Debatte um Schuldenbremse: Union und SPD nähern sich Grünen an

In der Debatte um die geplante Grundgesetzänderung zur Lockerung der Schuldenbremse haben sich Union und SPD auf die Grünen zubewegt. So gibt es Stimmen aus beiden Parteien, die sich bezüglich der vorgeschlagenen Kreditermächtigungen für Rüstungsausgaben offen für die Anwendung eines „erweiterten Verteidigungsbegriffes“ zeigen.
Diesen hatten die Grünen zuvor ins Spiel gebracht. Sie kündigten die Einbringung eines eigenen Antrages für eine Grundgesetzänderung zur Schuldenbremse an. Jenen von Union und SPD wollen sie nicht mittragen. Stattdessen hieß es Anfang der Woche, es solle eine „nachhaltige Reform“ der Schuldenregel durch das neue Parlament geben. Dort wären Union und SPD für eine Verfassungsänderung neben den Grünen jedoch auch auf Stimmen der Linkspartei oder der AfD angewiesen.
Grüne legen eigenes Konzept zur Schuldenbremse vor
Im Bereich der Verteidigung soll es dabei nicht nur um die Stärkung der Bundeswehr gehen. Stattdessen will man der angestrebten Ermächtigung einen „umfassenden, breiten und integrierten Sicherheitsbegriff“ zugrunde legen. Der Verteidigungsbegriff, der dem Vorschlag von Union und SPD zugrunde liege, sei demnach zu eng.
Die „Stärkung der Verteidigungssysteme“ umfasst diesen Ansatz zufolge auch den Ausbau der nachrichtendienstlichen Fähigkeiten, die Auslandshilfe im Krisenfall oder den Zivilschutz. Zudem seien auch die „Stärkung internationaler Organisationen zur Friedenssicherung“, der Schutz von Infrastruktur und informationstechnischen Systemen und die „Unterstützung für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten“ umfasst.
Die Grünen wollen Verteidigungsausgaben oberhalb von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von der Schuldenbremse ausnehmen. Das Konzept von Union und SPD will die Grenze bereits bei einem Prozent ziehen. Damit müsste man noch weniger Verteidigungsausgaben aus dem regulären Haushalt bestreiten.
Frei (CDU/CSU): „Wir liegen nicht meilenweit auseinander“
Auch die FDP hat ein eigenes Konzept präsentiert. Sie fordert eine Aufstockung des bestehenden Sondervermögens für die Bundeswehr um 200 Milliarden auf insgesamt 300 Milliarden Euro. Bis zum Zwei-Prozent-Ziel der NATO sollen alle Verteidigungsausgaben demnach aus dem regulären Haushalt bestritten werden. Erst für darüber liegende Ausgaben solle es das erweiterte Sondervermögen geben.
Am Dienstagmorgen äußerte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei, gegenüber dem „Deutschlandfunk“ mit Blick auf den Entwurf der Grünen:
„Wir liegen da nicht meilenweit auseinander.“
Bereits am Montag hatte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in einer Pressekonferenz angekündigt, noch am selben Abend Gespräche mit den Grünen zu suchen. Diese müssten in einem „konstruktiven Klima“ erfolgen, wovon er angesichts ihrer Vorschläge auch ausgehe. Über den Verlauf der Gespräche vom Montagabend sind bislang noch keine Details an die Öffentlichkeit gedrungen.
Stegner offen für „erweiterten Verteidigungsbegriff“ bezüglich der Schuldenbremse
Auch aus der SPD kommen positive Signale mit Blick auf den grünen Vorstoß zur Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben. Der Abgeordnete Ralf Stegner äußerte gegenüber dem „Handelsblatt“, der „erweiterte Verteidigungsbegriff“ scheine ihm „durchaus sinnvoll zu sein“.
Stegner lehnte jedoch die Forderung der Grünen ab, die geplante Grundgesetzänderung erst vom neuen Bundestag beschließen zu lassen. Dies Ansinnen sollte gemeinsam beschlossen werden, die „demokratische Mitte muss sich da verständigen können“.
Bis dato hatte bereits die bisher von der Bundesregierung praktizierte Erweiterung des Verteidigungsbegriffes keine ungeteilte Zustimmung gefunden. Vor allem aus der Union kam bisher der Vorwurf, das Kabinett würde mit „Rechentricks“ arbeiten, um sich selbst eine Erreichung des Zwei-Prozent-Ziels attestieren zu können. So warf der CDU-Politiker Ingo Gädechen der damaligen Ampel im Juni des Vorjahres vor, sich die „verteidigungspolitischen Defizite schönzurechnen“.
Zwei-Prozent-Ziel bislang „schöngerechnet“?
Unter anderem soll die damalige Regierung Zinszahlungen für Anschaffungen von Militärgerät aus einer Zeit vor dem Jahr 2014 in das Zwei-Prozent-Ziel eingerechnet haben. Ebenso Rentenzahlungen oder „Ertüchtigungsleistungen“ im Bereich der Entwicklungshilfe. Der Wiederaufbau in Krisengebieten war demnach ebenso in die zwei Prozent eingeflossen wie Versorgungsleistungen früherer NVA-Angehöriger und Ausgaben zur Krisenprävention.
Sogar die Mitgliedsbeiträge Deutschlands an die UN rechnete der Bund mit ein, berichtete damals die „Tagesschau“. Nur 72 der 86 erforderlichen Milliarden Euro zur Erreichung des Zwei-Prozent-Ziels seien aus dem regulären Verteidigungshaushalt (52 Milliarden Euro) und den Ausgaben aus dem Bundeswehr-Sondervermögen (etwa 20 Milliarden Euro) bestritten worden. Der Rest habe sich aus den Posten zusammengesetzt, deren aktueller verteidigungspolitischer Wert sich nicht sofort erschließe.
Die geplante Grundgesetzänderung zur Schuldenbremse mittragen will der inzwischen parteilose Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Der aus der FDP ausgetretene Politiker äußerte am Dienstagabend in der ARD-Sendung „Maischberger“, es sei „verfassungsrechtlich eindeutig zulässig“, das Paket noch im alten Bundestag zu verabschieden.
Wissing wirft Merz Wahlkampf wider besseres Wissen vor
Bis zur Konstituierung des neuen Bundestages habe dieser noch alle Rechte eines gewählten Parlaments, betonte Wissing. Die AfD und die Linksfraktion bezweifeln dies und wollen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die weitreichende haushaltspolitische Bindung des neugewählten Parlaments in letzter Minute vorgehen.
Wissing übte jedoch Kritik an Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz. Die Union habe um den Investitionsbedarf gewusst und dennoch im Wahlkampf die Schuldenbremse verteidigt. Merz habe „ein sehr abstraktes Versprechen abgegeben und muss jetzt, wie das oft der Fall ist, nach einer Wahl sich mit der Realität arrangieren“.
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