Dax-Aufsichtsräte verdienen so viel wie noch nie zuvor
Die Aufsichtsräte der größten Dax-notierten Unternehmen verdienen so viel wie noch nie zuvor. Das berichtet das „Handelsblatt“. Demnach kassierten die Chefkontrolleure im Jahre 2022 rund 117 Millionen Euro – Tendenz steigend. Der neue Spitzenverdiener unter ihnen heißt Norbert Reithofer. Der Aufsichtsratsvorsitzende von BMW bekam im vergangenen Jahr mit 610.000 Euro die höchste Vergütung. Damit ersetzt der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Autobauers Paul Achleitner, den früheren Chefkontrolleur der Deutschen Bank, an der Spitze der Topverdiener. Auf Rang zwei folgt Jim Hagemann Snabe (Siemens) mit 602.000 Euro.
An der Spitze nur wenig bis gar keine Steigerung
Den wenigsten Lohn kassierte unter den Aufsichtsratsvorsitzenden im deutschen Leitindex Wolfgang Büchele von Merck mit 112.000 Euro. Topverdienerin unter den 2022 drei amtierenden Chefaufseherinnen war mit 285.000 Euro Doreen Nowotne von Brenntag.
Die Spitzenverdiener Reithofer, Snabe und Nowotne legten bei ihren Vergütungen nur minimal oder gar nicht zu. Hingegen stiegen die Vergütungen für die Dax-40-Aufsichtsräte mit 17,4 Prozent insgesamt deutlich. In Summe kommen sie auf 117,3 Millionen Euro.
Das „Handelsblatt“ beruft sich bei seinen Angaben auf die ihm exklusiv vorliegenden Ergebnisse der „Aufsichtsratsvergütungsstudie 2023“. Erstellt hat sie die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Für die Erhebung seien alle relevanten Vergütungsberichte des Geschäftsjahrs 2022 ausgewertet worden.
Die Vereinigung untersucht seit mehr als 20 Jahren unter anderem, wie sich Vergütung, Transparenz und Arbeitsbelastung der Aufsichtsräte verändert haben. Mit im Blick hat sie dabei auch eine „Überdehnung“ mit zu vielen Posten oder zu langen Zeiten im Aufsichtsrat. Aufsichtsräte kontrollieren die operative Arbeit der Vorstände und berufen unter anderem Vorstandsmitglieder sowie Konzernchefs.
Harter Job mit hohen Haftungsrisiken
Als „richtig und wichtig“ bezeichnet DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler die gestiegene Vergütung der Aufsichtsräte. Gegenüber dem „Handelsblatt“ sagte er: „Die Zunahme ist eine Konsequenz der nach Finanzskandalen und Fällen wie der Pleite des Wirecard -Konzerns gestiegenen gesetzlichen Regulatorik und höheren Anforderungen an Aufsichtsräte durch Investoren.“ Ein Aufsichtsratsmandat sei heute kein Nebenjob mehr. Vielmehr sei er mit harter Arbeit und hohen Haftungsrisiken verbunden.
Tüngler ist selbst Aufsichtsratsvorsitzender. Für seine Tätigkeit bei der Freenet AG erhielt er im Geschäftsjahr 2022 rund 127.000 Euro. „Die neue Dynamik resultiert auch aus der höheren Taktung, mit der über die Aufsichtsratsvergütung diskutiert wird“, erläutert der Anwalt, der seit einigen Jahren auch Mitglied der Deutschen Corporate Governance Kommission ist.
Durch das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) stehe die Aufsichtsratsvergütung nun alle vier Jahre auf der Tagesordnung der Hauptversammlung. Früher sei laut Tüngler seltener und fast nie ohne Grund über die Vergütung der Kontrolleure gesprochen worden.
