich mehrmals an den Anmelder, Rechtsanwalt Dirk Sattelmaier und 1. Vorsitzender der „Anwälte für Aufklärung e. V.“, da sie die Maskenpflicht bei Unterschreitung eines Abstandes von 1,50 Metern nur teilweise eingehalten sah. Sattelmaier hatte vor Gericht erfolglos einen Eilantrag gegen diese Auflage gestellt. Manche Teilnehmer trugen Maske, andere nicht. Abgesehen von diesen polizeilichen Hinweisen hielten sich die 80 eingesetzten Polizisten im Hintergrund auf und positionierte sich größtenteils zwischen der Versammlungsmenge und dem Gerichtsgebäude.
Was war für den Anmelder der Kundgebung die Motivation, sich heute hier zu versammeln? „Normalerweise darf man davon ausgehen, dass das Bundesverfassungsgericht Hüter der Grundrechte ist. Das ist einfach nicht erfolgt. Im Gegenteil, es sind Entscheidungen getroffen worden, die alle in eine Richtung gehen, nämlich das Regierungshandeln letztendlich zu legalisieren.“
Abgeschiedene Beschaulichkeit kehrt wieder ein
Andere Redner bei der Protestveranstaltung waren die Fachanwältin für Medizinrecht Beate Bahner sowie die Rechtsanwälte Dr. Alexander Christ (Pressesprecher der „Anwälte für Aufklärung“), Christian Knoche und Tobias Pörsel. Sie sprachen unter anderem zu den Themen Widerstandsrecht, die Gewaltenteilung, die „Delegitimierung des Staates“ und berufsrechtliche Anschuldigungen gegen Ärzte bezüglich der Aufklärung über Corona-Impfstoffe und deren Nebenwirkungen.
Anwälte für Aufklärung e. V. hat es sich zur Aufgabe gemacht „ein demokratisches Staatswesen zu fördern“ sowie „für die Einhaltung von Recht, Gesetz und Menschenwürde einzutreten und der Beeinträchtigung von Bürgerrechten entgegenzutreten“.
Wie geplant endete die Versammlung 18 Uhr. Die angereisten Teilnehmer aus Städten wie Berlin, Stuttgart, München und Frankfurt machten sich auf den Heimweg. Und spätestens, nachdem die Polizei Warnband und Mannschaftswagen wieder entfernt hatte, da war sie wieder zu spüren: die abgeschiedene Beschaulichkeit am Sitz des höchsten deutschen Gerichtes.
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