Gastronomie: Justizministerium mahnt Polizei zu Sensibilität bei Zugriff auf Corona-Kontaktlisten an
Das Bundesjustizministerium hat die Polizei dazu aufgerufen, beim Zugriff auf Corona-Kontaktdaten in Restaurants den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Die Strafverfolgungsbehörden dürften nach den Regeln der Strafprozessordnung „auf die bei Gastwirten aufbewahrten Kontaktdaten der Gäste zugreifen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen“, sagte eine Sprecherin von Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagsausgaben). „Eine solche Maßnahme muss dabei stets in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der jeweiligen Tat stehen.“
Der Gaststättenverband Dehoga hatte zuvor Aufklärung darüber gefordert, eine Klarstellung der 16 Landesregierungen, ob und wie die Polizei die bei Restaurantbesuchen notwendigen Corona-Gästelisten auswertet und von der Polizei verwendet werden. Das Thema sei „hochgradig sensibel“, sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Donnerstagsausgabe). Deshalb müssten die Regierungen der 16 Bundesländer „dringend für Klarheit“ über die Verwendung der Daten durch die Polizei sorgen.
Restaurants registrieren derzeit auf Anordnung der Gesundheitsämter persönliche Daten ihre Gäste. Dies soll bei der Nachverfolgung potenzieller Infektionsketten dienen. Zuletzt waren jedoch Fälle in Hamburg, Hessen und Rheinland-Pfalz bekannt worden, bei denen auch die Polizei auf die Daten zugegriffen hatte.
In einem Schreiben an die rund 65.000 Dehoga-Mitglieder, aus dem die Zeitungen der Funke Mediengruppe am Mittwoch zitiert hatten, brachte der Verband seine Sorge um die Akzeptanz der Gästelisten zum Ausdruck. In jedem Fall solle „äußerst zurückhaltend von derartigen Zweckänderungen der Datenerhebung Gebrauch gemacht werden“, heißt es darin. „Andernfalls könnten Konfliktsituationen zwischen Gastwirten und Gästen zunehmen, wenn Gäste aufgrund gehäufter polizeilicher Abfragen Vorbehalte gegen die vorgeschriebene Gästedatenregistrierung haben.“
Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl hat indes zugesichert, dass Corona-Kontaktdaten in seinem Bundesland nicht zur Strafverfolgung verwendet werden. „Die Daten von Gaststättenbesucher werden nur zur Nachverfolgung von möglichen Infektionswegen genutzt“, sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagsausgaben). „Eine Verwendung, etwa von der Polizei um Straftaten zu verfolgen, ist unzulässig“, fügte Strobl hinzu.
Eine entsprechende Praxis hatte zuletzt in mehreren Bundesländern zu Irritationen in der Gastronomie geführt. Zuvor hatte schon die FDP verlangt, hohe Hürden für den Zugriff von Ermittlern einzuziehen. Ähnlich äußerte sich kürzlich der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Dieter Kugelmann. Bundesweit häufen sich nach seinen Worten Berichte, wonach Polizisten auf die Corona-Gästelisten zugreifen. (dts/afp/dpa)
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