Deutsche Bank zahlt 6,8 Millionen Euro an 20 Aufsichtsräte
Der Studie zufolge zahlte erneut die Deutsche Bank die höchste Gesamtvergütung im Geschäftsjahr 2022 mit insgesamt rund 6,8 Millionen Euro an ihre 20 Aufsichtsräte. Auf den Rängen zwei und drei folgen Mercedes-Benz (rund 6,5 Millionen Euro) sowie BMW (rund 5,5 Millionen Euro).
Den stärksten Anstieg der Gesamtvergütung im Dax bei vergleichbarer Vorjahresbasis gab es mit 68,2 Prozent bei der Motoren- und Turbinen-Union (MTU). Dort ging es auf rund 1,8 Millionen Euro hoch. Die geringste Gesamtvergütung zahlte mit 967.900 Euro der Pharmakonzern Merck.
Im kleineren Mittelwertindex MDax fielen die durchschnittlichen Gehälter im vergangenen Jahr mit rund 212.000 Euro für den Aufsichtsratsvorsitz und rund 68.000 Euro für ein ordentliches Mitglied wesentlich geringer aus. Ein ähnliches Bild zeigt sich im Nebenwerteindex SDax: Dort verdient ein Aufsichtsratsvorsitzender etwa 134.000 Euro, ein ordentliches Mitglied kommt auf rund 50.000 Euro. Die Zuwachsraten bewegen sich derzeit noch im einstelligen Prozentpunktebereich.
Finanzieller Nachholbedarf in einigen Bereichen
Für die kommenden Jahre erwarten Experten einen weiteren Anstieg der Aufsichtsratsvergütungen. Besonders bei Aufsichtsratsmitgliedern ohne Leitungsfunktion, die seltener im Rampenlicht stehen, sowie Kontrolleuren in unteren Indizes wie MDax und SDax gebe es Nachholbedarf bei der Vergütung, erläutert Tüngler: „Es wird wohl zu einer Gehaltsanpassung nach oben kommen.“
Sebastian Pacher, Partner und Vergütungsexperte der Personalberatung Kienbaum, sieht eine ähnliche Entwicklung: „Wir erwarten keine sprunghafte, aber eine sehr kontinuierliche weitere Steigerung der Aufsichtsratsvergütung.“ Aus seiner Sicht sei das ein notwendiger Schritt, um die gestiegenen Anforderungen abzubilden.
Auch diene diese Entwicklung einer höheren Attraktivität der Aufsichtsratstätigkeit. Es sei nötig, so Pacher weiter, dem Kandidatenmarkt ein entsprechendes Signal zu geben: „Kleinere Unternehmen tun sich schon heute schwer damit, geeignete Kandidaten zu finden.“
Vorstände verdienten 2022 weniger
Mit ihrem Vergütungsplus haben die Kontrolleure zum ersten Mal seit Jahren den Zuwachs der Managergehälter übertroffen. Die Vorstandsgehälter der Dax-40-Konzerne lagen 2022 durchschnittlich bei 3,3 Millionen Euro. Das waren 8,4 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Das ging aus einer kürzlich veröffentlichten Studie der Technischen Universität München (TUM) und der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hervor.
2021 hatten die Manager noch ein Einkommensplus von 24 Prozent verzeichnet. Als Gründe für den Rückgang nennt die Studie die globalen Krisen und ihre Auswirkungen auf die Unternehmensbilanzen im Geschäftsjahr 2022.
Forderungen, dass die Gehälter der Kontrolleure auch wieder an die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Konzerne geknüpft werden – wie früher üblich mit dem Aktienkurs verknüpft –, sieht Tüngler eher zurückhaltend: „Das Fixgehalt mit funktionsbezogenen Zulagen für Ausschussarbeit und Sitzungsgeld ist richtig.“ Ein Aufsichtsrat müsse vollkommen unabhängig agieren können, das sei das höchste Gut. Das sei jedoch kein Hindernis, mit der Aufsichtsratsvergütung auch Aktien zu kaufen.
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