De Maizière: „Sind Sie bereit, Ihren Söhnen zu sagen: Jetzt geht ihr und verteidigt euer Land“
Am Dienstagabend, 7. Mai, ging es in der ARD-Sendung „Maischberger“ unter anderem um Angriffe auf Politiker und Landtagswahlen im Osten. Themen waren jedoch auch der Bundeshaushalt und Waffenlieferungen für die Ukraine. Unter den eingeladenen Gästen fand sich unter anderem auch der ehemalige Bundesinnen- und -verteidigungsminister Thomas de Maizière.
De Maizière wider die „westliche Selbstermächtigungsattitüde“
Der in Bonn geborene, aber in Dresden lebende de Maizière schilderte zu Beginn, welche Gründe aus seiner Sicht den Ausschlag dafür geben, dass die AfD in Ostdeutschland eine anhaltend hohe Zustimmung zu verzeichnen habe. Er brachte in diesem Zusammenhang eine tief sitzende „Veränderungsablehnung“ sowie einen „Belehrungsüberdruss“ ins Spiel. Demgegenüber habe sich seit 1990 „im Westen nur die Postleitzahl“ geändert.
Von der Globalisierung über Lieferketten, Künstliche Intelligenz, den Krieg und das Heizungsgesetz bis hin zur veganen Ernährung stünden nun größere Veränderungen denn je ins Haus:
„Und da sagen viele: Ich bin nicht mehr bereit, irgendeine Veränderung vorzunehmen. Jeder, der von Veränderung redet, ist unten durch.“
Außerdem, so de Maizière, gebe es eine „westliche Selbstermächtigungsattitüde, den Ostdeutschen zu erklären, was gut und richtig“ sei. Obwohl dies oft nur gut gemeint sei, rufe dies „massiven Überdruss“ und „übertriebene Ablehnung“ hervor.
AfD-Stimmen als Reaktion auf Dysfunktionalität des Staates
Selbstkritisch sprach der frühere Minister auch eine „mangelnde Funktionstüchtigkeit dieses Staates“ an. Diese äußere sich beispielsweise in Bereichen wie Digitalisierung, Bildung, Sicherheit oder Migration. Dies alles und ein westlicher Habitus des „Ihr seid noch nicht so weit“ rufe jene Form von Reaktanz hervor, die sich in Stimmen für die AfD ausdrücke.
De Maizière hatte jedoch noch eine andere Botschaft. In der Sendung wandte er sich direkt an die Zuschauer und forderte diese auf, sich selbst die Frage nach der eigenen Verteidigungsbereitschaft zu stellen. Dazu äußerte er:
„Sind Sie bereit, Ihren Söhnen zu sagen: Jetzt geht ihr und verteidigt euer Land. Macht ihr das? Sind wir bereit, auch nachts Tiefflugübungen auszuhalten? Sind wir bereit, dass Panzer über Felder fahren? Sind wir bereit, dass ohne lange Anmeldungen Truppenverlegungen auf Autobahnen stattfinden? Das ist Verteidigungsbereitschaft.“
De Maizière zweifelt an Wehrbereitschaft der Bevölkerung
Als Beispiel für die Bereitschaft, in den Krieg zu ziehen – und ziehen zu lassen – nannte er Kinder israelischer Bekannte. Diese hätten sich nach dem Massaker der terroristischen Hamas am 7. Oktober des Vorjahres freiwillig für den Militärdienst gemeldet. Dass Deutschland – anders als Israel – allerdings von niemandem angegriffen wurde, erwähnte er in diesem Kontext nicht. Dafür übernahmen dies Nutzer sozialer Medien.
Dass ihm die Antworten auf die Fragen, die er gestellt hatte, möglicherweise nicht gefallen könnten, könnte de Maizière vorausgeahnt haben. Immerhin schob er seinen Ausführungen nach, er sei „froh, wenn das voranginge“.
Es gehöre, so fügte er hinzu, „nicht nur an sich selbst zu denken“. Ein bisschen mehr Altruismus und Opferbereitschaft für die gemeinsamen Werte „täte unserem Land ganz gut“.
X-Nutzer wollen nicht für Ukraine Krieg führen
Auf X sahen das viele Nutzer etwas anders. Einige zweifelten daran, dass alle „Werte“, um die es dabei gehe, allen gemeinsam seien. Andere sahen sich mental nicht in ausreichender Weise eins mit der politischen Führung, um deren Mission notfalls mit der Waffe in der Hand zu unterstützen.
Tut mir leid, ich habe keine Zeit für eure schwachsinnigen Pläne die Welt zu zerstören. Ich bin nicht kriegstüchtig…https://t.co/ZiqNdDwKtb pic.twitter.com/0d2lE3LK6j
— dauerwelleDemoReport✌️🔥☀️🌋 (@ChipsImWidersta) May 7, 2024
Auch bezüglich der Verteidigung der Errungenschaften der „Revolution der Würde“ in der Ukraine scheint die Begeisterung zwischen Regierenden und Regierten nicht immer deckungsgleich zu sein.
Nein, wir sind nicht bereit in den Krieg zu ziehen und schon gar nicht für die Ukraine
— Nachteule 1952 (@DrWickrath) May 8, 2024
Gegenwind auch für Ex-Familienministerin Schröder
Aber auch im politischen Umfeld de Maizières selbst gab es Einwände bezüglich der Reichweite an Opferbereitschaft, die jedem Bürger zuzumuten sei. So gab sich seine frühere Ministerkollegin Kristina Schröder als Befürworterin einer Wiedereinführung der Wehrpflicht zu erkennen. Diese solle jedoch nicht für Frauen gelten – diese würden schon „Schwangerschaft leisten“.
In Deutschland ist die Geburtenrate von 2021 auf 2022 von 1,56 auf 1,48 gefallen. Im Vorjahr ging sie um weitere 6,2 Prozent zurück. Ohne Zuwanderung wäre sie noch niedriger.
Bin für Wiedereinführung #Wehrpflicht.Wundere mich aber,dass beim #CDUBPT es für viele ganz selbstverständlich ist:auch Frauen! Was ist mit körperlicher Unterlegenheit, Verletztlichkeit?Und Frauen leisten Schwangerschaft, warum
muss es auch noch Wehrpflicht sein? #geschlechtzählt— Kristina Schröder (@schroeder_k) May 7, 2024
Dagegen kam unter anderem der Einwand, dass das Gebären von Kindern keine Pflicht gegenüber dem Staat sei – und erst recht nicht erfolge, um diesen bei der bewaffneten Durchsetzung seiner Interessen zu unterstützen.
Schämen Sie sich!
„Frauen leisten Schwangerschaft“ nicht, um ihre Kinder auf den von den selbsternannten „Eliten“ errichteten Schlachtfeldern des industriellen Tötens zu verlieren.— Grundi (@Grundi_Freiheit) May 7, 2024
Der Arzt und BSW-Kandidat zum EU-Parlament, Dr. Friedrich Pürner, stellte die Sinnhaftigkeit einer Wiedereinführung der Wehrpflicht insgesamt infrage.
Ich bin gegen eine Wiedereinführung der #Wehrpflicht. Weshalb sollten junge Menschen ihr Leben für das Versagen von Politikern opfern?
Kein Krieg wird mehr an der Front im direkten Kampf entschieden. Dort werden Menschenleben nur sinnlos verheizt. Hier gibt es nichts zu gewinnen…— Dr. Friedrich Pürner, MPH (@DrPuerner) May 7, 2024
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