„Das war ein Fehler, für den ich auch persönlich verantwortlich bin“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat sich zu seiner persönlichen Mitverantwortung für das Hin und Her bei der Neuregelung der Corona-Isolation bekannt. „Das war ein Fehler, für den ich auch persönlich verantwortlich bin“, sagte Lauterbach am Mittwoch in Berlin.
Von dem zunächst geplanten Verzicht auf die Isolation von Corona-Infizierten sei „das falsche Signal“ ausgegangen – nämlich, dass eine Isolation Infizierter nicht mehr nötig sei. „Das wäre völlig falsch und würde die Pandemie verharmlosen“, sagte Lauterbach.
Gesundheitsämter sollten entlastet werden
Der „Grundgedanke“ des ursprünglichen Beschlusses sei gewesen, die Gesundheitsämter durch den Verzicht auf Isolations- und Quarantäne-Anordnungen zu entlasten, sagte der SPD-Politiker. Diese Entlastung solle nun dadurch umgesetzt werden, dass lediglich auf Quarantäne-Anordnungen verzichtet wird.
Das heißt, dass Kontaktpersonen von Infizierten jetzt nicht mehr behördlich in Quarantäne geschickt werden würden. Infizierte sollen aber weiterhin eine Anordnung des Amts zur Selbstisolation bekommen.
Lauterbach hatte am Montag angekündigt, dass die verpflichtende Isolation zum 1. Mai entfallen solle. Dies war mit den Gesundheitsministern der Länder abgestimmt. Die Entscheidung stieß bei Wissenschaftlern, Patientenschützern und Oppositionspolitikern auf Kritik und Unverständnis. In der Nacht zu Mittwoch rückte Lauterbach von dem Beschluss ab.
FDP kritisiert Lauterbach wegen Hin und Her: „Nicht förderlich“
Unter den Kritikern der Kehrtwende Lauterbachs war beispielsweise FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ sagte Djir-Sarai: „Wir befinden uns mittlerweile in einer neuen Phase der Pandemie und setzen daher zu Recht endlich wieder auf Eigenverantwortung… Das spiegelt sich durch den Wegfall tiefgreifender Freiheitseinschränkungen wider und sollte auch bei der Frage der häuslichen Isolation bei einer Infektion handlungsweisend sein.“
Djir-Sarai sagte weiter: „Die gestrige Ankündigung des Bundesgesundheitsministers, die Anordnung der Quarantäne bei Corona-Infizierten nun doch aufrechtzuerhalten, kam durchaus überraschend.“ Er betonte: „Die Eindämmung der Pandemie kann nur erfolgreich sein, wenn die Menschen die Entscheidungen der Politik nachvollziehen und sich auf sie verlassen können.“
Außerdem stellte Djir-Sarai fest: „Da sind, unabhängig von fachlichen Bewertungen einzelner Maßnahmen, Kehrtwenden natürlich nicht förderlich.“
Scharfe Kritik äußerte auch Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP). Er sprach am Mittwoch von einem „chaotischen wie unprofessionellen Hin und Her“, welches die Glaubwürdigkeit von und das Vertrauen in Politik massiv beschädige.
„Wenn die Gesundheitsminister aller Länder einen inhaltlichen Vorschlag des Bundesgesundheitsministers und des RKI, der zudem von den Fachebenen aller 16 Bundesländer seit Anfang des Jahres erarbeitet wurde, am Montag einstimmig annehmen, und dieser Vorschlag durch den Bundesgesundheitsminister selbst 24 Stunden später in einem seiner zahlreichen Talkshowauftritte wieder zurückgenommen wird – dann wirft das die Frage der Durchsetzungs- und Kommunikationsfähigkeit des Ministers auf“, so Garg.
Die wichtigste Frage sei aber, welche fachlichen Gründe auf einmal gegen den gemeinsamen Vorschlag sprechen. „Herr Lauterbach muss viel erklären – und das nicht erst zur nächsten GMK kommenden Montag“, so der FDP-Politiker.
Eine „Kommunikative Fehlleistung“
Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) warf dem Minister eine „kommunikative Fehlleistung“ vor. Die Entscheidung sei gemeinsam von Bund und Ländern in der Gesundheitsminister-Konferenz getroffen worden, sagte Bovenschulte der „Welt“.
Dies könne man nicht kurz darauf in einer Talkshow korrigieren. Das Vertrauen der Bevölkerung werde so beschädigt. Die Wankelmütigkeit des Bundesgesundheitsministers sei „irritierend“, so der Bürgermeister. „So etwas darf nicht passieren. Wenn Herr Lauterbach gemeinsame Entscheidungen neu diskutieren will, sollte er das auf einer Gesundheitsminister-Konferenz tun.“
Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) übte scharfe Kritik. Ob dieses Vorgehen zur Akzeptanz von Maßnahmen bei den Bürgern beitrage, müsse die Politik beurteilen, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KBV, Stephan Hofmeister, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.
Auf jeden Fall sollten Maßnahmen „klar, verständlich und transparent“ sein – „und nicht tagtäglich durch Ankündigungen wechseln“. Der Fakt sei: „Wir müssen als Gesellschaft lernen, mit Corona zu leben, denn das Virus wird nicht wieder einfach verschwinden.“
Der erste Vorsitzende der KBV, Kassenärzte-Chef Andreas Gassen, zeigte sich irritiert von Lauterbachs Ankündigung im ZDF. „Mit Überraschung haben wir die Kehrtwende des Bundesgesundheitsministers zur Kenntnis genommen“, sagte Gassen dem RND.(afp/dts/mf/dl)
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